Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf berichtet von einer verdammt schwierigen Zeit
Klaus-Peter Wolf und der Shutdown

 Die roten Hosenträger sind ein Markenzeichen von Klaus-Peter Wolf bei seinen Lesungen, wie hier mit seiner Frau Bettina Göschl und Gunnar Peschke am Bass im Musiktheater im Revier. Kein Wunder, dass seine Fans inzwischen auch damit zu den Lesungen auftauchen. Archivfoto: Gerd Kaemper
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  • Die roten Hosenträger sind ein Markenzeichen von Klaus-Peter Wolf bei seinen Lesungen, wie hier mit seiner Frau Bettina Göschl und Gunnar Peschke am Bass im Musiktheater im Revier. Kein Wunder, dass seine Fans inzwischen auch damit zu den Lesungen auftauchen. Archivfoto: Gerd Kaemper
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Der in Gelsenkirchen geborene und aufgewachsene Krimi-Autor Klaus-Peter Wolf ist in der Regel an mehr als 200 Tagen im Jahr auf Lesereise. Auch in diesem Jahr war auf seiner Homepage nachzulesen, wie er quer durch die Republik unterwegs sein sollte, um seine Fans mit seinen Lesungen zu beglücken. Aber: „Dann kam das Scheiß-Virus“, wie Wolf aus tiefstem Herzen beklagt.

Eigentlich sollte ein wirklich turbulentes Jahr vor dem von seinen Fans innig geliebten Autor liegen. Es standen so viele Lese-Auftritte an, dass Klaus-Peter Wolf sogar die Tradition seiner Buch-Premiere in Norden nicht mehr in den Terminplan passte. Nach Gelsenkirchen kommt der Autor mit seiner Gattin Bettina Göschl erst am 12. September, was in Corona-Zeiten ein Lichtblick ist, denn bis dahin könnte das Leben wieder seinen gewohnten Gang gehen. Damit seinen Fans die Zeit in der „von oben“ verordneten Isolation nicht zu lang wird, meldet er sich im Stadtspiegel zu Wort und berichtet davon, wie ihn Corona „kalt erwischt“ hat.

Und damit erteilen wir Klaus-Peter Wolf das Wort:

„Ja, dies sind verdammt schwierige Zeiten. Bettina und ich waren auf einer großen Tournee und haben uns mächtig auf die literarisch-musikalischen Abende und die Begegnungen mit den Fans gefreut. Dann kam das Scheiß-Virus.
Wir haben zunächst noch weitergemacht und Veranstaltungen mit 300, 400 Menschen durchgezogen, die jeweils vorher mit den örtlichen Gesundheits- und Ordnungsämtern abgestimmt wurden. Die letzte Veranstaltung von uns, am 11. März, war in Bad Rothenfelde. Es war ein wunderbarer Abend, Fans saßen mit den 'Klaus-Peter-Wolf'- und 'Ich bin Ostfriesenkrimi-Fan'-T-Shirts da, viele Männer waren mit roten Hosenträgern gekommen – ach, es war fast wie ein Familientreffen. Die Stuhlreihen bis ganz hinten hin besetzt.
Am anderen Morgen, als wir immer noch erfüllt, ja beseelt von dem Auftritt weiterfuhren, hörten wir dann im Radio, dass der Landkreis, in dem wir gerade aufgetreten waren, soeben beschlossen hat, dass wegen des Coronavirus keine Veranstaltungen mehr stattfinden dürfen. Hätte man diese Pressekonferenz am Abend gegeben, wäre die Situation für uns eine andere gewesen. Wir haben in dem Moment entschieden, dass wir jetzt die Notbremse ziehen.
Auch für die nächsten Veranstaltungen war es noch so, dass die Gesundheits- und Ordnungsämter den Dingen zugestimmt hatten. Aber wir entschieden dann, nicht nach Würzburg zu fahren und nicht nach Stuttgart, sondern haben von uns aus alles abgesagt. Im Nachhinein war das wohl eine richtige und kluge Entscheidung, die nicht nur unserer Gesundheit, sondern auch der der Fans genutzt hat.
Es ist wirklich komisch. Mein Roman 'Ostfriesenhölle' stand auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste, während der Leipziger Buchmesse. Wenn einem Autor so etwas passiert – ich spreche aus Erfahrung, das ist bei mir nicht das erste Mal – dann explodiert die Welt. Man gibt Interviews im Fünf-Minuten-Takt und ständig Autogramme. Ich war darauf vorbereitet, ja freute mich und hoffte, dass ich es gesundheitlich und nervlich überstehe. Aber dann wurde die ganze Buchmesse abgeblasen.
Das ist bestimmt für junge Autoren, die ihr erstes Buch dort vorstellen wollten, viel, viel schlimmer als für mich. Ich blieb mit Bettina zuhause. Wir haben wieder begonnen, an der gemeinsamen Kinderbuchreihe 'Die Nordsee-Detektive' zu arbeiten.
Inzwischen darf man in Ostfriesland auch nicht mehr auf die Inseln. Ja, es sind sogar Polizeikräfte unterwegs, um Ferienwohnungen zu kontrollieren, denn nicht alle Feriengäste waren bereit, einfach so abzureisen. Man hat hier Angst, nicht genügend Intensivbetten zur Verfügung zu haben, wenn zu der hier ansässigen Bevölkerung noch sehr viele Touristen kommen.

