Giuseppe Spotas Tanzabend im MiR mit großen Gefühlen und atemberaubenden Tanzeinlagen
Die wahre Liebe siegt
Geplant war die Premiere des Tanzabend "Notre-Dame de Paris" mit einer Choreographie von Giuseppe Spota bereits für Ende 2020, doch der immer wieder verlängerte Lockdown führte dazu, dass der Tanzabend erst zum Ende der Spielzeit auf die Bühne kommen konnte. Dafür aber mit einer atemberaubenden Bildsprache, die das Premierenpublikum mit Standing Ovations belohnt.
Die Grundlage für den Tanzabend bildet Victor Hugos berühmter Mittelalter-Roman „Notre-Dame de Paris“ und darin geht es um Esmeralda und Quasimodo, dieses große, ungleiche Liebespaar der Literaturgeschichte und die beiden sie beeinflussenden Gestalten, den Soldaten Phoebus (Febo) und den Geistlichen Frollo.
Allerdings setzt Spota anders als Hugo nicht auf eine romantische Verklärung der Liebesgeschichte zwischen dem augenscheinlich Hässlichen und Schönen, sondern auf das Innere der Figuren, ihre Ängste, Hoffnungen, seelische Qualen und natürlich die Liebe.
"Die Liebe ist der Mittelpunkt, denn alle lieben Esmeralda. Sie gehört dem Wandervolk der Roma an und ist ein besonderer Charakter, denn sie steht für die Freiheit", schwärmte Spota im Vorfeld.
Und um diese Freiheit, aber auch Einsamkeit und Ausgrenzung geht es ihm in seiner Choreographie. Denn Esmeralda ist frei in ihrem Denken, ihren Gefühlen und Handlungen, während alle anderen Charaktere mit ihren Möglichkeiten hadern.
Mit einem beeindruckenden Tanz präsentiert Brecht Bovijn die innere Zerrissenheit des Frollo, der mit seinem Glauben hadert, während er nach Esmeralda schmachtet. Mit nacktem Oberkörper und im schwarzen weitschwingenden Hosenrock geißelt er sich selbst für seine Gedanken und zeigt seine seelischen Qualen.
Der ganz in Gold gehüllte Hauptmann Phoebus gibt sich anfangs soldatisch straff und steif, doch Pablo Navarro Munoz wird im Tanz mit Esmeralda zu einem Liebenden, der sich seinen Gefühlen hingibt und sich treiben lässt, wenn auch nicht für immer.
Genevieve O'Keeffe haucht Esmeralda das Leben ein und schenkt ihr kraftvoll und doch unglaublich leichtfüßig die Magie, die dem reisenden Volk nachgesagt wird. Sie lässt sich nicht einfangen und zähmen, sondern handelt nach ihrem freien Willen und der führt sie zu Quasimodo, dem Andersartigen.
Einen Buckel braucht Quasimodo bei Giuseppe Spota nicht, dafür verfügt er über silberne ziehharmonika-artige Tentakel-Gliedern, mit denen er am Ende auch Esmeralda einfängt. Simone Donati tanzt den Quasimodo mit großer Geschmeidigkeit, was angesichts seiner etliche Meter langen Arme, in denen er sich verfängt und einhüllt, nahezu abgrenzt, mehr als bemerkenswert ist.
Erzählt wird die Geschichte von den vier Tänzerinnen, Konstantina Chatzistavrou, Marie-Louise Hertog, Emily Anne Nicolas und Chiara Rontini in vier verschiedenen Sprachen, in deutsch, englisch, griechisch und italienisch. Sie fungieren als die von Notre Dame de Paris bekannten Wasserspeier und wirken als Bestandteile des altehrwürdigen Bauwerkes, das Quasimodo als Heimat dient.
Die Musik zum Tanzabend komponierte Simone Donati gemeinsam mit seinem Bruder Giulio. Die beiden Italiener haben auch schon die Musik zum Tanzabend "Momo" nach dem Buch von Michael Ende beigetragen. Mal mit mystischen Klängen, dann wieder mit fordernden Rhythmen und klaren Tönen treiben sie die Tänzer auf der Bühne an.
Wie auch die Kostüme stammt das Bühnenbild von Giuseppe Spota. Es verwandelt sich mit wenigen Mitteln vom Vorplatz der Kirche Notre Dame de Paris in den Glockenturm und besticht durch seine Einfachheit, in der die wunderbaren Tänzer umso besser zur Geltung kommen.
Ein Tanzabend, wie Giuseppe Spota betont, den man sich nicht entgehen lassen. Denn er verzaubert ebenso wie er mitreißt und erntete zu Recht die Bravo-Rufe und Standing Ovations des Premierenpublikums.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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