Das Hans-Sachs-Haus von der Wunderkiste zur Schatzkiste

Feierlich und mit Amtkette begrüßte Oberbürgermeister beim Festakt die Ratsmitglieder in ihrem neuen Zuhause und die Gäste im neuen Ratssaal des Hans-Sachs-Hauses. Foto: Gerd Kaemper
  • Feierlich und mit Amtkette begrüßte Oberbürgermeister beim Festakt die Ratsmitglieder in ihrem neuen Zuhause und die Gäste im neuen Ratssaal des Hans-Sachs-Hauses. Foto: Gerd Kaemper
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Fast 20.000 Besucher wollten sich am Wochenende selbst davon überzeugen, dass das Hans-Sachs-Haus tatsächlich wieder da ist. „Herzlich willkommen“ hieß es am Samstag und Sonntag für die Gelsenkirchen und sie nahmen die Einladung ernst, wie die Zahlen beweisen. Und sie sind begeistert!

Festakt im Ratsaal

Bevor die Gelsenkirchener Bürger das neue Hans-Sachs-Haus in Besitz nehmen konnten, fand im Ratssaal ein Festakt statt zur Eröffnung des neuen Hauses hinter der alt-bekannten Fassade und während im Saal die politischen Vertreter und besondere Gäste Platz fanden, konnten weitere Gäste die neuen Logen für Besucher und Zaungäste bei den Ratssitzungen ausprobieren und in Beschlag nehmen. Und auch hier zeigte sich, dass das neue Verwaltungs- und Bürgerhaus auf großes Interesse stieß, denn die Logen waren beinahe bis auf den letzten Platz gefüllt.

Um 5 Uhr haben die letzten Arbeiter und Putzkolonnen das Haus verlassen

Auf dem Weg in die zweite Etage war aber noch an der ein oder anderen Stelle zu sehen, dass die letzten Handwerker und Putzkolonnen noch nicht lange das Haus verlassen hatten. Da gab es Fußabdrücke von grobem Schuhwerk, kleine Farbspritzer auf den Böden und den ein oder anderen Fingerabdruck an den manchen der vielen Glasflächen im Haus.
Doch nichts davon tat dem Glanz und der Feierlichkeit des Festaktes einen Abbruch. Und so flanierte alles was in Gelsenkirchen Rang und Namen hat an einem glücklichen Projektleiter Thilo Steinmann vorbei, dem das Lächeln im Gesicht geradezu festgewachsen zu sein schien und von dessen Schultern wohl eine ganze Tonne genommen worden war.

"Wow" meint der Moderator

Moderator Martin Wilger brachte es direkt auf den Punkt als er seinen ersten Eindruck beim Betreten des neuen Hans-Sachs-Haus schilderte und einfach nur sagte: „Wow“. In seiner Begrüßung wies er vor allem auf die ausgefeilte Technik im Ratssaal hin und bemerkte, dass der Beamer es den Ratsmitgliedern sogar ermöglichen würde, die Sitzung auch mal zu unterbrechen, wenn der FC Schalke 04 gerade in der Champions League-Gruppenphase spielt und den Königsblauen zuzusehen.
Oberbürgermeister Frank Baranowski musste den eifrigen Moderator allerdings bremsen als dieser meinte, dass der OB nun nicht mehr jeden Morgen zur Arbeit über den Kanal müsse. „Ich musste bisher gar nicht über den Kanal auf dem Weg nach Buer. Vielmehr muss ich nun über den Kanal, weil ich ja in Horst wohne. Dafür kann ich noch nicht genau sagen, wie es sich anfühlt zurück zu sein im Herzen der Stadt.“

Das Hans-Sachs-Haus als immerwährender Teil der Stadt

Er erinnerte daran, dass das Hans-Sachs-Haus nie ganz weg war, sondern immer zum Bild der City gehörte. Und vor allem daran, dass es nur den vielen Menschen zu verdanken ist, die sich dafür eingesetzt haben, dass das Hans-Sachs-Haus nicht ganz verschwunden ist, dass man an diesem Tag hinter der alten Fassade des alt-ehrwürdigen Hauses feiern konnte. Dafür gab es Beifall der AUF-Abgeordneten Monika Gärtner-Engel.

