Weihnachten International- Adventsserie im Stadtspiegel: Heute zu Gast in Portugal

Ein Teil der Großfamilie da Silva Carvalho José, Nic, Natacha, Leandro, Paula, Quim, Adriana (v. l. stehend), Ana, Maria, Ilda, José (v.l. sitzend), die auch in diesem Jahr mit der weiteren Familie gemeinsam Weihnachten feiern werden.
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  • Ein Teil der Großfamilie da Silva Carvalho José, Nic, Natacha, Leandro, Paula, Quim, Adriana (v. l. stehend), Ana, Maria, Ilda, José (v.l. sitzend), die auch in diesem Jahr mit der weiteren Familie gemeinsam Weihnachten feiern werden.
  • hochgeladen von Laura da Silva

Das Weihnachtsfest rückt immer näher. In unserer Adventsserie waren wir bereits zu Gast in Rumänien, Vietnam und Polen und konnten sehen, wie dort das Fest zu Ehren der Geburt Christi gefeiert wird. Am letzten Adventswochenende geht es nun in den tiefen Süden Europas, mit einem für mich sehr persönlichen Einblick in die portugiesische Weihnacht...

Vor 49 Jahren kam José da Silva Carvalho als Gastarbeiter aus dem Norden Portugals nach Gelsenkirchen. Sieben Jahre später zogen auch seine Familie, das sind seine Frau Maria und ihre fünf gemeinsamen Kinder Ana, José, Paula, Ilda und Cristina, in unsere Stadt. Die älteste Tochter Ana war gerade elf, die jüngste Cristina drei.

Sie erinnern sich kaum noch an die Weihnacht in Portugal, ihre Eltern dafür umso besser: „Weihnachten ist in Portugal das wichtigste Fest des Jahres. An diesem Tag musste ich nicht arbeiten und es wurde mit der Familie gegessen, getrunken und gesungen. Auf den Tisch kam immer Bacalhau frito (frittierter Stockfisch) mit Zucker und als Nachspeise gab es Rabanadas (ähnlich dem deutschen Armer Ritter, gebratenes Weißbrot mit Zucker und Zimt) und Letria (eine Süßspeise aus Fadennudeln)“, erinnert sich Vater José da Silva Carvalho. Außerdem ging er als Kind mit Freunden von Tür zu Tür und sang Weihnachtslieder, während andere Gitarre, Akkordeon oder Querflöte spielten. Dieses singende Umherziehen ist in vielen Gegenden Portugals an Heiligabend typisch. Genau wie der Verzehr von Stockfisch in verschiedensten Formen.

Auch bei seiner Frau Maria gehörte der Fisch Heiligabend stets zum Menü: „Wir hatten immer gebackenen Bacalhau, dazu Kartoffeln und Kohl. Am Nachmittag haben wir schon Rabanadas gemacht. Und mein Vater hat nach dem sehr frühen Tod meiner Mutter immer getrocknete Feigen und einen großen Bolo Rei (Königskuchen mit getrockneten Früchten) aus Porto mitgebracht. Der Kuchen war unser Weihnachtsgeschenk. Wir haben uns immer sehr gefreut. Bei sieben Kindern war er dann auch schnell verputzt. Am ersten Weihnachtstag gab‘s die Reste vom Vortag oder manchmal Fleisch. Bis heute mache ich auch in Deutschland Heiligabend und am ersten Weihnachtstag das traditionelle portugiesische Weihnachtsessen.“
Und dazu zählen bei vielen Familien neben Stockfisch, den Nachspeisen Rabanadas, Letria und Bolo Rei, auch noch Truthahn, Möhren- oder Kürbiskrapfen und Nüsse. Und natürlich darf auch der Portwein auf keiner festlichen Tafel fehlen.

„Bis heute mache ich auch in Deutschland Heiligabend und am ersten Weihnachtstag das traditionelle portugiesische Weihnachtsessen..“ Oma Maria da Silva Carvalho

Traditionell geht es Heiligabend in Portugal zur Mitternachtsmesse, auf vielen Plätzen vor der Kirche wird ein Baumstamm verbrannt, der den Besuchern vor und nach der Andacht Wärme spenden soll. In vielen Gegenden singen die Menschen gemeinsam rund um das Feuer Lieder. Außerdem bringen sie Gaben wie Brot, Milch oder Käse mit, die sie in der Kirche an der Krippe für das Jesuskind niederlegen. „Jeder küsst der Figur des Christkindes dann die Füßchen“, fällt Maria da Silva Carvalho ein, die in Gedanken versunken dasitzt und während sie sich erinnert, stets ein Lächeln auf den Lippen, aber auch Tränen in den Augen hat.

Die Geschenke werden erst am Morgen des 25. Dezembers geöffnet. In der Nacht kommt das Christkind (Menino Jesus) und legt sie unter den geschmückten Weihnachtsbaum. Der Weihnachtsmann (Pai Natal) ist in Portugal weniger populär. Und der Weihnachtsbaum ist meist keine Tanne, sondern eine Pinie, da diese dort scharenweise wachsen. „Wir haben den Baum meist mit kleinen Schokoladenpäckchen geschmückt“, sagt der 52-jährige Sohn in freudiger Erinnerung.
Die Tradition des Geschenke öffnens am Weihnachtsmorgen hat den Kindern immer besonders gefallen: „Es war immer so spannend, abends haben wir unsere Stiefel unter den Weihnachtsbaum gestellt und am nächsten Morgen waren sie dann gefüllt, mit kleinen Geschenken und Süßigkeiten“, entsinnt sich die heute 49-Jährige Ilda und ihr Bruder fügt lachend hinzu: „Wir haben sogar mit Taschenlampen geschlafen und sind nachts immer gucken gegangen, ob etwas da ist. Wir waren so neugierig und manchmal haben wir die Geschenke schon vorher entdeckt, dann war klar: das Christkind ist Mama oder Papa.“ „Am meisten habe ich mich mal über eine graue Strumpfhose gefreut, das werde ich nie vergessen“, ergänzt die 51-Jährige Paula.

Und die älteste Schwester Ana schließt gerührt ab: „Egal wie eng es in der Wohnung war, wir hatten immer einen kleinen Baum, immer eine große Tafel mit Weihnachtsessen und für jedes von uns Kindern ein Geschenk. Heute haben sich unsere Traditionen mit denen in Deutschland verbunden. Seit wir selbst Kinder haben, gibt es die Geschenke schon Heiligabend nach dem Essen. Und auch die Menge an Präsenten ist erheblich gestiegen.“
Und wer es vielleicht schon vermutet hat, behält Recht, bei dieser Weihnachtsgeschichte handelt es sich um meine eigene Familie.
Somit, Feliz Natal (Frohe Weihnachten) für Portugal, Deutschland und den Rest der Welt!

Ein Teil der Großfamilie da Silva Carvalho José, Nic, Natacha, Leandro, Paula, Quim, Adriana (v. l. stehend), Ana, Maria, Ilda, José (v.l. sitzend), die auch in diesem Jahr mit der weiteren Familie gemeinsam Weihnachten feiern werden.
Rabanadas (unten rechts), Bolo Rei (Mitte, noch eingepackt), Letria (rechts hinter Rabanadas) und viele andere Weihnachtsleckereien.
Autor:

Laura da Silva aus Gelsenkirchen

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