MiR betritt mit der VR-Technik erfolgreich technisches Neuland - Das Opernstudio NRW begeistert
"Il re Teodora in Venezia"
"Das MiR traut sich das zu", hatte Regisseur Sebastian Welker im Vorfeld der Premiere erklärt und sollte recht behalten. Bis auf kleine Schwierigkeiten gelang der erstmalige Einsatz von Virtual Reality-Technik am Musiktheater im Revier und sorgte für ganz besondere Einblicke bei der Oper "Il re Teodoro in Venezia" von Giovanni Paisiello.
Das Premierepublikum erwartete ein ganz besonderer Opernabend, denn neben dem erstmaligen Einsatz der VR-Brille, feierte auch das Opernstudio NRW seine Premiere am MiR und das in einem mehr als fantastischen Bühnenbild von Galya Solodovnikova.
In der Geschichte nach dem Libretto von Giovanni Battista Casti geht es um eine wahre Persönlichkeit, den aus Westfalen stammenden Freiherr Theodor von Neuhoff, der mit seiner unglücklich verlaufenen Regentschaft Korsikas in die Geschichte einging. Giovanni Paisiello verortet ihn nach Venedig, wo er mittellos und von seinen Gläubigern verfolgt "strandet". Einzig sein erfinderischer Diener Gafforio schützt ihn zunächst vor dem Ruin, gesellschaftlich wie auch finanziell.
In der Inszenierung von Sebastian Welker begegnen die Zuschauer König Teodoro auf dem Sterbebett und haben Teil daran, wie er sein Leben im Rückblick an sich vorbeiziehen lässt. Dank der VR-Technik dringt der Zuschauer ein in das Gedächtnis des Tedoro, dessen Leben mehr aus Schein und Sein bestand, denn aus wirklichen Taten und Können.
Aber auch in die Gedanken der Wirts-Tochter Lisetta tauchen die Zuschauer ein und erleben, was sie umtreibt in der Beziehung zu ihrem Liebhaber Sandrino, aber auch ihren Plänen als angehende Königin, nachdem sie Teodoro geheiratet hätte. Ihr Vater, dem Teodoro den gesellschaftlichen Aufstieg und ein hohes Amt verspricht, kann sich dem nicht entziehen und bietet dem König, der nichts hat und nichts darstellt, die Hand seiner Tochter.
Das ganze Geschehen wird durch die VR-Brille, aber vor allem auch die Bühne bestimmt. Alle Protagonisten mit Ausnahme des Königs Teodoro, der von außen das Geschehen aus seiner Erinnerung betrachtet, befinden sich einem Rahmen, der durch Lasertechnik in eine Wasser- und Nebellandschaft getaucht wird. Hier tauchen die Sängerinnen und Sänger auf und verschwinden wie aus dem Nebeldunst der Erinnerungen. Sie schwimmen mit den Haien, die dem tief verschuldeten König auf den Fersen sind und erscheinen dem Zuschauer wie in einem Aquarium schwimmend.
Die VR-Brille verstärkt diese nebulöse durch gepixelte Bilder, die eher einer Traumwelt als der Realität entsprechen und in die Gedanken und Träume der Protagonisten blicken lässt. Da sieht sich Lisetta zunächst an der Seite ihres geliebten Sandrino und später als hochherrschaftliche Braut. Teodoro hingegen erleben die Zuschauer durch das Opernglas 2.0 als Sterbenden, dessen Zustand über Apparate kontrolliert wird und um den Klinikpersonal herumschwirrt.
Das Wagnis der neuen Technik ist trotz kleiner Holprigkeiten gelungen und hat dem Zuschauer zusätzlich Einblicke verschafft. Das Opernglas 2.0 wird nicht bei jedem im Publikum für pure Begeisterung gesorgt haben, aber es ist der Beweis, dass sich das Musiktheater den neuen Techniken stellt und das mit Erfolg, wie die Produktion von Sebastian Welker bewiesen hat.
Das Opernstudio NRW, ergänzt durch Tobias Glagau vom MiR-Ensemble in einer ihm auf den Leib geschrieben Rolle als Gafforino, überzeugte und begeisterte auf ganzer Linie. Timothy Edlin als Teodoro überzeugte mit seinem Bass-Bariton, Wendy Krikken brillierte mit glasklarem Sopran als Lisetta, Adam Temple-Smith gab den Sandrino, Mercy Malieloa sang Belisa mit einem klaren Mezzo-Sopran, Demian Matushevskyi als Taddeo ließ den Bass-Bariton erklingen und Daegyun Jeong überzeugte als Acmet.
Am Pult der Neuen Philharmonie Westfalen stand mit Robin Phillips der Leiter des Opernstudios NRW, der das Orchester durch die vielen Nuancen der Partie führte.
Ein ganz besonderer Opernabend mit einer selten zur Aufführung kommenden Oper und noch weniger verbreiteten Technik in einem Opernhaus.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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