Tätowierer Eckstein erfüllt sich während des Corona-Stillstandes auch eigene Wünsche
Wünsche werden wahr

Welch eine Farbpalette bei den Zeichnungen im Spiel ist, zeigt das Bild des Armes mit dem Koi, der Lotusblüte und der Coladose, auf die Eckstein hier auf dem Foto gerade zeigt. Daneben liegt das Bild mit den Drachenklauen, das durch die blutrote Farbe an medizinische Bilder erinnert. Rechts ist der Anfang einer Zeichnung zu sehen, an der Eckstein gerade arbeitet. | Foto: Gerd Kaemper
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  • Welch eine Farbpalette bei den Zeichnungen im Spiel ist, zeigt das Bild des Armes mit dem Koi, der Lotusblüte und der Coladose, auf die Eckstein hier auf dem Foto gerade zeigt. Daneben liegt das Bild mit den Drachenklauen, das durch die blutrote Farbe an medizinische Bilder erinnert. Rechts ist der Anfang einer Zeichnung zu sehen, an der Eckstein gerade arbeitet.
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Der Gelsenkirchener Künstler Eckstein alias Olaf Schubert ist vielen besser bekannt als Tätowierer und dabei genießt er regelrecht Kultstatus, weit über Gelsenkirchen hinaus. Den Stillstand, den der Coronavirus über uns gebracht hat, überbrückt er, indem er sich selbst Wünsche erfüllt und nicht, wie sonst, die seiner Kunden.

Seit beinahe 30 Jahren ist Eckstein nicht mehr aus der Szene wegzudenken. Er hat viele Trends miterlebt und auf Wunsch auch umgesetzt. Seine Vorliebe gehört aber der Biomechanik und dieser widmet er sich gerade jetzt.
Dabei fasziniert er immer wieder, wenn er etwa über die japanische Tradition des Tätowierens spricht und erklärt: „Der Koi steht dabei für Stärke und Kraft. Die Lotusblüte für Reinheit. Seit Ed Hardy damit begonnen hat, seine eigenen Interpretationen zwischen der japanischen und der westlichen Tätowierkunst zu kreieren, kann auch mal eine Coladose in einem Kunstwerk neben dem Koi und der Lotusblüte auftauchen. Das macht dann einen besonderen Reiz aus, weil es die Verbindung zwischen den beiden sonst eigenständigen Kunstwelten herstellt, aber auch den Kontrast aufzeigt.“
Und so wird schnell klar, dass für Eckstein seine Arbeit durchaus tiefsinnig ist. Auch wenn er sagt: „Jeder bekommt das, was er will. Nicht der Tätowierer sollte seine Ideen auf dem Körper des Kundes verwirklichen, sondern er sollte dessen Ideen mit der Nadel festhalten.“
Aber: „Jetzt habe ich mal frei und male, worauf ich selbst Lust habe.“ Und genau das tut er. Man sagt Eckstein oft nach, dass die Biomechanik zu seinen Steckenpferden gehört und der widmet er sich gerade.
„Das ist eine eigene Sparte im Tattoo-Bereich und ich stehe darauf. Und wenn ich eine Idee habe, dann will ich sie auch gleich umsetzen und auf Papier bringen. Dann schaue ich auch nicht mehr auf die Idee“, schildert der Künstler, der gerade sehr beseelt davon ist, Zeichnungen für Armmotive zu erstellen.
Dabei geht er sehr detailgetreu vor und macht sich Gedanken über den Sitz von Bizeps, Trizeps und weiterer Muskeln, die es bei den Zeichnungen zu beachten gilt. Oder wie er sagt: „Der Flow vom Oberarm zum Unterarm muss beachtet werden.“ Denn ein definierter Muskel könnte das Bild zum Leben erwecken.
Mit den altbewährten Faber-Castell-Zeichenstiften, allerdings nicht denen für den Schulbedarf, sondern den wasservermalbaren Albrecht-Dürer-Stiften, macht er sich an die Arbeit und lässt von der groben Skizze bis zu den detailgetreuen Feinarbeiten Arme in ganz neuem Glanz erstrahlen.
Da gibt es den auf den ersten Blick als medizinisches Bild unterhalb der Haut erscheinenden Arm, bei dem erst beim zweiten Hinschauen die eingearbeitete Uhr, die Krallen und ein Drachenschweif erkennbar sind. Auf einem anderen Bild geht es direkt eher mechanisch zu, mit Knöpfen, Schrauben, Muttern, Drähten, Schläuchen und einem Tacho. Wieder ein anderes Bild zeigt eben den Koi, die Lotusblüte und die Coladose.
Für die Zeichnungen rechnet Eckstein pro Bild etwa sechs bis acht Stunden, allerdings ohne dabei auf die Uhr geschaut zu haben. Auf die Frage, wie lange es dauern würde diese Zeichnungen auf einem echten Arm festzuhalten, erklärt der Meister: „Ich schätze mal 30 bis 35 Stunden, weil es sehr filigrane Zeichnungen sind, mehrere Schritte erforderlich sind und es natürlich auch auf den Schmerzfaktor des Kunden ankommt.“ Dabei verrät er auch, dass schwarz-weiße Tattoos schneller gehen und entsprechend weniger Schmerz verursachen. Fans der Szene werden das aber vermutlich bereits aus erster Hand wissen.
Und wenn sich Eckstein wirklich mal einen echten Wunsch erfüllen würde, dann könnte man diesen auch in die Hand nehmen und seine Werke Seite für Seite bewundern können. Denn der Gelsenkirchener hatte schon immer die Idee, seine Kunstwerke in einem Buch festzuhalten. Dabei schwebt ihm vor, 100 Zeichnungen, vornehmlich solche auf Armen, zu einem Ganzen zu binden. Sollte ihm dabei noch eine Seite fehlen am Ende, dann würde er auch ein Rückenmotiv, das er einmal auf Kundenwunsch kreiert hat, in das Buch einfließen lassen.
Aber wie gesagt: Das ist alles ein langgehegter Plan und Wunsch, an dem der Meister seines Fachs eben immer nur arbeiten kann, wenn gerade mal jede Menge Zeit dafür bleibt. Also hat der Corona-Stillstand auch etwas Gutes.

Welch eine Farbpalette bei den Zeichnungen im Spiel ist, zeigt das Bild des Armes mit dem Koi, der Lotusblüte und der Coladose, auf die Eckstein hier auf dem Foto gerade zeigt. Daneben liegt das Bild mit den Drachenklauen, das durch die blutrote Farbe an medizinische Bilder erinnert. Rechts ist der Anfang einer Zeichnung zu sehen, an der Eckstein gerade arbeitet. | Foto: Gerd Kaemper
Von der Schulterrundung bis kurz vor dem Handgelenk reichen die Zeichnungen, wie diese sehr technisch gehaltene.  | Foto: Gerd Kaemper
Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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