Ein heftiger Kritiker des Gesundheitssystems

Wie du vielleicht weißt, zählte ich immer zu den heftigen Kritikern des Gesundheitssystems. Ich finde es vollkommen krank und krankmachend, dass Krankenhäuser Gewinn machen sollen und nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten organisiert werden. So habe ich bereits vor zehn Jahren in meinem Roman 'Todesbrut', der von einer Pandemie erzählt, darüber berichtet, wie dumm es ist, wenn Krankenhäuser 'ausgelastet' sein sollen. Nein, den Gewinn, den eine Gemeinschaft durch Krankenhäuser erhält, das ist kein finanzieller Gewinn, sondern wir gewinnen an Sicherheit und Gesundheit.
Das Krankenhaus, das zu 90 Prozent ausgelastet ist, mag ja betriebswirtschaftlich super dastehen, ist aber unter allen anderen Gesichtspunkten eine Katastrophe. Schon ein Unfall mit einem Bus reicht aus und bringt das Krankenhaus an seine Kapazitätsgrenzen.
Auch halte ich die Bezahlung des Krankenhauspersonals, sprich der Pflegekräfte und Assistenzärzte, für einen absoluten Skandal. Ich bin für eine sofortige Verdopplung. Die Gesellschaft muss sich funktionsfähige Krankenhäuser und gut ausgebildetes Personal leisten können und Kapazitäten für den Notfall bereithalten. Hier alles auf Naht zu fahren, grenzt an ein Verbrechen.
Mein Roman ist immer noch ganz oben in den Bestsellerlisten, ich sah ihn gerade noch in der FAZ auf Platz eins. Aber die Buchhandlungen, in denen ich wunderbar mit meinen Büchern ausgestellt werde, haben geschlossen. (Kleiner Tipp der Redaktion: Die Buchhandlung Junius, die die Lesungen von Klaus-Peter Wolf in Gelsenkirchen alljährlich mit einem Büchertisch unterstützt, ist telefonisch erreichbar und liefert bestellte Bücher sogar persönlich aus.) Die Situation ist völlig irre. Auf die Lesung in Gelsenkirchen freuen wir uns natürlich immer noch und hoffen, dass alles so stattfinden kann.
Wäre das Ganze ein Buch von mir, würde jetzt ein Impfstoff gefunden, der natürlich sofort ohne jede Lizenzgebühr für die ganze Welt kostenlos freigegeben würde und nachdem wir alle durchgeimpft sind, hätten wir dann etwas gelernt, sodass wir dem Virus schon fast dankbar sein müssen, nämlich, dass wir unser Gesundheitssystem ordentlich aufbauen und nicht auf Gewinn trimmen dürfen. Außerdem, dass die Frauen an den Kassen in den Supermärkten und die Leute, die dort die Regale befüllen, Helden sind, Stützen der Gesellschaft, dass auch sie vernünftig bezahlt werden müssen.
Am 20. Juni wird mein Roman 'Rupert Undercover – Ostfriesische Mission' erscheinen. Ich hoffe, bis dahin haben die Buchläden wieder geöffnet und die Welt ist eine andere. Dazu gehört dann auch, dass gewaltige finanzielle Mittel nicht mehr in die Forschung nach intelligenten Waffen gesteckt werden, sondern in die Forschung und Herstellung guter Impfstoffe und Medikamente.

Eine gute Nachricht für kleine Bücherfans

Bettina und ich haben Hörbücher von den 'Nordseedetektiven' kostenlos online gestellt, sodass Kinder, die jetzt nicht zur Schule dürfen, wenigstens ein bisschen Abenteuer auf die Ohren kriegen.
Das Hörbuch 'Die Nordseedetektive - Das Gespensterhotel', erschienen im Jumbo-Verlag, ist kostenlos auf YouTube zu hören. Hier ist der Link: https://m.youtube.com/watch?v=xU2pp-K0mvU."

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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