Synovia zeigt "Ruheständchen"
Einen Liederabend von Rentnern, die den Mund aufmachen, bietet von Freitag, 9. bis Sonntag, 11. März, "Synovia", die Seniorentheatergruppe des Consol Theaters. Dabei wird mit kabarettistisch-satirischen Szenen dargestellt, dass Altwerden nicht nur lustig ist.
Seit zehn Jahren spielt Synovia unter der Leitung von Ulrike Czermak als fester Bestandteil der Volxbühne am Consol Theater und erfreut seitdem jedes Jahr mit einer neuen Produktion. Von den 16 aktuell auf der Bühne stehenden Senioren sind neun schon von Anfang an dabei, das zeigt, dass hier ein Ensemble zusammengewachsen ist.
Und der Anspruch der Theaterpädagogin Czermak ist nicht kleiner geworden: „Ich will mich ja nicht langweilen und zehn Jahre lang nur Märchen spielen mit den Leuten.“ Und das tut sie wahrlich nicht, denn sie entwickelt jedes Stück mit den Senioren gemeinsam. So musste sie bei dieser Produktion ihre erste Idee, rein biographisch ans Alter heranzugehen, beiseite legen. Denn den Senioren war eher nach dem Thema „Ich bedauere nichts“. Aber am Liederabend, den sie gern auf die Bühne bringen wollte mit den Senioren, konnte sie festhalten.
„Ich wollte, dass sich die Gruppe einmal mehr zutraut, als nur Theater zu spielen. Es sollte noch mehr Mut erfordern und darum gibt es jetzt auch Gesang. Und zwar mal auf Englisch und auch mal eingedeutscht“, schildert Czermak.
Das Stück wird gemeinsam entwickelt
Und so sammelten die Darsteller in kleinen Gruppen Ideen, listeten ihre Lieblingsmelodien auf und gingen sogar zum Discounter, um dort die Kunden nach ihren Lieblingsliedern zu befragen. Vereinfacht wurde die Umsetzung des Liederabends durch den "Synoviasten" Reinhold Stania, der nicht nur von Anfang an dabei ist, sondern auch noch Gitarre spielen und singen kann. Er begleitet die Gruppe nun musikalisch und hat sich dafür dann auch mit einem seiner Lieblingssongs durchsetzen dürfen: „Wish you were here“ von Pink Floyd. Als Gesangscoach stand der Gruppe ein Dortmunder Gesangs-Pädagoge zur Seite und das Ergebnis kann sich sehen und hören lassen.
Und so nehmen die Senioren ihr Publikum überall dorthin mit, wo man ihresgleichen den ganzen Tag über treffen kann: Beim Frühschwimmen im Hallenbad, an der Wursttheke des Supermarktes oder auch im VHS-Kurs. Man erfährt, dass der Seniorenbürger gern um 4.30 Uhr aufsteht, um die Fenster zu putzen, weil es dann die wenigsten Streifen auf dem Glas gibt. Und es wird auch laut gedacht, während die Älteren sich beim Frühschwimmen und der Wassergymnastik sportlich ertüchtigen. So erfährt man, dass der Schwimmmeister sogar jenseits der 55 noch immer eine Augenweide sein kann und Willi mit seiner Blümchenbadehaube Spaß an der Sache hat, obwohl sein Enkel findet, dass Wassergymnastik kurz vor Yoga für Beerdigte einzustufen sei.
Wenn dann auf der Gitarre Rod Stewarts „I am sailing“ angestimmt wird und die Senioren ordentlich mitschallern und dabei die typischen Schwimmbewegungen absolvieren, dann ist das ein großer Spaß, auch wenn die Regisseurin einfordert, dass die Darsteller bis zum Schluss die Körperspannung aufrechterhalten. Dem Zuschauer wäre es nicht aufgefallen, weil er so fasziniert ist von dem, was er sieht.
Man trifft die Senioren auch im Wartezimmer des Arztes, wo darüber gefachsimpelt wird, wer das teuerste Medikament hat. Und zur Melodie von Queens „We will rock you“ stimmen die Senioren „Das sind Schmerzen“ an und singen diese weg. Die Lieder werden immer passend zu den Situationen dargebracht und man darf gespannt sein, in welchem Kontext „Itsy bitsy teenie wennie Honolulu Strandbikini“ auftauchen wird. Denn dabei gehen die Synovias ab „wie ein Zäpfchen“, verspricht Ulrike Czermak.
Die Geschichten, die erzählt werden, bieten Blicke auf das Altwerden auch über die Gruppe hinaus. Da reflektiert die Tochter, dass ihre Mutter ihr verwehrt hat, das Abitur zu machen, obwohl sie gern Ärztin geworden wäre. Als sie dann aber ihre Mutter pflegen muss, stellt sie fest: Zum Füttern reicht Volksschule. Oder die über 100-Jährige, die all ihre Freundinnen überlebt und ihre Tochter zu Grabe getragen hat und sich fragt, ob das Altwerden wirklich ein Geschenk ist?
Aber es wird nicht melancholisch, sondern es bleibt satirisch. So überlegen sich die Seniorinnen sehr gut, wie sie an das fehlende Geld für eine Flugreise kommen könnten. Und was liegt da näher, als den Spieß einmal umzudrehen und die Enkel anzuschnorren? Es gibt eine politische Parkbank, Essen auf Rädern, Fitness-Studio-Besuche, Einsamkeit und vieles mehr, das zum Leben der Älteren dazu gehört.
Es liegt noch Arbeit vor den 16 Darstellern ehe sie am Freitag, 9. März, Premiere feiern können. Aber auch wenn die englischen Lieder eine echte Herausforderung für den einen oder anderen darstellen, so freuen sie sich, weil es schön ist, aufeinander zu hören. „Wir kommen noch groß raus als Musicalstars“, unkt gar eine der Seniorinnen. Gilla war bei den ersten Stücken dabei und setzte dann aus. Sie hatte Ulrike Czermak aber angeboten: „Wenn Du mal einen Baum suchst, der mit wenig Text auf der Bühne herumsteht, dann kannst Du mich gerne fragen.“ Nun ist sie zurück und bestätigt, dass sich die Gruppe weiter entwickelt hat und heute anspruchsvoller agiert als vor vier Jahren.
Das bestätigt auch eine andere Darstellerin, die zuerst das Schauspielen üben musste und dann das lauter sprechen: „Ulrike sagt dann manchmal: Jetzt löse mal die Handbremse und zeig' es noch mal!“.
Die Zuschauer dürfen sich auf „lustige und doch tiefsinnige Szene freuen, die durch feine Gedichte bereichert werden“, verspricht eine weitere Darstellerin. Und Reinhold Stania, der Mann an der Gitarre mit Banderfahrung schildert: „Dem Gesang stand ich erst skeptisch gegenüber, aber jeder hat in seinen Mutkasten gegriffen und singt jetzt mit starkem und geraden Rückgrat Songs, die nicht unbedingt zu Hause auf dem Plattenteller liegen.“
Heiß begehrt: Kartenfür das Ruheständchen
Viel Spaß bei "Synovia" können die Zuschauer bekommen am Samstag, 10. März, um 19.30 Uhr und Sonntag, 11. März, um 18 Uhr.
Die Premiere am Freitag, 9. März, ist bereits ausverkauft. „Synovia hat eine eigene Fangemeinde“, wie Georg Kentrup, der Dramaturg des Consol Theaters weiß.
Karten gibt es unter Telefon 9882282 oder per E-Mail an kontakt@consoltheater.de.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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