Gelebte Schule gegen Rassismus

Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, erläuterte den interessierten Zuhörern auf dem Jüdischen Friedhof in Ückendorf den Umgang mit den Toten im Judentum. | Foto: Petra Kurp
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  • Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, erläuterte den interessierten Zuhörern auf dem Jüdischen Friedhof in Ückendorf den Umgang mit den Toten im Judentum.
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Unter dem Motto „Der ewige Sündenbock? Antisemitische Vorurteiele gestern heute“ beschäftigte sich das Weiterbildungskolleg Emscher-Lippe mit dem Judentum. Dabei standen unterschiedliche Gespräche und Exkursionen auf dem Programm.

Von Silke Sobotta

GE. Das Weiterbildungskolleg ist „Schule gegen Rassismus - Schule mit Courage“ und dem wollte es mit den Projekttagen Rechnung tragen, in dem die „andere“ Kultur den Studierenden nahe gebracht wurde. Und weil es in Gelsenkirchen genügend Beispiele gibt für jüdisches Leben, wurde die Chance wahrgenommen, dieses vor Ort zu beleuchten.
„Mit ins Boot geholt“ hatte die Schule die Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen und ihre Vorsitzende Judith Neuwald-Tasbach sowie die Schalker Fan-Initiative. Auf dem Programm standen Vorträge von Dr. Susanne Franke von der Fan-Ini „Jüdische Kultur. Vorbild statt Sündenbock“, Dr. Jörg Koch, der zur Ausstellung „Jud Süß Oppenheimer - Geschichte(n) einer Figur“ referierte und Judith Neuwald-Tasbach „Jüdisches Leben in Gelsenkirchen.
Auf dem Jüdischen Friedhof erläuterte Judith Neuwald-Tasbach den Umgang mit dem Tod im Judentum. „Im Tod sind alle gleich. Es gibt keinen Unterschied zwischen reich und arm. Darum tragen unsere Verstorbenen das gleiche einfache Gewand, das aus Baumwolle selbst genäht wird. Nach unserem Glauben werden unsere Toten in Leinentüchern statt in Särgen beerdigt, doch das ist in Deutschland nicht erlaubt und so greifen wir auf eine Holzsärge ohne Metallbeschläge oder Stoffe zurück“, erklärte die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde.
Die Grabsteine auf dem Friedhof, die in Teilen aus der Zeit nach 1872 stammen, zeigen verschiedene Entwicklungen in der Jüdischen Geschichte. Blumenschmuck ist im Judentum unüblich. Stattdessen gedenkt man der Toten mit einem kleinen Stein, der auf dem Grabstein abgelegt wird. Je mehr Steine auf einem Grab zu sehen sind, umso mehr Menschen denken an den Verstorbenen und erweisen ihm so große Ehre.
Dass die Zeit nicht stehen bleibt, zeigt sich auch an anderer Stelle auf dem Friedhof. So gibt es heute ein Feld für Misch-Ehepaare, auf dem jüdische und nicht-jüdische Ehepartner gemeinsam beerdigt werden können.

Parolen über unwertes Leben nicht zulassen

Am Ende der Exkursion rief Judith Neuwald-Tasbach dazu auf, nicht zuzulassen, dass in unserer Gesellschaft wieder Parolen wie die der Rechten über unwertes Leben kursieren können: „Haben Sie den Mut direkt dagegen zu reden und nicht hinzunehmen, dass sich solches Gedankengut festsetzen kann.“
Als einen späten Triumpf über das Nazi-Regime sah Schulleiter Günter Jahn die Tatsache, dass der von den Alliierten verbotene Film „Jud Süß“ in der Synagoge gezeigt wurde. Das war möglich durch die Beteiligung von Michael Kleinschmidt von der Kino-Film-Literatur, der den Film der Friedrich-Wilhelm-Monau-Stiftung erläuterte.
Der Film erzählte die Geschichte von Joseph Süß Oppenheimer, einem jüdischen Finanzbeamten, der wohl im Februar 1698 in Heidelberg geboren und am 4. Februar 1738 in Stuttgart hingerichtet wurde. Der Film macht sich die Figur zunutze und erzeugt Feindbilder, um die Ideologie des Regimes zu verbreiten. So wird „der Jude“ als hintertriebener und nur auf seinen und den Vorteil seiner Glaubensbrüder bedachten Ausbeuter dargestellt. Diese Rolle wird untermalt durch die schmutzige Kleidung der Juden, die zudem in Kaftanen zu sehen waren, während die Deutschen sauber und adrett in Anzügen erschienen.
Zu einer Diskussion kam es nach dem Film nicht mehr. Vielleicht auch, weil die Betrachter zu sehr in eine schwarze Zeit der deutschen Geschichte katapultiert wurden und der Film erst einmal von jedem einzelnen für sich verarbeitet werden musste.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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