RSV-Prophylaxe
Kinderarzt Achenbach fordert: „Extra-Beratung muss auch extra bezahlt werden“
Dortmund, Die Prophylaxe gegen Respiratorische Synzytial-Viren (RSV) soll im Herbst zur Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden. Bei der Umsetzung hakt es aber noch an vielen Stellen. Der niedergelassene Kinderarzt Michael Achenbach (56) aus Plettenberg erklärt im Kurz-Interview die Hintergründe und fordert schnellstmögliche Klarheit.
Herr Achenbach, die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut (RKI) hat Ende Juni eine Empfehlung für eine passive Immunisierung ausgegeben. Sie empfiehlt die einmalige Gabe des monoklonalen Antikörpers Nirsevimab für Neugeborene und Säuglinge – und zwar bevor sie sich in ihrer ersten Saison – also den Wintermonaten zwischen November und März – mit dem RS-Virus anstecken könnten. Wie stehen Sie generell dazu?
Achenbach: Die RSV-Prophylaxe ist längst überfällig und stellt eine sehr wichtige Maßnahme dar, um schwere Krankheitsverläufe zu verhindern. Dadurch laufen Kinderkliniken und pädiatrische Praxen deutlich weniger Gefahr, in den Wintermonaten wegen Atemwegsinfektionen durch RS-Viren überlastet zu werden. Die Maßnahme als solches ist unbedingt zu befürworten. Allerdings gibt es derzeit noch zu viele offene Fragen, die der Gesetzgeber nun sehr zeitnah klären muss!
Wo gibt es noch Probleme?
Achenbach: Es fehlt schlichtweg noch eine verbindliche Rechtsverordnung. Der bisherige Entwurf sieht vor, dass die RSV-Prophylaxe Teil der Grund- und Versichertenpauschale sein soll. Das ist nicht richtig so und bedarf unmittelbar einer Korrektur. Die Grund- und Versichertenpauschalen umfassen ausschließlich kurative Leistungen – bei der RSV-Prophylaxe handelt es sich allerdings um eine präventive Maßnahme. Damit kommt ein hoher und zusätzlicher Beratungsaufwand auf die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen zu. Insbesondere weil es sich um einen passiven Impfstoff handelt, werden die Eltern viele Fragen zur Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen haben. Dieser Aufwand dürfte für viele Kinderarztpraxen nur durch Extra-Sprechstunden zu stemmen sein.
Was fordern Sie?
Achenbach: Um es klar zu sagen: Extra-Beratung muss auch extra bezahlt werden. Deshalb muss das Bundesgesundheitsministerium schnell eine gültige Rechtsverordnung schaffen, damit die Selbstverwaltung anschließend zügig die Vergütung und die praktische Umsetzung regeln kann. Außerdem besteht für alle gesetzlich krankenversicherten Eltern erst dann auch wirklich ein Anspruch auf Kostenübernahme dieser Leistung. Wir können uns deswegen bei diesem Thema keine Sommerpause erlauben, die Zeit drängt. Denn die STIKO empfiehlt eine Immunisierung noch vor Beginn der nächsten RSV-Saison im Herbst.
Zur Person
Michael Achenbach ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin. Er betreibt seit 2006 eine Praxis in Plettenberg. Achenbach ist zudem Sprecher beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) in Westfalen-Lippe und Mitglied der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Die VV bildet – gemeinsam mit dem hauptamtlichen Vorstand – das oberste Organ der KVWL. Sie vertritt die Interessen von mehr als 16.000 niedergelassenen Mitgliedern.
Autor:Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen |
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