Humor hat viele Facetten
Der Donnerstag nach Aschermittwoch steht in Gelsenkirchen traditionell im Zeichen der Gala der Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen e.V., wenn das Thema nicht gerade wie im Jahr 2012 „Schalke“ heißt und ein Champions League-Spiel auf dem Terminkalender steht. Da sich in diesem Jahr alles um den Ruhrgebietshumor in Gelsenkirchen drehte, traf man sich wieder zum altbewährten Termin.
Nur ein Schacht weiter
Neu war nur der Veranstaltungsort, denn man war in diesem Jahr „einen Schacht weitergezogen“ wie Dr. Christopher Schmitt, der Vorsitzende der Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen e.V., den Wechsel von Nordstern zu Wilhelmine Viktoria erläuterte. Doch damit befand sich die Gala nun auch dort, wo in Gelsenkirchen Ruhrgebietshumor zelebriert wird.
Das konnte Kaue-Hausherr und emschertainment-Geschäftsführer Prof. Dr. Helmut Hasenkox natürlich nur bestätigen: „Alle, die heute in den großen Buden spielen, waren schon hier und haben oftmals auch genau hier angefangen.“
Was ist Ruhrgebiets-Humor?
Natürlich ging Christopher Schmitt auch der Frage nach, was eigentlich Ruhrgebietshumor ist und stieß dabei neben der Erklärung des Wörtbuches auch auf Adolf Tegtmeier alias Jügen von Manger, der einer der Ersten weit über das Ruhrgebiet hinaus bekannten Humoristen war. Seiner Frau zuliebe nannte er sich aber gern „Charakterkomiker“. Außerdem war die Figur Tegtmeier nirgendwo anders als in Gelsenkirchen beheimatet. „Tegtmeier hat der Region das Lachen gelernt und er hat den Menschen vor Augen geführt, wie vermeintlich schwer doch das einfache Leben sein kann“, erläuterte Dr. Schmitt.
Filmbeitrag über Adolf Tegtmeier
Ein Film von Frank Bürgin und seiner Firma Zeitlupe setzte den Ruhrgebiets-Komiker in Szene und erinnerte an seine Sketche, sein Engagement am Gelenkirchener Stadttheater an der Seite von Tana Schanzara, Filme und mehr. Unter anderem an „Tegtmeier auf Reisen“, der dabei „Hotpants in Größe 54 als kleines Mitbringsel für seine Frau“ beschaffen wollte.
La Signora berauscht die Herren
Extra für die Herren der Schöpfung hatte die Wirtschaftsinitiative keine Kosten und Mühen gescheut und zum Valentinstag „La Signora“ engagiert, die den Männern mit ihrem Akkordeon, ihren lockeren Sprüchen und ihren schwingenden Hüften den Atem raubte.
Carmelia de Feo bezeichnete sich selbst als „Entrecote der Liebe, weil die Männer heute ja Fleisch wollen“. Und da Dr. Schmitt ihr einen Mann versprochen hatte zu Valentin, legte sie alles daran, sich auch einen zu krallen. Dabei fiel ihre Wahl auf Dieter Gebhard, der sich fortan der Zuneigung der La Signora sicher sein durfte.
„Ein Stein, der deinen Namen trägt“, stimmte die Ruhrgebietsdiseuse an als sie über das schwere Leben der heutigen Single-Witwen lamentierte. „Wo man früher als professionelle Witwe fünf bis sechs Männer unter die Erde gebracht hat, muss man heute froh sein, wenn der Greis noch lebt, wenn man ihn sexuell endlich eingespielt hat.“
„Der Kennedy des Ruhrgebietes“
Zu jeder Gala der Wirtschaftsinitiative gehört auch eine Talkrunde, die in diesem Jahr in einem Wohnzimmer mit dem Flair des Gelsenkirchener Barock stattfand und zu der sich neben Dr. Schmitt auch Oberbürgermeister Frank Baranowski, der Kennedy des Ruhrgebiets, wie Schmitt ihn nannte, Schauspieler Ralf Richter und Prof. Dr. Helmut Hasenkox einfanden.
