Emscher-Mündung: Rheindeich wird abgetragen
Umverlegung der Emscher und Flutung der neuen Mündungsaue ist für Spätsommer 2022 geplant
Dinslaken/Voerde. Die Bühne für den nächsten großen Meilenstein im Rahmen der Revitalisierung der Emscher wird bereitet: Die Emschergenossenschaft trägt zurzeit den Rheindeich im Bereich der künftigen Emscher-Mündung bei Dinslaken und Voerde ab. Die Öffnung des Damms ist die Voraussetzung für die Umverlegung der aktuell begradigten Emscher, die ab Spätsommer 2022 durch ihre neue naturnahe Mündungsaue und den nun zu öffnenden Damm in den Rhein fließen soll.
„Mit dem Ausgleich des Höhenunterschiedes zwischen den beiden Flüssen wird Fischen aus dem Rhein künftig die Möglichkeit gegeben, die Emscher hinauf zu schwimmen und das neue, abwasserfreie und bald renaturierte Gewässer neu zu besiedeln. Der Umbau der Emscher-Mündung bietet somit alle Voraussetzungen für neues blau-grünes Leben im Emscher-Delta. Und zwar für Flora, Fauna und auch Menschen“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.
Westlich der letzten Emscher-Brücke vor dem Rhein an der Hagelstraße entsteht seit 2014 auf einer Fläche von zirka 20 Hektar nicht nur eine Auenfläche, die in heißen Sommermonaten das Mikroklima positiv beeinflusst und für Abkühlung sorgt. Geschaffen werden darüber hinaus neue Radwege und Verweilpunkte an Emscher und Rhein. Der Hof Emschermündung bietet künftig nach dem Umbau nicht nur Kulinarisches für die Pause während einer Radtour, sondern ist als Begegnungs- und Informationszentrum an einem der spannendsten Orte an der Emscher konzipiert. Während der Fluss in den vergangenen 73 Jahren seit seiner letzten Nordverlegung von Duisburg-Walsum nach Dinslaken als tief eingedeichter und schnurgerader Kanal daher kam, wird die neue Emscher zum Bewundern einer idyllischen Gewässer- und Auenlandschaft einladen.
„Wichtige Aspekte wie den Hochwasserschutz haben wir bereits frühzeitig miteingeplant: Die neue Aue bietet der Emscher, aber auch dem Rhein, einen zusätzlichen Retentionsraum mit einem Fassungsvolumen von rund 1,3 Millionen Kubikmetern“, erläutert Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft. In diesem Areal entsteht zudem ein neuer Lebensraum zur Steigerung der Biodiversität in und an der Emscher. Die künftige Emscher-Mündung wird damit das neue Portal ins Emscher-Tal.
Abtragen des Rheindeiches
Der abzutragende Rheindeich besteht aus zwei Schichten. Die untere Schicht (zirka 6,5 Meter) ist die ursprüngliche Form von vor 1945. Diese Schicht besteht aus Sand und Kies mit Lehmabdichtung. Die obere Schicht (knapp 4,5 Meter) ist als Aufhöhung nach 1945 entstanden. Sie besteht aus Waschbergen aus dem Bergbau. Bei dieser oberen Schicht ist keine Kampfmittelsondierung notwendig, wohl aber bei der unteren – weswegen die Emschergenossenschaft äußerst behutsam beim Abtrag des Deiches vorgeht.
Die Rheindeich-Öffnung ist der erste Schritt vor der Einweihung der neuen Mündungsaue. In einem zweiten Schritt wird ab diesem Sommer der Emscher-Deich unmittelbar westlich der Hagelstraße abgetragen. Die finale Öffnung findet im Spätsommer im Rahmen eines offiziellen Aktes statt, sodass die Emscher dann durch diese neue Öffnung in ihren künftige Mündungsstrecke fließen kann.
Hintergrund:
Nördlich der Dinslakener Siedlung „Am Stapp“ fließt die Emscher gegenwärtig gradlinig und eingedeicht über ein Absturzbauwerk in den Rhein. Diese Lösung schafft wasserwirtschaftliche Sicherheit, bildet jedoch auch eine bis zu sechs Meter hohe ökologische Barriere zwischen Rhein und Emscher: Die Emscher-Mündung weist daher zurzeit keine Flächen zur Etablierung eigenstabiler Artengemeinschaften in einem Flussökosystem auf.
Um die Vorgaben und Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen, muss die Emscher unter vielfältigen, restriktiven Randbedingungen abschnittsweise und stufenweise ökologisch verbessert werden. An der Emscher-Mündung soll der neue großflächige Auenbereich mit seiner Strukturvielfalt für gewässertypische Pflanzen- und Tierarten einen wichtigen Bestandteil der neuen Emscher bilden. Damit soll auch eine attraktive und ökologisch wirksame Verflechtung der Flüsse Emscher und Rhein erreicht werden.
Für die neue Emscher-Mündung wurde im August 2008 bei der Bezirksregierung Düsseldorf ein Antrag auf Planfeststellung eingereicht und dieser im August 2009 erörtert. Am 18. September 2013 erfolgte schließlich die Übergabe des Planfeststellungsbeschlusses durch die Bezirksregierung an die Emschergenossenschaft. Nach Erhalt des Planfeststellungsbescheides begann die Emschergenossenschaft umgehend mit den ersten Vorbereitungen, sodass der Umbau der Mündung in 2014 starten konnte. Da für die Entwicklung des Ökologischen Schwerpunktes Emscher-Mündung der Hochwasserschutz gewährleistet sein muss, wurden zuerst neue Deiche und Hochuferverwallungen um die zukünftige Aue herum gebaut.
Daten und Fakten:
- Verschiebung der Mündung um rund 500 Meter Richtung Norden
- Laufverlängerung der Emscher um rund 700 Meter
- Aktueller Absturz der Emscher in den Rhein: sechs Meter
- Künftiger Trockenwetterabfluss der Emscher: 15 m3/s
- Bemessungshochwasser: 350 m3/s (200-jährliches Hochwasser)
- Zukünftige Auenfläche: rund 20 Hektar
- gesamter Bodenaushub: knapp 1,3 Mio. m3
- Durchschnittliche Aushubtiefe: 5 Meter
- Mittleres Aushubniveau: 18,95 Meter über dem Meeresspiegel
- Baubeginn: 2014
- Investitionsvolumen: rund 70 Millionen Euro
Die Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Sie wurde 1899 als erste Organisation dieser Art in Deutschland gegründet und kümmert sich seitdem unter anderem um die Unterhaltung der Emscher, um die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie um den Hochwasserschutz. www.eglv.de
Autor:Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen |
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