Diagnose: Darmkrebs.
„Darmkrebs? Mit 38? Dafür bin ich doch viel zu jung!“
Oelde/Dortmund, Melanie Wienströer steht mitten im Leben – an diesem 13. Januar 2017. Die damals 38-jährige Krankenschwester aus Oelde steckt in den Vorbereitungen für die Geburtstagsparty ihres Mannes.
Ihren beiden Töchtern, 7 und 4 Jahre alt, geht‘s prima. Nur noch schnell zur Darmspiegelung, vermutlich nichts weiter als ein Reizdarm. Daher bestimmt immer wieder das Blut im Stuhl. Ein lästiger Termin, aber gut. Kurz spiegeln und dann weiter im Programm. Doch an diesem Freitag änderte sich Melanie Wienströers Leben für immer. Die Diagnose: Darmkrebs.
„Mir hat es den Boden unter den Füßen weggerissen“, erinnert sich die heute 44-Jährige noch sehr genau. „Darmkrebs? Mit 38? Dafür bin ich doch viel zu jung! Das kann und darf doch nicht sein.“ In den Tagen nach der Diagnose weint Melanie Wienströer viel, ist verzweifelt. Dann nimmt sie den Kampf gegen den Krebs an. Bestrahlung, Chemotherapie, OP, künstlicher Darmausgang, weitere Chemos. Alles läuft gut. Doch nach zwei Jahren kommt der Krebs zurück. Metastasen in der Lunge. Wieder Chemo, wieder OP. Heute ist Melanie Wienströer zum Glück krebsfrei. Aber die Therapie hat Spuren hinterlassen. Ein normaler Arbeitsalltag ist nicht mehr möglich, sie bezieht Erwerbsminder-ungsrente.
In all der Zeit hat sie ihren Lebenswillen und ihren Lebensmut nicht verloren. Nun möchte Melanie Wienströer anderen Menschen mit der Diagnose Darmkrebs Mut machen. Sie engagiert sich in der Facebook-Selbsthilfegruppe „Darmkrebs geht uns alle an“ und bereitet zusammen mit anderen Betroffenen die Gründung des Vereins „Onko-Aid“ vor.
Das Thema Darmkrebs enttabuisieren. Aufklären. Vorurteile ausräumen. Das ist Melanie Wienströers Anliegen. Ihr Appell: „Darmkrebs-Vorsorge ist wichtig, sie kann so viel Leid ersparen. Nehmt die Symptome ernst, verdrängt sie nicht. Und glaubt nicht, dass Darmkrebs nur eine Krankheit für Ältere ist.“
Der Arzt, der Melanie Wienströers Darmkrebs-Erkrankung diagnostiziert hat, ist der Gastroenterologe Dr. Jörg Bremer. In seiner Gemeinschaftspraxis werden im Jahr rund 4.500 Darmspiegelungen durchgeführt. Er sagt: „Noch immer sind Krankheiten, die den Darm betreffen, mit viel Scham behaftet. Über sowas spricht man nicht. Und wenn dann noch Gartenzaungespräche über schlimme und schmerzhafte Untersuchungen dazu kommen, wird lieber verdrängt als vorgesorgt.“ Dabei seien die Methoden inzwischen sehr ausgereift und darauf ausgerichtet, es den Patienten so angenehm wie möglich zu machen. „Niemand muss Angst vor einer Darmspiegelung haben. Eh man es sich versieht, ist die Untersuchung schon vorbei. Und das Schlimmste ist mit einfachen Mitteln verhindert.“ Dass trotz allem weiterhin Bedenken und Vorurteile bestehen, ist dem 51-jährigen Facharzt klar. „Da hilft nur der stete Tropfen, der den Stein höhlt.“ Und das vor allem im persönlichen Gespräch zwischen Arzt und Patient. Aufklärungsarbeit in kleinen Schritten ist seiner Ansicht nach der richtige Weg. Denn klar ist: „Darmkrebs-Vorsorge rettet Leben.“
Melanie Wienströer ist wieder im Leben angekommen – trotz einiger Einschränkungen. Weil die Erkrankung gerade noch rechtzeitig erkannt wurde. Das Leben an sich weiß sie jetzt mehr zu schätzen. Sie lebt bewusster, genießt den Moment. Dass der Moment flüchtig sein kann, hat sie am eigenen Leib erfahren müssen. „Diese Erfahrung muss niemand machen. Wenn Vorsorge ernst- und auch wahrgenommen wird.“
Warum der Darmkrebs-Check so wichtig ist
Anlässlich des Darmkrebs-Monats März appellieren der Bundesverband Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (bng), die NRW-Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (vdek), die AOK NordWest, die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) und die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) eindringlich an Bürgerinnen und Bürger zur Vorsorge zu gehen. „Darmkrebs ist heilbar. Wird er in seiner Frühphase während einer Darmspiegelung erkannt, liegen die Heilungschancen bei nahezu 100 Prozent. Deshalb unsere gemeinsame Bitte: Gehen Sie zur Vorsorge!“
Die Gefahr an Darmkrebs zu erkranken, erhöht sich mit zunehmendem Alter. Bei Männern liegt das Risiko höher als bei Frauen. Deshalb können Männer bereits ab 50 Jahren eine Darmspiegelung in Anspruch nehmen, die die gesetzliche Krankenversicherung zahlt. Frauen können diese ab 55 Jahren nutzen. Für beide Geschlechter ist die Stuhluntersuchung ab 50 Jahren möglich.
Dr. Ulrich Tappe, niedergelassener Gastroenterologe und erster Vorsitzender des BNG:
„Das Thema Vorsorge muss wieder stärker im Bewusstsein der Menschen verankert werden. Leichtsinnigkeit können wir uns schlicht nicht erlauben, denn Vorsorge kann Leben retten. Wenn Darmkrebs rechtzeitig erkannt wird, ist er gut behandelbar und die Heilungschancen sind hoch.“
Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung der ÄKWL, AOK NordWest, BNG, KVWL und VDEK
Autor:Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen |
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