Paternoster ade - Es lebe das neue HSH

Und das Stadtoberhaupt hatte sogar noch eine mehrere Jahre alte Skizze des Gelsenkirchener Architekten Glasmeier dabei, der ihm seinerzeit schon aufzeigte, dass es möglich ist, die alte Hülle zu erhalten und dahinter einen Neubau nach modernen Gesichtspunkten zu errichten. Ein Blick darauf zeigte dem OB, dass der Entwurf der nun realisierten Umsetzung durch das Hamburger Architekturbüro GMP sehr nahe kommt. „Paternoster ade, aber der Geist des alten Hans-Sachs-Hauses soll hier wieder aufleben als ein Haus der Bürger“, wünschte sich Frank Baranowski, der darlegte wie wichtig ein Rathaus ist zum Erhalt der Demokratie und der daran glaubt, dass Demokratie in den Kommunen beginnt.
Oberbürgermeister Frank Baranowski hieß die Stadtverordneten willkommen zu Hause und dankte den NRW-Bauministern von Oliver Wittke bis zu Michael Groschek für ihre Unterstützung bei der Umsetzung des neuen Hans-Sachs-Hauses.

Minister Groschek und die Wutbürger

Minister Michael Groschek vermisste ein wenig die Wutbürger, wie er in seiner Rede anmerkte: „Die MLPD draussen ist eher ein wenig Folklore. Aber das die Wutbürger fehlen zeigt, dass hier alles richtig gemacht wurde.“
Und der Bauminister des Landes NRW gestand, dass er beim Eintritt ins lichtdurchflutete Foyer des Hans-Sachs-Hauses ein „Boah ey“ auf den Lippen hatte und gratulierte der Stadt Gelsenkirchen zu diesem neuen und stolzen Haus der Demokratie, das entstanden ist durch bürgerschaftlichen Einsatz zum Erhalt der alten Fassade.

Von Alfred Fischer zu den Architekten von GMP

Der Minister erinnerte an die vie zu kurze Blütezeit des neuen Deutschland in den 20er Jahren als das Hans-Sachs-Haus entstand und der Architekt Alfred Fischer das Haus plante und baute. „Es entstand eine nicht gerade obrigkeitshörige, aber doch stolze Architektur und daran anzuknüpfen war die große Herausforderung des Neubaus, die den Architekten Gerkan, Marg und Partner (GMP) hiermit gelungen ist“, schilderte Groschek, der auch an die Unvollendeten wie Stuttgart 21 oder den Berliner Flughafen erinnerte.
Er lobte das gelunge Haus, das nun auch möglichen Investoren einen anderen Eindruck von der Stadt vermitteln wird und dabei die Bürger in NRW nur „knapp 1 Euro pro Nase gekostet hat.“ Beifall erntete Groschek als er erklärte: „Armut darf nicht klein und nicht hässlich machen. Darum muss sich öffentliche Architektur auch mit Selbstbewusstsein darstellen!“

Der Balkon für die Meisterfeier ist schon da - fehlt nur noch der Titel

Der Bauminister NRW zeigte sich froh und stolz über das gelungene Projekt der Innenstadtgestaltung. Und mit einem verschmitzten Lächeln in Richtung Oberbürgermeister wandte sich Michael Groschek an den Ehrenpräsidenten des FC Schalke 04: „Ich habe mit Begeisterung festgestellt, dass dieses Haus einen Balkon hat im fünften Stock, lieber Gerd. Wir wissen alle, dass der Prinz nach Schalke kütt, nicht der Poldi, sondern der andere, und wir hoffen alle, dass Frank bald mal auf dem Balkon die Schale präsentiert. Ich als Dortmunder durfte die Schale ja schon oft genug streicheln.“

Das Architekten-Quartett in Aktion

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion erlebten die Gäste das „Architekten-Quartett“, Prof. Kunibert Wachten, Prof. Eckhardt Gerber, Prof. Volkwin Marg und Michael von der Mühlen sowie als Moderator Christoph Rose, bei der Arbeit. Der Gelsenkirchener Rose hatte als Pressesprecher der Architektenkammer NRW im Frühjahr das Thema „Identität“ gesetzt für das Architekten-Quartett und dabei ging es um die Rolle der Architektur beim Selbstverständnis von Kommunen.

