„Reisegefährten“ am MPG
„Reisegefährten“ erzählt eine Collage aus vielen Geschichten, von denen einige wahr und andere erfunden sind, um daran zu erinnern, dass Menschen verschiedener Kulturen und Herkunftsländer sehr viel mehr verbindet als trennt. Ihnen allen sind Träume, Ängste, Ideen und Ziele sehr viel ähnlicher als wir glauben. Was alle Menschen verbindet ist die Tatsache, dass sie mit ihrer Geburt auf eine Reise gehen, die sich Leben nennt und deren Ziel sie oft nicht selbst bestimmen können.
Persönliche Schicksale statt Daten und Frust
Die Debatte über Geflüchtete und deren Verbleiben oder eben auch nicht in Europa und gerade auch Deutschland, brachte Christian Fischer, der am Max-Planck-Gymnasium Deutsch unterrichtet, auf die Idee mit seiner Internationalen Förderklasse und weiteren Schülern ein Theaterstück auf die Bühne zu bringen, das einzelne Schicksale Geflüchteter skizziert.
„Die Debatte über geflüchtete und nach Europa eingewanderte Menschen wird in der Politik oft so geführt, als würde es sich hier nur um reine Kosten- und Störfaktoren, um Probleme, um Zahlen handeln, auf die mit Panikmache und Schwarzmalerei, Populismus und geschlossenen Grenzen reagiert wird. Was oft vergessen wird: Es handelt sich um Menschen - Frauen, Männer und Kinder. Menschen, die nicht nach Europa kommen, weil sie mal einen Tapetenwechsel brauchen, sondern weil sie keinen anderen Ausweg sehen. Weil sie zufällig in einem Land geboren wurden, in dem Krieg, Terror, politische oder religiöse Verfolgung, Armut herrscht oder es keine Chancen für sie geht“, mit diesen Worten beschreiben Projektleiterin Katja Fischer und Organisator Christian Fischer das Stück.
Schüler entwickeln Szenen und Choreographien
Der Lehrer gibt zu bedenken, dass jeder der 25 Schüler, die auf der Bühne agieren, eine eigene Geschichte hat, der deutsche ebenso wie der internationale. „Die Szenen, die in Reisegefährten gezeigt werden, stammen von den Schülern. Sie haben ihre Ideen eingebracht und mit der Unterstützung der Theaterpädagogin Katja Fischer ein Theaterstück daraus entwickelt“, schildert Chistian Fischer.
Ermöglicht wurde dieses Projekt durch eine großzügige Unterstützung des Internationalen Unternehmer Verbandes Ruhrstadt (IntUV) und des Musiktheater im Revier. Die Schirmherrschaft hat Oberbürgermeister Frank Baranowski übernommen. Im Rahmen eines Gala-Abends hatten geladene Gäste die Gelegenheit eine Kostprobe des Stückes zu genießen.
Ermöglicht durch den Internationalen Unterverband Ruhrstadt
Der Vorsitzende des IntUV Attila Öner dankte nicht nur Christian Fischer, der ihn bei seiner beharrlichen Suche nach Unterstützern für das Projekt begeistert hatte, sondern auch allen Mitgliedern und dem Vorstand des Unternehmerverbandes, die er für das Projekt begeistern konnte. Denn ähnlich wie der IntUV präsentieren sich auch die Schüler auf der Bühne als eine Mischung aus deutschen und internationalen Menschen.
