Atemlose Rock-Oper: "Jesus Christ Superstar" im Musiktheater im Revier
Gott muss sich die Frage gefallen lassen, warum er Jesus nicht in unsere Zeit, nämlich die der Massenkommunikation, auf die Erde gesandt hat: Eine von vielen Fragen, die Generalintendant Michael Schulz bei seiner Inszenierung der Rockoper „Jesus Christ Superstar“ im Musiktheater im Revier in den Vordergrund stellt.
Dabei lässt er das Publikum kaum zu Atem kommen: In einer Stunde, 45 Minuten rauscht er ohne Pause durch die letzten Tage Jesu und lässt diesen gleich selbst erleben, wo seine Lehren hinführen: Zur Konsumgesellschaft im Weihnachtswahn zum Beispiel, wenn volle Einkaufswagen mit von Handys hypnotisierten Menschen zusammenstoßen.
Dagegen fällt der Auftritt von Herodes – diabolisch präsentiert von Rüdiger Frank – fast blass aus, auch er überzeugt Jesus übrigens nicht, für ihn übers Wasser seines Swimming Pools zu gehen.
Jesus (Henrik Wager) und Judas (Serkan Kaya) werden als beste Freunde präsentiert, liegen schon vor Show-Beginn zusammen auf der Bühne und quatschen vertraut. Doch Judas versteht seinen Freund Jesus nicht mehr, will, dass er anders handelt: „Listen Jesus to the warning I give, please remember that I want us to live...“. Zuletzt verrät er ihn, glaubt daran, dass Jesus eigentlich auch das will, genauso wie seinen Selbstmord.
Und so nimmt die bekannte Geschichte ihren Lauf, auch wenn Schulz nicht "den" Jesus ans Kreuz bringt, sondern „einen“. Der Jesus wird mit der Verehrung des Kreuzes nach seinem Tod konfrontiert – und muss sich eben diese vielen Fragen von Judas gefallen lassen, nach dem, was anders hätte laufen können, wenn er in einer anderen Zeit, einem anderen Land auf die Erde gekommen wäre. Er will es ja nur wissen, will nur mal fragen. Inzwischen sind beide in himmlischen Glitzer-Jacken zu sehen.
Starke Darsteller
Gesanglich überzeugen Wager und Kaya einmal mehr, bleiben perfekt in ihren Rollen und folgen der Idee der Inszenierung überzeugend. Auch Theresa Weber als Maria Magdalena, die sich fragt, wie sie ihn nur lieben kann und später gern von vorn anfangen würde, glänzt mit einer starken schauspielerischen Leistung und einer bemerkenswerten jungen Stimme mit Wiedererkennungswert. Den hat sowieso Joachim G. Maaß, der als stimmgewaltiger Kaiphas agiert. Stark auch Edward Lee als Pilatus, der doch seine Hände in Unschuld waschen wollte und letztlich mit Blut besudelt in die Geschichte eingeht.
Andrew Lloydd Webber und Tim Rice wollten mit „Jesus Christ Superstar“ eine Oper schreiben, in der es um Menschen – wie Judas, Simon oder Maria Magdalena - und deren Reaktionen auf die Person Jesus geht. Schulz nimmt diese Idee auf und führt sie weiter, er zeigt auch die Reaktionen der Welt von heute auf diesen Jesus. Und diese Welt ist schnell, konsumbesessen und lässt einen kaum zu Atem kommen – so wie der Musical-Klassiker im Musiktheater im Revier.
„Jesus Christ Superstar“ kann man noch am 7., 13., 21. und 28. Januar, 18. und 23. Februar, 10. März, 2., 12., 15. und 20. April sowie am 6. Mai im Großen Haus des Musiktheaters in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln erleben. Karten-Telefon 4097200.
Autor:Silke Heidenblut aus Essen |
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