Wenn Mutter Beimer „Pumpernickelblut“ liest...
In einer Seniorenresidenz in Lippeneutrup, einem Fantasieort in den Lippe-Auen irgendwo zwischen Dorsten, Haltern und Dülmen, passieren seltsame Dinge. Denen gehen Bewohnerin Else Erpenbeck und die brandneue Belegungsmanagerin Anna Müller als Hobbydetektivinnen auf den Grund und begeben sich dabei sogar in Lebensgefahr. „Pumpernickelblut“ bietet Crime im Heim.
Wie man sieht, gibt es in „Pumpernickelblut“ eine Menge Frauengestalten, denn neben den beiden genannten kommen noch die „Grand Dame“ Margarete Schlachthauer, das versoffene Paulinchen oder auch die arme Frau Sutthoff vor. Damit gibt es jede Menge Sprechrollen für die als „Mutter Beimer“ berühmt gewordene Marie-Luise Marjan.
Herbert Knorr und Marie-Luise Marjan
Aber wie kommt der Gelsenkirchener Autor von „Pumpernickelblut“, Herbert Knorr, an die bekannte Schauspielerin? „Als einer der Festivalleiter von Mord am Hellweg hatte ich die Ehre Frau Marjan als Leserin für das Festival zu beschäftigen und so haben wir uns kennengelernt“, verrät Herbert Knorr.
„Es war beim `Mord am Hellweg´ im Jahr 2008. Wir hatten bei der Auftaktgala, die in einem Zirkuszelt und mit Artistik stattfand, einen italienischen Autor als Gast, der einen Mafia-Krimi vorstellte. Das Zelt war komplett ausgebucht, als der Autor plötzlich unbedingt noch zwei Plätze für seine Ehrengäste benötigte. Weil wirklich nichts mehr frei war, haben ein anderer Festivalleiter und ich unsere Plätze zur Verfügung gestellt und standen gerade am Eingang, als plötzlich eine echte Erscheinung in großer Abendrobe hereinrauschte und sich als Ehrengast des italienischen Autors entpuppte. Ich war so verdattert, dass ich Marie-Luise als `Mutter Beimer´ willkommen hieß“, erinnert sich Knorr.
Zwei Jahre später traf man sich wieder bei einer Lesung von Texten Edgar Allan Poes im Rahmen einer Halloween-Veranstaltung in der Warsteiner Brauerei und es folgten weitere Begegnungen im Laufe der Jahre.
Angesichts der Premierenlesung von „Pumpernickelblut“ fragte der Gelsenkirchener einfach einmal an und erhielt sofort einen positiven Bescheid, dass Marie-Luise Marjan gern dabei ist, wenn am Sonntag, 10. September, um 18 Uhr in der Kaue die Lesung stattfindet.
„Ich hatte ihr 150 Seiten zukommen lassen, damit sie sich ein Bild von der Geschichte machen konnte und sie hat sofort zugesagt. Jetzt gehen wir auf eine Tour und lesen in Bad Driburg, Unna, Bad Sassendorf und so weiter. Außerdem bin ich noch bei weiteren Lesungen allein unterwegs von der Nordseeküste bis nach Bayern“, schildert der Autor.
Allerdings ist Frau Marjan durch und durch Profi: „Wir habe ein richtiges Trainingslager absolviert, um auszuprobieren, wer was liest. Dazu habe ich dann eine spezielle Sprechversion des Buches vorbereitet, in der wir immer so sechs Minuten lesen und dann wieder wechseln. Marie-Luise hat mir übrigens auch ganz genau vorgeschrieben, was ich bei der Lesung anzuziehen habe, damit unser Outfit aufeinander abgestimmt ist“, lacht der Gelsenkirchener.
Aber er beschreibt sie auch als unglaublich herzlich, eben einfach so, wie sie als Mutter Beimer im Fernsehen rüber kommt.
Wie kommt man auf Crime im Heim?
„Das hat auch familiäre Hintergründe. Ich habe Pflegezusammenhänge kennengelernt und zwar zu Hause und im Heim und wurde auch immer mal wieder angesprochen, dass ich doch mal was übers Seniorenheim schreiben sollte. Außerdem gehe ich ja selbst auf die 70 zu, da muss man sich auch schon mal mit dem Alter auseinandersetzen. Auch wenn ich es mit Else Erpenbeck halte und 120 werden möchte. Dazu muss man aktiv bleiben und sich immer neue Ziele setzen. Das ist mir wichtig und darum steckt in jeder Figur in „Pumpernickelblut“ auch ein wenig von mir selbst. Denn ich merke auch wie wichtig es ist, mit zunehmendem Alter den Kontakt zu jungen Leuten nicht zu verlieren, ebenso wie Else den Kontakt zu Anna sucht“, verrät Herbert Knorr, der seit fünf Jahren in einer Ückendorfer Siedlung lebt, in der er umgeben ist von jungen Familien.
Und mal ganz ehrlich: Ältere Leute sind häufig Opfer von Betrügern und das bietet doch schon Krimi-Potenzial. Allerdings wäre Herbert Knorr nicht Herbert Knorr, wenn er nicht ausprobiert hätte, wie seine Idee bei Lesern ankommt.
„Ich war zu Gast in einem Krimi-Hotel in Nillesheim in der Eifel und habe dort ein paar Kostproben gelesen und zur Diskussion gestellt. Dabei handelte es sich um den gleichen Plot, aber eine härtere Darstellung des Heimalltags. Die Gespräche führten dazu, dass ich das Heim zu einer Residenz für betuchtere Senioren aufwertete und diese auch fitter darstellte“, berichtet der Autor.
Ansonsten lässt er schon viele Geschichten, die er selbst erlebte, aber auch von einer Nachbarin erfuhr, mit einfließen in seinen Krimi. Dabei sind natürlich alle Personen, Örtlichkeiten und Gegebenheiten frei erfunden.
So gibt es auch den Beruf der Belegungsmanagerin nicht: „Meine Nachbarin hat eine Kinderpflegeausbildung absolviert und konnte dann nach einer weiteren Fortbildung eine Heimleitung übernehmen, daran habe ich mich orientiert bei der Figur der Anna.“
Und auch wenn Lippeneutrup seiner Fantasie entsprungen ist, so kennt er sich in Westfalen aus, weil er als Kind häufig im südlichen Münsterland unterwegs war. Außerdem konnte die Geschichte, die er im Kopf hatte, nur im ländlichen Umfeld spielen.
Darum folgte Knorr auch nicht dem Rat seines Agenten mal einen Nordsee- oder Bayernkrimi zu schreiben: „Ich bin hier verankert, damit müssen die Leser leben. In Bayern oder Norddeutschland kenne ich den Menschenschlag nicht. Hier kenne ich die Typen und kann sie entsprechend gut beschreiben. So kann ich das Klischee des Westfalen mit Leben füllen.“
Um den älteren Herrschaften die passenden Worte in Platt in den Mund zu legen, hat sich Knorr extra ein Wörterbuch des Plattdeutschen zugelegt. Anders als in „Shit häppens“, der komplett in ruhrpöttisch daher kommt, lässt er nun nur die verwurzelten Westfalen platt reden.
Wer bei „Pumpernickelblut“ auf den Geschmack gekommen ist und gern wissen möchte, wie es weiter geht mit der Liebesgeschichte, die sich zwischen Anna und Kevin anbahnt, und ob Else ihrem Ziel, bis 120 zu leben, näher kommt, der darf sich freuen. Denn im Herbst 2019 soll der zweite Crime im Heim erscheinen, bei dem die Hobbydetektivinnen Else und Anna zur Karnevalszeit ermitteln.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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