Bürgermeisterin Martina Rudowitz zeigte sich begeistert über diesen Weg der Integration. „Es ist eine tolle Sache, dass die jungen Leute ihre Erlebnisse auf die Bühne bringen. Und als Aufsichtsratsvorsitzende des Musiktheaters im Revier, bin ich stolz, dass das MiR sich in ein solches Projekt einbinden lässt.“
Spracherwerb als Weg zu Integration
Die Idee hinter dem Projekt, das natürlich die Idee hat aufzurütteln und sensibel zu machen für die Schicksale der einzelnen Menschen, die zu uns gekommen sind, lobt Martina Rudowitz mit den Worten: „Spracherwerb ist wichtig für die Integration. Aber Sprache ist auch Identifizierung, dabei geht es um mehr als nur das Benutzen von Worten, es geht um die Art wie die Worte benutzt werden. Dieses Projekt vermittelt den Schülern nicht nur die deutsche Sprache, es hilft ihnen auch in dieser neuen Sprache authentisch zu bleiben in ihrer eigenen Identität, indem sie ihre Geschichte erzählen können.“
Als einen Beschenkten fühlte sich MiR-Generalintendant Michael Schulz: „Als vor mehr als einem Jahr die Anfrage von Christian Fischer kam, ob wir uns vorstellen könnten, das Projekt zu unterstützen, sagte ich unter der Prämisse. dass es nichts kosten darf gerne zu. So wurden wir hier zu Beschenkten, die ein lang angedachtes Projekt verwirklichen konnten.“ Der Intendant sieht sein Haus als eine kulturelle Keimzelle, die auf diesem Weg etwas zurück geben kann an die Stadtgesellschaft.
MPG-Schulleiter lobt frühes Handeln der Stadt
Schulleiter Thomas Heinrichs freute sich, dass durch „Reisegefährten“ die Leitsätze des IntUV „Gemeinsam wirken“ und des Max-Planck-Gymnasiums (MPG) „Vielfalt förder Vielfalt“ eine Verbindung eingehen. Heinrichs lobte, dass in Gelsenkirchen bereits früh damit begonnen wurde, die Neubürger aktiv in die Gesellschaft und die Kinder in die Schulen zu integrieren.
Er erinnerte daran, dass bereits seit 2014 am MPG Internationale Förderklassen ins Leben gerufen wurden, die den neuen Kindern in der Stadt gleichermaßen Teilhabe, das Recht auf Bildung und auch Kontakte zu den hier lebenden Kindern ermöglichen sollten. „Ganzheitlich und doch spielerisch die Sprache lernen, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, das wird die mit diesem Projekt gefördert und gelebt“, freute sich der Schulleiter.
Ein Stück von Ängsten und Sorgen, Freude und Festen
Auf der Bühne erzählen die Schüler im Alter von zehn bis 18 Jahren unterschiedliche Geschichten. Da gibt es den vergessenen Koffer am Bahnhof, der zu verschiedensten Reaktionen führt. Die Helikopter-Eltern, die ihre Kinder keine Sekunde aus den Augen verlieren dürfen und dann die Eltern, die aus Angst um ihre Kinder die Heimat verlassen und sich in eine ungewisse Zukunft begegeben. Und doch sind die Kinder alle gleich: Sie brauchen Freunde, sie möchten feiern, lachen, lernen und eine Zukunft vor Augen haben, in denen keine Gefahr für ihr junges Leben zu befürchten ist.
So erzählte ein Mädchen diese Geschichte: „Ich bin 13 Jahren alt und ich mag zeichnen und Musik. Ich bin in Afghanistan aufgewachsen und man weiß nie, was als nächstes passiert. Es ist staubig dort und heiß, es gibt wenige Bäume und schlechte Luft und ich war oft krank. Wir haben mit 18 Personen in einer Wohnung gelebt. Aber trotzdem vermisse ich Kabul. Meine Mutter sagt, dass es vor 40 Jahren noch ganz anders war. Es gab viel Arbeit, die Frauen mussten keine Kopftüchter tragen und es herrschte Religionsfreiheit. Von Kabul nach Gelsenkirchen zu kommen war für sie als wäre sie in einen Fluss gefallen und könnte nicht schwimmen. Frauenrechte hin oder her, Kabul war ihr Platz zum Leben.“
Nicht verpassen: Am 20. Juni um 19 Uhr im MPG
„Reisegefährten“ wird im Max-Planck-Gymnasium an der Goldbergstraße 91 am heutigen Mittwoch, 20. Juni, um 19 Uhr und am Donnerstag, 21. Juni, um 10.15 Uhr in voller Länge aufgeführt.
Die Eigenproduktion wurde von den Schülern des MPG inszeniert und choreographiert.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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