Offener Brief von Kultur- und Theaterschaffenden im Ruhrgebiet zum zweiten Lockdown
„Ratlos und wütend“

MiR-Generalintendant Prof. Michael Schulz zeigt sich ebenso wie die Leiter anderer Häuser im Ruhrgebiet enttäuscht über das Vorgehen der Politik.
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  • MiR-Generalintendant Prof. Michael Schulz zeigt sich ebenso wie die Leiter anderer Häuser im Ruhrgebiet enttäuscht über das Vorgehen der Politik.
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Mit Prof. Michael Schulz, Johan Simons, Florian Fiedler und Prof. Rasmus Baumann melden sich die Intendanten des Musiktheater im Revier, Schauspielhaus Bochum, des Theater Oberhausen und der Neuen Philharmonie Westfalen mit einem offenen Brief zu Wort, um ihrem Unverständnis über die erneute Schließung ihrer Häuser im Rahmen des zweiten Lockdown Luft zu machen.

Die Kultur- und Theaterschaffenden sind sich dabei durchaus ihrer „großen Verantwortung bewusst, die wir für die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für unsere Besucherinnen und Besucher haben“ und sie betonen: „Aus den Theatern ist bisher kein Fall bekannt, in dem sich ein Zuschauer aufgrund seines Theaterbesuches infiziert hat.“
Vielmehr führen sie ins Feld, dass ihre Bemühungen der letzten Monate gezeigt haben, „dass sorgfältig ausgeführte Hygiene- und Abstandskonzepte 100 prozentige Nachverfolgbarkeit aller Kontakte extrem leistungsfähige Belüftungsanlangen dazu geführt haben, dass von den Theatern im Ruhrgebiet keine Gefahr für Ihre und unsere Gesundheit ausgeht und ein Theaterbesuch Sicherheit bietet.“

Dankbare Besucher sind selbst vorsichtig

Das wurde ihnen von den Besuchern honoriert, die dieses Engagement „mit guter Laune und großer Dankbarkeit anerkannt“ haben. Darüber hinaus haben die Kulturfreudigen ihrerseits Maßnahmen ergriffen, um „einen Raum offen zu halten, in dem Sie sich als fühlende und denkende Menschen im Austausch mit anderen erleben können. Theater sind Diskursorte und somit Ausdruck des freien Willens und Denkens, des Austausches und der Meinungsbildung.“ Denn wie die Intendanten betonen, haben sich die Zuschauer „verantwortungsvoll und präventiv“ entschieden, Busse und Bahnen zu meiden und stattdessen zu Fuß, per Rad oder Auto zu den Theatern zu kommen.
Umso mehr betonen Schulz, Simons, Fiedler und Baumann: „Es macht uns ratlos und wütend, tatenlos zusehen zu müssen, wie die Kulturräume in einem Handstreich ohne hinzusehen, ohne gehört zu werden und ohne parlamentarisches Mandat trotz aller erfolgreichen Anstrengungen zum zweiten Mal geschlossen wurden. Uns Kultur- und Theaterschaffenden fehlt inzwischen das Verständnis für den Entzug des, wie Herr Weizsäcker völlig richtig formuliert, „Lebensmittels“ Theater für die Gesellschaft, der Streichung kultureller Teilhabe und der bloßen Degradierung des Theaters auf verzichtbare Publikumsbespaßung, der gleichzeitigen Nennung mit Bordellen in einem Atemzug.“
Die Theater- und Kulturmacher geben zu bedenken: „Wir verstehen uns als Orte der Lebendigkeit, als Rettungsinseln in einer Zeit, die jedem einzelnen so viel abverlangt. Wir hätten uns politischen Gestaltungswillen gewünscht, welcher der zunehmenden Vereinsamung alles entgegensetzt, was entgegenzusetzen ist: einen wichtigen Ort der Lebendigkeit.“
Natürlich setzen alle Häuser ihre Arbeiten während des Lockdowns entsprechend ihrer Möglichkeiten hinter den Kulissen weiter fort und bereiten sich darauf vor, im Dezember wieder für ihre Besucher zu spielen.

MiR-Generalintendant Prof. Michael Schulz zeigt sich ebenso wie die Leiter anderer Häuser im Ruhrgebiet enttäuscht über das Vorgehen der Politik.
 Generalmusikdirektor Prof. Rasmus Baumann schließt sich dem Unverständnis der Intendanten an und gehört ebenfalls zu den Unterzeichnern des offenen Briefes.
Autor:

Lokalkompass Gelsenkirchen aus Gelsenkirchen

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