Quo vadis SPD?
Auftrittsverbot für Bastian Bielendorfer?

Bastian Bielendorfer, Komiker aus Gelsenkirchen, hat sich erst kürzlich über seine Heimatstadt geäußert. Und zwar recht konkret. So konkret, dass ich vieles davon mehr als unterschreiben würde. So ist in der WAZ vom 6.9.22 zu lesen: 

„Wenn man ein paar Tage hier verbringt, fragt man sich: Auf was soll man denn hier stolz sein? Auf das desaströse Stadtbild? Auf die extrem hohe Arbeitslosigkeit? Auf das Aufkeimen der Rechten?“, fragt der gebürtige Schalker, der immer noch regelmäßig in Gelsenkirchen bei seinem Vater und seinen Freunden von früher zu Besuch ist.“

Er bemängelt das Verschlafen der Politik. Jahrelang habe ich in Gelsenkirchen politische und kulturelle Arbeit geleistet und gebe ihm absolut recht. Auch darin, dass die Stadt immer mehr rechte Strukturen aufweist. Nachdem die AfD in Gelsenkirchen bei der Bundestagswahl 2017 17% erlangte entschied ich, die Stadt zu verlassen. Als engagierter Bürger wird man eh stets ausgebremst. 

So geschieht es gerade auch Basitan Bielendorfer. Bei einer Veranstaltung des Gelsenkirchener Heimatvereines ließ Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) verlauten:

„Ich habe dem Helmut Hasenkox gesagt (Anm.: Leiter Emschertainment), ich möchte nicht, dass der hier im nächsten Jahr noch einen Auftritt hat“, fasste Karin Welge zusammen. In diesem Jahr allerdings hat Bielendorfer noch einen Auftritt in seiner alten Heimat und tritt am 4. Dezember in der Heilig-Kreuz-Kirche auf. Helmut Hasenkox, Geschäftsführer der Emschertainment GmbH, hatte den Ruf vernommen, und kommentierte bei nächster Gelegenheit und bei einem anderen öffentlichen Termin Richtung Bielendorfer: „Der hätte besser einfach mal nix gesagt.“

Kritik an Gelsenkirchen wird demnach gleich mit einem Auftrittsverbot geahndet. Das erinnert an sehr dunkle Zeiten, die wir mal in Deutschland hatten. Nun wird auch deutlich, wieso sich Gelsenkirchen stets nach unten entwickelt, wenn derartig Druck auf Kulturschaffende ausgeübt wird. So kann man schon vermuten, wenn mit so einem harten Geschütz aufgewartet wird. Erste Relativierungen sind bereits bei der WAZ-Gelsenkirchen-Facebookseite zu finden. So lässt uns Attila Öner (SPD-Ratsfraktion) wissen:

„Wie man hört von Leuten, die dabei waren, war das von der Oberbürgermeisterin eher eine ironische Aussage und somit Spaß, Satire und lustig. Wer sie kennt, weiß auch, dass sie solch eine Aussage nicht im Ernst gemacht haben kann.“

Das Relativieren liest man oft als Methodik, wenn sich jemand ertappt fühlt. Jedoch ist das, was OB Welge im öffentlichen Raum gesagt hat nicht lustig sondern gefährlich für die Demokratie. Kultur hat die Aufgabe kritisch zu sein. Kultur muss präsent sein. Kultur ist Bildung. Und wenn es die Diskussion danach ist. Aber Kultur zu verbieten, das sagt man nicht mal im Spaß!

Und was sagen Gelsenkirchener KünstlerInnen so? Bei Facebook bin ich mit einigen von ihnen befreundet. Bisheriges Schweigen. Das passt auch zu dem, was ich als Kulturschaffende in Gelsenkirchen erlebte. Man hält besser den Mund. Denn viele KünsterInnen hängen am Kulturtopf der Stadt Gelsenkirchen. Da wurde so manch einer schon vor einem Auftrittsverbot von Bastian Bielendorfer mundtot gemacht. Nun hätten sie die Möglichkeit, sich konkret gegen eine rechte Methode zu stellen. Einige Kulturschaffende, die am Fördertopf der Stadt Gelsenkirchen hängen, sind selbst Veranstalter. Vielleicht machen sie mit Bastian Bielendorfer eine gemeinsame Veranstaltung unter dem Motto „Jetzt erst recht!“

Selbst wenn OB Welge sich nicht dem rechten Spektrum zuordnen würde, hat sie mit ihrer Aussage jedoch eine entsprechende Grenze erreicht.

Ein ähnlicher Fall passierte kürzlich in Gelsenkirchen Horst. Die „Horster Post“, herausgegeben vom SPD-Bezirksbürgermeister Joachim Gill, veröffentlichte unkommentiert einen rechtsorientierten Text des Unternehmers Ender Ulupinar. Dort ist beispielsweise zu lesen:

„Er hat eine ganz klare Vorstellung davon, wie man die Zuwanderung stoppt: „Einfach keine Unterstützungsgelder mehr zahlen. Dann kehren sie Gelsenkirchen ganz schnell wieder den Rücken. Auf die Gesetze und Vorschriften der Europäischen Union, die immer wieder von den Verantwortlichen als Begründung für ihr Handeln angeführt werden, müssen wir uns mutig darüber hinwegsetzen, auch wenn wir es juristisch nicht dürften.“ 

Man mag beinahe meinen, die SPD möchte die AfD rechts überholen. Sind das alles nur Ausrutscher?

Nun bin ich gespannt, ob und welche Reaktionen auf dieses Auftrittsverbot noch kommen werden. Ich hoffe sehr auf die Kulturszene!

Bastian Bielendorfer hat recht damit, sich um Gelsenkirchen Sorgen zu machen. Mit anbiederndem Populismus und Verschweigen der Probleme werden diese nicht gelöst.

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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