Wer sagte hier etwas von Servicewüste?
Haben auch Sie schon einmal vor einem Automaten auf dem Bahnsteig gestanden, der Sie verführerisch anblinzelte und zum Kauf einer Fahrkarte verführen wollte, sich dann aber spröde zierte und das Objekt der Begierde, die Erlaubnis zu einer lustvollen Bahnfahrt, einfach nicht herausrücken wollte?
Man fühlt sich an frustrierende Erlebnisse vor der Haustür der Angebeteten auf dem Heimweg von der Tanzschule erinnert. In Fröndenberg soll dieser Frust jetzt ein Ende haben.
Aber im Ernst: immer wieder scheitern vor allem potentielle Fahrgäste in fortgeschrittenem Alter an den Tücken der modernen Service-Elektronik. Das Display ist überladen und verwirrend. Die Sprache des Automaten berücksichtigt kaum oder gar nicht die alltägliche, umgangssprachliche und lang gewohnte Ausdrucksweise der Bevölkerung. Es beginnt bereits damit, dass „Fahrkarte“ weitgehend durch den Anglizismus „Ticket“ ersetzt worden ist. In großen Bahnhöfen ist der Fahrkarten- und Auskunftschalter nur noch unter der Tarnbezeichnung „ServiceCenter“ zu finden, und dann auch noch in einer Schreibweise, bei der es einer angelsächsischen Sau graut.
Darüber hinaus ist eine Vielzahl von unterschiedlichen Fahrkarten-Angeboten entstanden, die für ungeübte Fahrgäste kaum noch überschaubar und unterscheidbar ist. Dies gilt insbesondere für die Generation, die mit „einfacher Fahrt“, „Rückfahrkarte“ und Ferienrückfahrkarte“ angefangen hat.
Mehr als einmal kapitulieren ältere, aber auch jüngere Reisende an der verwirrenden Vielfalt und kaufen z.B. in Fröndenberg der Einfachheit halber lieber vier Einzelkarten nach Dortmund und weitere vier für den Heimweg (für 66,20 €), als das NRW-Ticket zu kaufen (für 36,00 €). Die Differenz zwischen beiden hätte für Kaffee und Kuchen für alle vier gereicht!
In Fröndenberg gibt es nun seit einigen Wochen wieder die Möglichkeit, eine Fahrkarte im Laden zu kaufen. Das kleine Reisebüro am Bahnsteig 2 bietet das gesamte Programm für Reisende, ohne dass ein Service-Zuschlag bezahlt werden muss. Besonders für wenig Reisende dürfte auch die persönliche Beratung eine willkommene Dienstleistung sein, die von den Tücken der Elektronik unabhängig macht. Was von außen wie ein normaler Kiosk aussieht, ist tatsächlich eine hilfreiche Einrichtung, auf die Fröndenberg über Jahre hinweg verzichten musste, seit der Bahnhof nicht mehr mit Personal besetzt ist.
Die Stadt Fröndenberg hat hier in guter Wahrnehmung der Entwicklung ein komplettes, zeitgemäßes Serviceangebot geschaffen, das mit der Bereitstellung einer mehrere Hektar großen Park-and-Ride-Fläche beginnt, einer direkten Anbindung an das lokale Busnetz, großzügigen und zum Teil auch bewachten Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in und nahe der Radstation, und jetzt komplettiert wird durch persönlichen Fahrkartenverkauf und Auskunftsdienst ohne zusätzliche Kosten.
Zuletzt fehlt eigentlich nur noch die Anbindung der Stadt an den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. Angesichts explodierender Spritpreise würden die Pendler, die gerne vom Auto auf die Bahn umsteigen würden, einen solchen Schritt freudig begrüßen.
Autor:Franz-Josef Knur aus Menden (Sauerland) |
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