Hasenkox, der die Comedy in der Kaue eingeführt hat, erläuterte, dass Gelsenkirchen in Sachen Comedy ganz weit oben steht in der Region. Baranowski merkte an, dass langsam aber die sicher die Kapazitäten der für Comedy zur Verfügung stehenden Räume gesprengt werden.
Von der Berlinale nach GE
Ralf Richter ist ein Kind des Ruhrgebietes und eilte direkt von der Berlinale nach Gelsenkirchen, um auf der Bühne zu sitzen und seine Ausflüge in die Ruhrgebiets-Comedy zu berichten. Er erinnerte sich an Filme wie „Tour de Ruhr“, „Bang Boom Bang“ (seit 1999 läuft er ohne Unterbrechung in einem Bochumer Kino!) oder „Nordkurve“.
Passend dazu wurde eine Szene aus „Nordkurve“ eingespielt, in der Richter gemeinsam mit Uwe Ochsenknecht in einem Schalke-Fan-Kittel aus einer Location an der Bahnhofstraße trat. „Der Kittel war ja nur geliehen und der Besitzer bewachte mit Argus-Augen jede Szene in der ich seinen Mantel trug“, erinnerte sich Richter.
Was Richter und Tegtmeier verbindet
Sein absoluter Lieblings-Ruhrgebietsfilm war jedoch „Rote Erde“, die Geschichte der Kohle und Zechen im Pott. Richter war auch persönlich bekannt mit Adolf Tegtmeier: „Seine Frau hatte eine Boutique in der meine Mutter gern einkaufen ging. Ich war damals ja noch Kind und irgendwann bot mir Tegtmeier mal eine Zigarre an. Der hatte nicht viel am Hut mit Kindern, glaube ich.“
In memoriam Michael Klaus
Ernster wurde es als der Gelsenkirchener Schauspieler und Regisseur Ulrich Penquitt anlässlich des 5. Todestages des Gelsenkirchener Autors Michael Klaus aus dessen Buch „Ein Tagebuch südlich der Wirklichkeit“ vorlas.
Wie aus Uwe Lyko Herbert Knebel wird
Ruhrdeutsch par excellence trug schließlich Uwe Lyko bei, der seit 25 Jahren in die Rolle des Herbert Knebel schlüpft. Die einzige Verbindung zwischen Tegtmeier und seiner Figur sieht Lyko übrigens in der Prinz Heinrich-Mütze. „Ich war ja erst Anfang 30 und sollte einen alten Sack spielen. Da lag zufällig so eine Mütze auf der Heizung rum und das passte dann eben“, lacht der Comedian.
Und wäre da nicht das leicht defekte Headset gewesen, hätten die Zuschauer die Verwandlung von Uwe Lyko in Herbert Knebel in knapp 30 Sekunden miterleben dürfen. So dauerte es etwas länger, weil Helmut Hasenkox dabei assistieren musste, das defekte Gerät unter dem Hemd des Comedians herauszufriemeln.
Dafür wurden die Gäste aber umso bauchmuskel-strapazierender entschädigt. „Ich bin bis auf kurzfristige Unterbrechungen immer müde. Schon vor dem Aufstehen und auch danach. Das muss daran liegen, dass ich morgens um 3.45 Uhr das Licht der Welt erblickt habe. Wenn du so früh aus dem Schlaf gerissen wirs, da kannse dich dein ganzes Leben nich mehr von erholen“, erklärte Knebel.
Und so erfuhren die Gäste auch mehr über Knebels Kauf einer neuen Matratze, weil ein passionierter Schläfer seine Matratze ja schneller durchliegt. Aber auch die Geschichten, die Knebel an seinem Computer so erlebt, sorgten für Lachtränen. „Ich hatte da mal so Probleme mit der Blase. Da habe ich dann bei guggel mal Blasenprobleme eingegeben. Aber wat der mir da rausgeworfen hat, dat waren ganz andere Probleme mit Blasen wie ich dachte.“ Knebel brachte es auf den Punkt mit den Worten: „Ich sachet sie. Dat is schon n Abenteuer, die Baustelle Leben.“
Beim anschließenden Buffet gab es Gelegenheit zu Gesprächen und Austausch, ehe es am Ausgang für die Gäste rote Rosen „regnete“, weil doch Valentinstag war.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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