Direktkandidatin Heike Gebhard (SPD) zum BGE

Das Bedingungslose Grundeinkommen ist in NRW zum ersten mal direkt wählbar. Da ich meine Zweitstimme dem Bündnis Grundeinkommen geben werde, interessiert mich sehr, wie unsere Direktkandidaten für den Landtag mit diesem Bündnis kooperieren könnten. Parteiübergreifend erhalte ich nun Antworten von verschiedenster Qualität, was ich persönlich sehr begrüße!

Ich freue mich sehr über die Antwort von Heike Gebhard (SPD). Vielen lieben Dank dafür. Im Anschluss ihrer Antwort werde ich darauf Bezug nehmen.

Hier kommen die Antworten:

1. Wie stehen Sie grundsätzlich zum Bedingungslosen Grundeinkommen?
2. Hätte das Bündnis Grundeinkommen in Ihnen einen Partner, die erforderlichen Modalitäten erarbeiten zu können?

Auf den ersten Blick klingt die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen verlockend. Würden doch die ganzen Antragsverfahren für eine Unterstützung entfallen. Dass ABER ausgerechnet von Interessenvertretern der Wirtschaft Zustimmung kommt, sollte einen stutzig machen. Dahinter steckt, dass mit einem solchen Grundeinkommen alle weitergehenden Ansprüche nach Unterstützung hinfällig werden. Ich ahne schon jetzt wie die Ideologen der Politik „Jeder ist seines Glückes Schmied“ dann alle sozialen Projekte mit hauptamtlichen Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen z. B. in Quartieren in Frage gestellt werden.

Mir sind darüber hinaus zahlreiche Personen bekannt, die einen höheren Unterstützungsbedarf haben, als dass von Ihnen angedachte Grundeinkommen.
D.h. bevor man solch einen grundsätzlichen Systemwechsel einleitet, müsste man sehr genau festlegen, welche Sozialgesetze dadurch aufgehoben werden sollten und wie man verhindert, dass dann weitere Unterstützungssysteme nicht mit ins Rutschen geraten.

3. Welche Lösungsansätze haben Sie, um das Thema „Arbeit im 21. Jahrhundert“ so zu gestalten, dass auch die Armut eingedämmt, bestenfalls besiegt werden kann?

Notwendig ist ein verändertes Steuersystem, dass den Veränderungen von Arbeit insbesondere in Verbindung mit der Digitalisierung Rechnung trägt.

5. Was bedeutet für Sie Arbeit?

Arbeit ist m.E. mehr als nur das Mittel seine materielle Lebensgrundlage sicherzustellen. Sie ist für viele Menschen ein Wert an sich. Dies ist in vielen Studien, die die Konsequenzen von Arbeitslosigkeit untersuchen, nachgewiesen.

Darüber hinaus gehört für mich die viele nicht vergütete soziale, ehrenamtliche Arbeit in unserer Gesellschaft dazu.“

Mein Bezug:

Ich bin sehr dankbar dafür, durch meine Umfrage auf einige Punkte auch reagieren zu können. Denn die Kritikpunkte und Befürchtungen bei einem BGE sind stets die gleichen. Was wir jedoch aus dem Blick verlieren, sind die menschlichen Bedürfnisse und die Würde.

Zitat H. G: „ (…) Dass ABER ausgerechnet von Interessenvertretern der Wirtschaft Zustimmung kommt, sollte einen stutzig machen.“

Das BGE findet schon seit über 500 Jahren Befürworter aus allen Lebensbereichen. Dass nun auch aus der Wirtschaft endlich Unterstützung zu diesem Thema erfolgt, ist mehr als begrüßenswert. Denn, wie ich bereits zur Antwort von Herrn Kurth schrieb, wird die Erwerbsarbeit in absehbarer Zeit kein Lebensmodell mehr für den Menschen sein. Zumindest nicht für ALLE. Während die Technologie die menschliche Arbeitskraft immer mehr ablöst, kann Mensch sich wieder viel mehr um andere Belange kümmern.

Gerade was das soziale Miteinander anbelangt, haben wir aufholbedarf. Viele Unternehmer, die das BGE unterstützen sehen den sozialen Frieden in Gefahr und das ist nachvollziehbar. Unternehmen möchten Kosten minimieren und Gewinne maximieren. Aber sie sehen auch, dass es eine Vollbeschäftigung nicht mehr geben kann.

Wie also können die Menschen ihre Grundbedürfnisse decken, wenn alleine schon bei Hartz IV die Stromkosten im Regelsatz zu niedrig angesetzt sind und die Kosten der Unterkunft oftmals nicht ausreichen, um die Nebenkosten zu decken? Sind die Grundbedürfnisse nicht gedeckt, ist zu erwarten, dass es unruhig werden kann. Ansätze sind bereits im Rechtsruck dieses Landes festzustellen.

