„Wir werden kein Urban Gardening zulassen

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dafür gibt es in Gelsenkirchen die Kleingärten.“ So sprach er, der Chef der Gelsendienste Herr Unterseher-Herold. Ende Februar lud die SPD Gelsenkirchen Bulmke zu einer Veranstaltung ein, in der es um die Gestaltung des Bulmker Parks ging. Der Sturm Ela hatte im letzten Jahr seine Spuren hinterlassen, so dass eine Neugestaltung notwendig wird. Bereits einen Tag später schrieb mich eine empörte Bürgerin an und teilte mir mit, wie die Veranstaltung inhaltlich ausgestattet war. In der WAZ las ich dann oben genanntes Zitat.

Das kommt schon sehr absolutistisch an und wird durch den Tenor: „Eine Parkanlage ist eine Parkanlage“ nicht gemildert. Daraus liest man nur „Basta!“. Natürlich gehen in Gelsenkirchen immer die Kosten vor. Natürlich soll jeder Cent in Bildung gehen. Aber da sind wir doch schon beim Thema. Urban Gardening ist Bildung, fördert die Nachbarschaft und auch Teilhabe von Menschen am Gesellschaftlichen Leben. Und jetzt kommt es: Urban Gardening muss nicht mal viel kosten. Wer sich mit diesem Thema auseinandersetzt und auch mal über den Tellerrand in andere Städte schaut wird feststellen, dass es geht. Nun kommen jedoch die BürgerInnen ins Spiel. Sie äußern bei dieser Veranstaltung ihre Wünsche. Soso, die SPD-Veranstaltung war also als eine Art „wünsch Dir was“ anzusehen. Und was machen die BürgerInnen nun, nachdem sie einfach abgewartscht werden? Frei nach dem Motto: „Jaja, was ihr alle wollt, kostet doch!“ Was mich interessieren würde ist, ob sich die Bürgerinnen nun von diesem „Basta!“ abhalten lassen? Wenn Urban Gardening gewünscht ist und man es wirklich will, dann gibt es Möglichkeiten. Aber man ist es in Gelsenkirchen gewohnt, weggewischt zu werden. Und der Bürger hält sich dran.

In Wuppertal läuft das ein wenig anders. Aktuell im März gibt es dort die Aktionswochen „Grüne Beete“ Ich war bei der Auftaktveranstaltung dabei, traf liebe Freunde, die sich ähnlich engagieren und staunte, was dort Zuwege gebracht wurde. Anbei ein paar Bilder von der Veranstaltung. Sieben Gärten sind in Kooperationen entstanden. Dort haben sich Menschen auf den Weg gemacht und es wurden mehr. Etwa 20 Initiativen haben sich zusammengeschlossen. Bei meiner Erfahrung mit Gelsenkirchener Kooperationen scheint mir das für diese Stadt fast unmöglich. Hier prutscht jeder für sich und hofft, dass die Projektgelder auch in Zukunft gezahlt werden. Aber man muss sich zuerst auch um die Gelder kümmern, dann wird geredet, geredet, geredet und plötzlich – ups – müssen wieder neue Gelder beantragt werden. Und immer schön opportun bleiben (Originalzitat), damit das Projekt auch weitergeht. Was läuft in anderen Städten anders, als in Gelsenkirchen? Ich versuche es herauszufinden. Es ist nicht nur die Politik, es sind auch die BürgerInnen gefragt. Bei meinen spontanen Befragungen von GelsenkirchenerInnen bekam ich folgenden Querschnitt an Antworten:

- Die machen doch wieder alles kaputt (Anmerkung: Wer sind „die“?)
- Ach, da macht doch keiner mit
- Ich hab schon Angst Bus zu fahren, weil kein Deutsch mehr gesprochen wird

Ich traute meinen Ohren nicht, was ich so hören musste. Gespräche gingen schon glattweg in eine Fremdenfeindlichkeit. Dabei sollen solche Projekte genau diese Vorurteile auch überwinden. Wenn etwas zerstört wird, muss mehr kommuniziert werden. Keiner sagt, dass gesellschaftliche Arbeit einfach ist. Sich jedoch aus Angst vor Auseinandersetzung zu verkriechen, anstatt durch die Gestaltung eines essbaren Garten Gemeinschaft sichtbar zu machen, an dessen Ergebnis alle Freude haben, ist hoffentlich nicht der repräsentative Durchschnitt der Gelsenkirchener.

Um noch mal auf die Aussage von Herrn Unterseher-Herold einzugehen, so ist diese Einstellung sehr klein gedacht. Kleingärten sind zwar auch eine Art von Urban Gardening. Jedoch sind diese Gärten nicht für die Gemeinschaft angelegt.

Während sich vor der Tafel die Schlangen bilden, könnte doch viel besser im öffentlichen Raum für Nahrung ansatzweise gesorgt werden. Diese „Basta“ und kleingeistige Auseinandersetzung mit diesem Thema macht mich nachdenklich. Wenn es alleine die Kosten sind, so kann man wunderbar mit Hochbeeten oder auch Stapelboxen flexibel Gärten anlegen. Ich bin mir auch sicher, dass der eine oder andere Bürger gerne ein wenig Erde oder auch Saatgut spendet. Man muss nur wollen. Und diese Motivation sehe ich derzeit nicht in dieser Stadt.

In einer Mitteilungsvorlage* heißt es wie folgt:

„Hinsichtlich der weiteren Überlegungen zum Umgang mit dem Thema „Gemeinschaftsgärten/Essbare Stadt/Urban Gardening“ sind auch die von
Gelsendienste betreuten Dauerkleingartenanlagen und die Problematik
stagnierender bzw. sinkender Mitgliederzahlen, nicht außer Acht zu lassen. Die
Identifizierung geeigneter Flächen für die sog. Gemeinschaftsgärten sollte nicht zu Konkurrenzen mit den Kleingärten führen.“

Ja was denn nun?

Zwar gibt es hier und da ein bis zwei Urban Gardening, aber das Thema wird zu wenig diskutiert. Und wenn solche Aussagen wie „Wir werden kein Urban Gardening zulassen“ den Weg in die Öffentlichkeit finden, weiß man, wie in der Stadtverwaltung gedacht wird. Eben nicht weit. Ein Park ist ein Park ist ein Park. Und weil das schon immer so war, bleibt ein Park wie ein Park. Keine Veränderung! Keine Entwicklung! Basta!

* der Link lässt sich nicht einbetten, daher noch mal hier: https://ratsinfo.gelsenkirchen.de/ratsinfo/gelsenkirchen/8574/Vm9ybGFnZW5kb2t1bWVudF8ob2VmZmVudGxpY2gp/14/n/65640.doc;jsessionid=05B28C1DF41CFA8D0AFF0B09310F2E2A

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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