Die Wundertüte Hans-Sachs-Haus

Nun erinnerte Rose an die „Wundertüte“ Hans-Sachs-Haus, die die Stadtverwaltung und die Bürgerschaft nun mehr als zehn Jahre beschäftigte, spaltete und einte. Die Architekten waren zum Teil auch im Expertengremium, das die Stadt zu Rate gezogen hatte, als es um die Frage Abriss oder Neubau ging. Und der Gelsenkirchener Baudezernent Michael von der Mühlen sprach den Experten ein dickes Lob dafür aus, dass sie dem Rat im Jahr 2006 empfahlen, sich Zeit zu nehmen und in Ruhe das Für und Wider abzuwägen. Kunibert Wachten erinnerte dabei daran, dass er keinen zweiten Fall erlebt habe, in dem das Image eines „Millionengrabes“ derart gut umgesteuert werden konnte und ein so gutes Ende nahm.Auch Eckhardt Gerber ist sich sicher, dass die Zeit das ausschlaggebende Detail zum Gelingen des Projektes Hans-Sachs-Haus war.

Über Baukultur und Planungskultur

„Jede Art von Baukultur setzt eine Planungskultur voraus. Das bringt Konflikte mit sich, das ist eine Auseinandersetzung. Aber so etwas wie hier ist einmalig, so kenne ich kein zweites Beispiel für Baukultur“, lobte der Architekt des neuen Hans-Sachs-Hauses Volkwin Marg. Und der Architekt erinnerte daran, dass sein Vorgänger in Sachen Hans-Sachs-Haus Alfred Fischer in den 20er Jahren ein Haus errichtete, dass Kultur und Politik für Arbeiter in einem Haus vereinen sollte. Damals hat es nach seiner Aussage pausenlos Änderungen an den Planungen gegeben. Ähnlich erging es ihm nun beim Bauen auf altem Fundament oder besser hinter der alten Fassade. „Es war eine Herausforderung die Baugeschichte zu erhalten in der Haut, aber gegenwärtig zu bauen und alles neu zu definieren. Darum bin ich unglaublich dankbar, dass wir hier professionelle Partner hatten mit Michael von der Mühlen und Thilo Steinmann.“

Geschichte wiederholt sich

Wie in den 20er Jahren gab es auch jetzt wieder Bauverzögerungen, doch nun ist es zum Ende gekommen. Und der Architekt des Hans-Sachs-Hauses 2.0 hofft nun: „Ich wünsche mir unten im Bürgersaal ein Konzert, im Foyer eine Ausstellung und Schulklassen, die auf den verschiedenen Eben die Geschichte der Stadt und dieses Hauses erkunden.“
Den alten Hotelturm, der in seiner ursprünglichen Form als „Zeitzeuge“ erhalten blieb, sieht der Architekt als das traumhafteste Atelier aller Zeiten und er entschuldigte sich dafür, dass das Mobilee mit den Gelsenkirchener Gesichtern sich noch nicht dreht, weil noch die Feuerschutz-Einstellungen in Betrieb waren.

Ein Zeichen des Selbstbewussteins einer Stadt

Für Marg ist das neuen Hans-Sachs-Haus ein Zeichen des aufrechten Ganges der Stadt Gelsenkirchen und städtischen Selbstbewusstseins, aber auch ein Zeichen für historische Kontinuität. „Es ist meiner Ansicht nach kein Rathaus, sondern ein Bürgerzentrum. Hier passiert all das, was in die Mitte einer Stadt gehört. Denn Politik kommt vom griechischen polis und das bedeutet nicht verwalten, sondern Kultur.“
Christoph Rose erinnerte noch einmal daran, dass die historische Fassade herausgearbeitet wurde und nun wieder im Glanze der 20er Jahre erstrahlt und zwar inklusive des alten Schriftzuges, wie ihn Alfred Fischer für „sein“ Hans-Sachs-Haus entwickelt hatte. Auf Grund dessen bezeichnete er das neue Hans-Sachs-Haus des Jahres 2013 als eine Schatzkiste.

"Gelsenkirchen, Du Stadt meiner Träume

Da konnte nur noch das Four Men Trio eins draufsetzen, indem es den Klassiker „Wien, Du Stadt meiner Träume“ kurzerhand umtextete zu „Gelsenkirchen nur Du allein sollst die Stadt meiner Träume sein. Du schönste Stadt im Revier, dort wo die alten Zechen stehn und die schönsten Mädels sind.“

Hier finden Sie die Bildergalerie zu den Tagen der offenen Tür im neuen Hans-Sachs-Haus

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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