Weihnachten International - Adventsserie im Stadtspiegel: Heute zu Gast in Polen
In unserer Adventsserie sind wir zuletzt weit weg nach Südvietnam gereist und durften einen Blick in das Weihnachtsfest der aus Vietnam stammenden Gelsenkirchener Familie Tong werfen. Diesmal ist der Weg nicht so weit, denn auch unsere polnischen Nachbarn feiern die Geburt Christi mit besonderen Bräuchen...
Doch bereits zwischen der Feier im polnischen Teil der Provinz Schlesien und dem Rest von Polen gibt es Ungleichheiten. „Einige Traditionen haben wir gemeinsam, aber es gibt auch Unterschiede, zum Beispiel beim Essen“, erklärt die Oberschlesierin Maria Jarominiak. Mit fast drei Jahren kam die jetzige Lehrerin mit ihrer Familie nach Gelsenkirchen. Ihr polnischer Mann Simon war fünf, als er übersiedelte.
„Zu den Gemeinsamkeiten zählt auf jeden Fall das Herrichten des Tisches. Unsere Familien decken stets für einen unbekannten Gast mit, der zufällig vorbeikommen könnte. Diese Tradition geht auf die biblische Geschichte von Maria und Joseph zurück, die einen Platz in einer Herberge suchten. Auf so einen Besuch wollen wir quasi immer vorbereitet sein. Gleichzeitig gedenkt man mit dem zusätzlichen Gedeck den Verstorbenen“, erzählt die 32-Jährige.
Desweiteren wird etwas Heu und ein Geldschein unter die Tischdecke gelegt, diese stehen symbolisch für eine gute Ernte und Geldsegen im nächsten Jahr. Vor dem Essen wird gebetet und eine geweihte Oblate als Zeichen der Freundschaft, der Liebe und des Friedens mit allen Gästen am Tisch geteilt. „Unser Fest ist sehr katholisch“, schmunzelt die Oberschlesierin.
Beim Menü entfernen sich die Sitten dann voneinander. „Bei der Familie meines Mannes gibt es immer zwölf Gerichte, diese stehen sinnbildlich für die zwölf Apostel Jesu und die zwölf Monate eines Jahres.“ Vor den zwölf Hauptspeisen, die Heiligabend immer fleischlos sind und daher aus viel Fisch und Gemüse, vor allem Kraut bestehen, gibt es immer noch eine Suppe, meist Barszcz (Rote-Beete-Suppe). Auch im schlesischen Teil Polens verzichten die Katholiken am heiligen Abend auf Fleisch. „Bei uns gibt es immer Karpfen. Der Fisch wird für das Weihnachtsessen komplett verwertet. Aus dem Kopf wird zum Beispiel eine Suppe gemacht. Dazu gibt es Kartoffeln und meine Mama hat immer fünf verschiedene Krautsorten gemacht und zum Nachtisch leckeren Makowiec (polnischer Mohnstrudel)“, erinnert sich Maria Jarominiak und erzählt weiter: „Die Kinder dürfen auch erst nach dem Gebet am Ende der Mahlzeit aufstehen.“
Ja, richtig verstanden, in Polen wird in vielen Familien bei Tisch sogar zwei mal gebetet.
Dann gibt es Geschenke und es werden Weihnachtslieder gesungen, anschließend geht es zur Christmette in die Kirche. „Die Mitternachtsmesse ist zwar Tradition, aber wir gehen meist schon vor dem Essen in die Kirche. Gerade als meine Schwestern und ich klein waren, haben wir es gar nicht ausgehalten so lange wach zu bleiben. Dabei hat meine Mama immer erzählt, dass alle Tiere Heiligabend um Mitternacht für eine kurze Zeit sprechen können. Das war total spannend für mich, aber eingeschlafen bin ich trotzdem“, lacht die Lehrerin, die heute selbst Mutter eines zehnjährigen Mädchens, Paulina, ist.
„Auch Weihnachten gehört ein Glas Wodka zum Essen dazu.“
Maria Jarominiak
Auch die beiden folgenden Weihnachtsfeiertage sind in ganz Polen und somit auch für viele polnische Familien in Deutschland für die Familie reserviert. „Bei uns geht es schon beim Frühstück wieder los. Wir essen die Reste vom Vortag und gehen wieder in die Kirche.“
Dann gibt es bei Familie Jarominiak auch Fleisch. Auf der polnischen Seite meist Gänsekeule, auf der schlesischen Kalbsbraten mit Klößen. „Und natürlich darf bei uns auch der Alkohol nicht fehlen. Ganz dem Klischee entsprechend fließt auch an Weihnachten bei uns der Wodka“, grinst die 32-Jährige.
Somit, Wesołych Świąt (Frohe Weihnachten) für Polen, Deutschland und den Rest der Welt! Die ganze Serie gibt es unter lokalkompass.de/globalxmas.
Autor:Laura da Silva aus Gelsenkirchen |
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