H. G.: „Mir sind darüber hinaus zahlreiche Personen bekannt, die einen höheren Unterstützungsbedarf haben, als das von Ihnen angedachte Grundeinkommen.“

Ich weiß jetzt nicht, von welchem Betrag Frau Gebhard ausgeht. Aber hierzu gibt es unterschiedliche Zahlen. Wichtig ist, dass es ein BGE gibt, welches die Grundbedürfnisse der Menschen deckt. Dazu gehören Beispielsweise Mieten, Nebenkosten, Strom, Wärme, Nahrungsmittel, kulturelle Teilhabe, etc. Wie hoch also das BGE sein soll, wird sich bei Umsetzung errechnen lassen, so dass die Existenz gesichert ist. Und jedes Modell liegt höher, als Hartz-IV.

H. G.: „D.h. bevor man solch einen grundsätzlichen Systemwechsel einleitet, müsste man sehr genau festlegen, welche Sozialgesetze dadurch aufgehoben werden sollten und wie man verhindert, dass dann weitere Unterstützungssysteme nicht mit ins Rutschen geraten.“

Das sehe ich ebenso. Deshalb ist es auch wichtig, miteinander parteiübergreifend zu reden. Wie werden wir mit der Rente umgehen? Die Rente, so wie sie als Generationsvertrag bestand, funktioniert leider nicht mehr. Dazu werde ich noch einen gesonderten Text schreiben. Aber die Erwerbsarbeit inkl. der Einzahlung in eine gesetzliche Rente wird ja nicht abgeschafft. Diese kann man sich zusätzlich zum Grundeinkommen erarbeiten. Wie werden die Krankenkassen umstrukturiert? Auch diese Frage müssen wir uns stellen. Ja! Und ich bin für Diskussionen dieser Art immer offen.

H. G.: „Notwendig ist ein verändertes Steuersystem, dass den Veränderungen von Arbeit insbesondere in Verbindung mit der Digitalisierung Rechnung trägt.“

Richtig! Auch hier müssen parteiübergreifend endlich Lösungen gefunden werden: Einführung der Vermögensteuer, Anheben des Spitzensteuersatzes, Schließen von Steuerschlupflöchern, Einführung der Maschinensteuer, etc.

H. G.: „Darüber hinaus gehört für mich die viele nicht vergütete soziale, ehrenamtliche Arbeit in unserer Gesellschaft dazu.“

In Deutschland sind etwa 44% der Menschen ehrenamtlich tätig.

„Zunehmend mehr Menschen engagieren sich freiwillig. Im Jahr 2014 sind 43,6 Prozent der Wohnbevölkerung ab 14 Jahren freiwillig engagiert – das entspricht 30,9 Millionen Menschen.“, weiß das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend zu berichten.

Eine Gesellschaft lebt von dem Engagement der Menschen, die in ihr leben. Wie wunderbar wäre das Miteinander, würden niemand mehr für seine Existenz kämpfen müssen und könnte sich frei in die Gesellschaft einbringen. Mit einem Existenzmodell wie Hartz IV ist dies kaum möglich.

In Gelsenkirchen ist es gar so, dass ALG-II-Bezieher anonym beim Jobcenter angezeigt werden können und ihnen SOFORT die Bedürftigkeit aberkannt wird. Da bewegt man sich doch nicht mehr frei, hat Angst, irgendwelche Fehler zu machen, die sofort zum Existenzentzug führen. Dieser stete Kampf um die eigene Existenz bindet noch weiteres Engagement, welches unsere Gesellschaft braucht. Da hilft ein BGE.

Um Frau Gebhards Kommentar aufzugreifen: „Ich ahne schon jetzt wie die Ideologen der Politik „Jeder ist seines Glückes Schmied“ dann alle sozialen Projekte mit hauptamtlichen Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen z. B. in Quartieren in Frage gestellt werden.“

Wer beschäftigt denn SozialarbeiterInnen? Das sind doch zumeist öffentliche Einrichtungen oder Träger. Bei einem vernünftigen Steuersystem und der Abschaffung des Neoliberalismus´ ist auch eine Kommune wieder in der Lage, für die Einstellung von Sozialarbeitern zu sorgen. Die Gefahr sehe ich jetzt nicht.

Dies widerspricht darüber hinaus dem ehrenamtlichen Engagement der Menschen in unserer Gesellschaft. Denn sie bewegen sich ja schon jetzt und finden für sich Bereiche, in denen sie tätig werden. Und ja, jeder ist wirklich seines Glückes Schmied. Denn wer sein Leben nicht gestaltet, wird verwaltet!

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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