Jan Specht, Stadtverordneter erklärt:
AUF stimmt im Rat gegen den Bebauungsplan "Industriegebiet nördlich Ulfkotter Straße"
Jan Specht, Stadtverordneter von AUF Gelsenkirchen:
"Der Protest heute vor der Ratssitzung gegen die Pläne der BP-Norderweiterung zeigen, dass es hier nicht fröhliche Einigkeit gibt, sondern erhebliche Widersprüche und Bedenken. Ganz im Gegensatz dazu lesen sich Teile der Begründung in der Vorlage lesen sich, als wären sie direkt aus einer Imagebroschüre von BP abgeschrieben. Zu ganz anderen Schlüssen kommt dagegen die faktenreiche Stellungnahme des Naturschutzbundes.
Zunächst zum Pyrolyseverfahren. Dies ist kein wirkliches stoffliches Recyclingverfahren, sondern ein Downgradingverfahren. Zu einem Teil wird Öl aus Plastik hergestellt wird, neben Gasen und nicht unerheblichen Mengen problematischen Reststoffen. Hier wird nicht an das grundlegende Plastik-Problem herangegangen, sondern an einer für BP profitbalen Stelle eingegriffen. Aus dem Pyrolyse-Öl könen fossile Brennstoffe oder wieder minderwertiges Plastik hergestellt werden. Das Ganze bedarf auch großer Mengen Energie zur Erhitzung des Plastikmülls. Von einer „Defossilisierung“ der Chemieindustrie kann hier keine Rede sein. Stattdessen hält BP konservativ an der Erdölverarbeitung fest und gefährdet damit Umwelt und Arbeitsplätze.
Eine Erzeugung von Kunststoff-Ersatzstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen und wirkliches Kunststoff-Recycling – als sortenreine Trennung und die Wiederaufbereitung von Plastik – das wäre zukunftsträchtig! Vor Jahren bereits war AUF mit dem Antrag gescheitert, in Gelsenkirchen die Möglichkeiten einer Pilotanlage für Kryorecycling von Plastikabfällen zu überprüfen. Das hätte ein Leuchtturmprojekt sein können! Inzwischen ist die Vermüllung der Meere und die Belastung der Biosphäre durch Mikroplastik zu einem drängenden globalen Problem geworden.
Das aus Pyrolyseöl hergestellte Plastik ist ein Etikettenschwindel, wenn es als „nachhaltig“ vertrieben werden darf. Es würde mich nicht wundern, wenn BP dafür noch CO2-Zertifikate bekommt.
Auf der Fläche des Landschaftschutzgebietes nördlich der Ulfkotterstraße wird durch die Stadtverwaltung seit Jahren durch Ausnahmegenehmigungen eine Bebauung zugelassen, die dort eigentlich nicht stehen dürfte.
Die Vorlage schweigt sich auch darüber aus, wie eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen von Bürgerversammlungen oder Informationsveranstaltungen stattfindet. Trotz Corona muss so etwas möglich sein, unter Umständen auch digital.
Mit der Stilllegung des Uniper-Kraftwerks stehen ohnehin verseuchte Böden zur Verfügung. Die SPD ist ja in ihrer Haushaltsrede schon für BP in die Bresche gesprungen und hat sich vehement für die Norderweiterung eingesetzt. Da frage ich mich schon, welche Gespräche stattgefunden haben, um so eine Vorarbeit zu leisten?
Mir scheint eher, dass erstmal die Norderweiterung auf dem als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Gelände gesichert und an das Raffineriegelände angeschlossen werden soll. Unter Punkt 1.2 Planungsziele ist nämlich nur noch von petrochemischen Großanlagen die Rede – Zitat Vorlage: „Möglichkeit zur Ansiedlung weiterer Produktions- bzw. Prozessanlagen zu schaffen“. Demnach könnte BP dort bauen, was es will. Aus den genannten Gründen werde ich für AUF diesen Aufstellungsbeschluss ablehnen."
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