Premiere für Alex und das MiR
Als Sehender kann man sich kaum vorstellen, wie es sein muss, eine Oper zu besuchen, aber nur den Klang der Stimmen und der Musik zu erleben. Das Ganze muss sich ein wenig anfühlen, als ob man eine CD hört, denn das Bühnengeschehen bleibt den Blinden ja vorenthalten. Damit ist jetzt Schluss, jedenfalls im MiR und bei ausgewiesenen Produktionen.
Von Silke Sobotta
GE. Seit November gibt es im Musiktheater im Revier einen NRW-weit einzigartigen Service: die Hör-Oper. Mit Hilfe der Audiodeskription werden die visuellen Vorgänge des Bühnengeschehens von ausgebildeten Sprechern erklärend kommentiert und somit lebendig erfahrbar gemacht. Der Stadtspiegel besuchte die Hör-Oper „Hänsel und Gretel“ und sprach darüber mit der Blinden Christa Ufermann, die sich über gleich zwei Premieren freute. Einmal die für ihren Führhund Alex, der das erste Mal im Theater war und zum zweiten für das MiR, das noch nie einen vierbeinigen Besucher hatte.
Christa Ufermann besuchte einen der 36 im Musiktheater integrierten Hörplätze und bekam das Bühnengeschehen von der ausgebildeten Sprecherin Sylvie Ebelt quasi „aufs Ohr“. Im Vorfeld hatte sich die Mülheimerin schon die Einführung zur Oper durch die Dramaturgin Juliane Schunke angehört.
Dazu erhielt sie auch ein Programmheft in Brailleschrift, das Einzelheiten zu Michiel Dijkemas „Hänsel und Gretel“ - Inszenierung vermittelt und das Serviceangebot der Hör.Oper am MiR für blinde und sehbehinderte Menschen komplettiert.
„Für mich war es ein ganz neues Erlebnis, weil ich bisher nur von einer Begleitperson das Bühnengeschehen souffliert bekommen habe. Das war sehr beeindruckend“, freute sich die von Geburt an blinde 66-Jährige. „Es wurde sogar am Ende souffliert, wer und welcher Reihenfolge nach dem Vorhang noch einmal auf die Bühne kam.“
Und dabei weiß Christa Ufermann wovon sie redet, denn die quirlige Dame besucht gern Konzerte, wie das von André Rieu in der Arena Oberhausen, oder auch Theaterstücke. Aber eben nur mit Begleitung und deren Hilfe bei der visuellen Darstellung.
Dank der Audiodeskription erfuhr sie nun aber auch aus erster Hand, dass das Bühnenbild sehr modern war: „Das ganze Stück war wirklich sehr gut gemacht. Die Stimmen und die Musik waren hervorragend, nur das Bühnenbild war ganz anders als erwartet. Es war gewöhnungsbedürftig zu erfahren, dass statt der gewohnten Bäume im Wald, Besteck zu sehen war.“
Und da alles so gut geklappt hat, denn für Alex, den die Mülheimerin seit nicht einmal einem halben Jahr als neuen Führhund hat, nachdem ihr langjähriger Weggefährte verstorben ist, war es auch eine neue Erfahrung, die er aber sehr gut gemeistert hat.
„Das zeigt mir, dass er auch mit dieser Situation gut klar kommt und ich ihn nun häufiger mitnehmen kann ins Theater oder auch Musiktheater“, freut sich Christa Ufermann, die von Beate Supianek, der Projektleiterin für die Hör-Oper schon in Kenntnis gesetzt wurde, dass es im neuen Jahr auch „Anatevka“ und „Zar und Zimmermann“ mit Audiodeskription geben wird.
Übrigens hätte die 66-Jährige auch auf Alex verzichten können, denn sie hatte eine Begleitperson dabei. Aber: „Ich habe ihn schon allein aus öffentlichkeitswirksamen Gründen mitgenommen. Es sollte auch den anderen Besuchern klar werden, dass auch Führhunde Zutritt haben. Einer muss eben in die Bresche springen und solche Zeichen setzen. Damit habe ich kein Problem und mache es gern.“
Über den Besuch von Alex zeigte sich auch Beate Supianek begeistert: „Damit sind wir wieder einen Schritt weiter in Richtung Integration und können unsere Barrierefreiheit selbst überprüpfen.“
Von diesem Erlebnis wird Christa Ufermann sicher noch eine Weile zehren. Dabei hilft ihr dann das Programmheft in Brailleschrift, um die Erinnerung wieder aufleben zu lassen. Ansonsten freut sie sich schon auf die nächste Nachricht von Margret Gajewski, der Vorsitzenden des Gelsenkirchener Blinden- und Sehbehindertenvereins, die sie über weitere Hör-Oper-Produktionen am MiR auf dem Laufenden halten wird.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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