Premiere der Passionsfestspiele in Gelsenkirchen

Ticket-Reservierungen„Die Passion“ - Der Beginn einer Tradition?
­Jesus (Jesse Krauß) am Kreuz. Foto: Gerd Kaemper Gelsenkirchen: ev. kirche rotthausen | Mit sakralen Gesängen wurden die Besucher auf das Passionsspiel eingestimmt. Und auch wenn die Geschichte bekannt war, so wusste wohl keiner der Anwesenden, was ihnen bei dieser von Laien-Darstellern gespielten Ruhrgebiets-Passion erwarten würde. Enttäuscht worden sein, dürfte niemand.
Selbst Skeptiker wurden vom Geschehen mitgerissen

Vielleicht handelt es sich bei dieser Passion nicht um die erste in Gelsenkirchen, vielleicht auch nicht um die erste in einer Kirche aufgeführte, auf jeden Fall handelt es sich aber um ein nachhaltig beeindruckendes Passionsspiel, dem es gelingt selbst Skeptiker in seinen Bann zu ziehen.
Während sich in der ganzen Republik die verschiedenen Parteien zu ihrem politischen Aschermittwoch trafen, fand man sich in Gelsenkirchen in der Evangelischen Kirche an der Steeler Straße 48 zusammen, um sich mit der „Passion“ auf die Fastenzeit und das bevorstehende Osterfest einzustimmen.

Kostümbildner kannten kein Erbarmen
Angesichts der winterlichen Temperaturen beneidete wohl kein Zuschauer die Darsteller um ihre Bekleidung. Denn das Volk, die Hohen Priester, die Jünger, die Römer, die anderen bekannten Protagonisten und nicht zuletzt natürlich Jesus selbst sind in die ihren Rollen entsprechenden Gewänder gehüllt und tragen passend dazu „Jesus-Latschen“, wie man hier im Pott zu den leichten Sandaletten sagt.

Das Geschehen wird durch eine Erzählerin erläutert
Eine Erzählerin führt die Zuschauer in die biblische Geschichte ein und nimmt sie mit auf die Reise in die Zeit des Passahfestes zu Lebzeiten Jesu Christi. Johannes der Täufer ruft die Menschen auf, sich den Geboten Gottes zu unterwerfen und sich von ihm taufen zu lassen. Und selbst Gottes Sohn empfängt die Taufe durch Johannes. Die Geschichte nimmt ihren Lauf: Jesus wird vom Volk „Hosianna“ gepriesen, er heilt Blinde und Lahme und vertreibt die Händler aus dem Tempel, der „ein Bethaus statt einer Räuberhöhle“ sein sollte.

Als er verkündet, dass man den Tempel niederreissen sollte und er würde ihn in drei Tagen wieder erstehen lassen, wird der Hohe Rat auf ihn aufmerksam und sein Schicksal nimmt seinen bekannten Lauf.
Die Sache mit dem Stein
Als das Volk die Ehebrecherin Maria Magdalena durch die Gassen jagt und steinigen möchte, bezieht Jesus die Zuschauer mit ein, bietet ihnen einen Stein an und fordert sie auf: „Der werfe den ersten Stein, der frei ist von Sünde“.
Dass der so angesprochene Zuschauer tatsächlich nach dem Stein griff, dürfte so nicht im Drehbuch gestanden haben.

Judas und Pontius Pilatus mit besonderem Stellenwert
Der hier dargestellte Judas will in dem Passionsspiel Jesus dazu bringen, die Besatzer, die Römer, aus Israel zu vertreiben und ein neues Reich zu errichten. In seiner Verblendung verrät er Jesu an den Hohen Rat, was er bitter bereut als er sieht, dass sich Jesus opfert, anstelle die Römer zu vertreiben.
Als Jesu im Garten Gethsemane seinen Vater bittet, den Kelch an ihm vorüber gehen zu lassen und anschließend das Vaterunser anstimmt, geht Betroffen- und Ergriffenheit durch die Reihen des Publikums.

Unter der Regie von Elmar Rasch wird Pontius Pilatus zum Zweifler, der die Meinung des Hohen Rates bezüglich der Schuld Jesu nicht teilen mag. Er will nicht seine Macht als Stadthalter nutzen, um sich in religiöse Streitigkeiten verwickeln zu lassen. Der hohe Rat Kaiphas muss ihn regelrecht nötigen, Jesu zum Tode am Kreuz zu verurteilen und statt seiner den Mörder Barabas zu begnadigen.

Doch allen Zweifeln zum Trotz unterwirft sich Pilatus wider besseren Wissens dem ihm drohenden Kaiphas.
Man kennt die Geschichte und ist ergriffen sie leibhaftig zu sehen
Und so kommt es wie es die Bibel vorher sagt: Jesu wird gegeißelt und erniedrigt, er muss sein Kreuz durch die Gassen tragen und wird auf dem Berg Golgatha gekreuzigt und erfüllt damit den Willen Gottes, seines Vaters.
Höchst ergreifend ist dabei die Szene, als Maria die Leiche ihres Sohnes beklagt. Der wiederauferstande Jesu erscheint Maria Magdalena in dieser Passion als Licht, das zu ihr spricht.

Die Darsteller aus dem Ruhrpott können stolz sein
Und während das Publikum der Darbietung Standing Ovations zollt, ertönt hinter der Kanzel ein Freudenschrei der Darsteller, die die Premiere erfolgreich hinter sich gebracht haben und nun die endgültige Sicherheit über ihr Können erlangt haben.

Jesse Krauß verinnerlicht seine Rolle als Jesus
Wenn man bedenkt, dass es zu diesem Passionsspiel lediglich eine Hand voll Casting-Termine gab, kann man den Regisseur nur beglückwünschen für seine gute Auswahl. Ohne die Darbietung von Jesse Krauß als Jesus wäre die Passion kaum vorstellbar. Denn dem Gelsenkirchener ist die Rolle nicht nur optisch regelrecht auf den Leib geschrieben, er füllt sie so sehr mit Leben, dass es den Zuschauern Gänsehaut bereitet.

Darüber zeigt sich auch Regisseur Rasch beeindruckt und stolz: „Jesse hatte bis zum Casting noch keinerlei Bühenerfahrung und spielt so professionell wie manch ein alter Hase es nicht besser könnte.“
Der von der Unschuld Jesu überzeugte Pilatus, der nur durch Drohungen Kaiphas einknickt und dem ganz und gar nicht wohl dabei ist, ist mit Jens Dornheim ebenso vortrefflich besetzt, wie der fanatische Johannes der Täufer mit Marlon Bösherz. Judas Verrat wirkt in dieser Passion eher als eine politische Fehleinschätzung als eine böse Absicht und wird durch Alexander Welp sehr schön präsentiert.

Hoher Besuch bei der Premiere
Zur Premiere machte sich Lex Houba, der Verwalter der Euro-Passion, „der alles verwaltet was in Europa Passion ist,“ wie Elmar Rasch erläutert, aus Tegelen in den Niederlanden auf den Weg nach Rotthausen, um die hiesige Passion zu sehen und zeigte sich angetan.
Hier geht es zur Bildergalerie "Passion" vom Stadtspiegelfotografen Gerd Kaemper

Autor:

Elmar Rasch aus Gelsenkirchen

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