Märchenerzählerin Elke Wirth beim Hospizkreis Menden
Im Jahre 1812 besaßen die Brüder Grimm eine Sammlung von 200 Märchen. Ursprünglich geschrieben für Erwachsene, diente damals das Vorlesen der Unterhaltung am Abend. Erst im 20. Jh. brachte man Märchen mit Kindern in Zusammenhang. Als solche hat die heutige Großelterngeneration viele davon kennen gelernt.
Aber wer kennt schon das Volksmärchen „Der Apfelgarten der schönen Frau Holle“ oder „Der Mann mit der hässlichen Frau“; „Der Suppenstein“ (Schwankmärchen aus Irland) oder „Das Glück des Tagelöhners“ (aus Tschechien); „Prinzessin Mäusehaut“ der Gebrüder Grimm oder gar „Der Hase, der verheiratet gewesen war“ (eine Fabel aus Norwegen) ?
Frau Elke Wirth aus Arnsberg kennt sie alle. Sie ist Mitglied der Europäischen Märchengesellschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Märchen zu erforschen und Märchenerzähler auszubilden.
Beim vergangenen Freitagstreff stellte sie ihr Können unter Beweis. Aufmerksam verfolgten die Zuhörer mit Spannung Vortrag, Gestik und Mimik.
Im Erziehungs- und Reifungsmärchen „Frau Holle“ wird Fleiß belohnt und Faulheit bestraft. Das Gold, mit dem die Goldmarie belohnt wird, deutet auf ihre inneren Werte hin. Sie hat eine Entwicklung durchgemacht, hat Reife erlangt. Das gibt ihr die Befähigung zu heiraten. Sie hat ihr Glück verdient.
Das Pech, mit dem die Pechmarie überschüttet wird, deutet auf ihre „schwarze Seele“ hin. Sie hat keine Lebenserfahrung gesammelt, handelt berechnend aus niedrigen Beweggründen. Sie hat den Haushalt nicht gelernt. Deshalb kann sie nicht heiraten.
Das Hineinfallen in den Brunnen symbolisiert die Berührung mit dem Tod.
Märchen sind zeitlos. Sie lassen sich in jede Lebenssituation übertragen. Gewöhnlich haben sie das Ziel, ihre Hauptfiguren zur Reife gelangen zu lassen, damit sie fähig werden, in die Welt hinaus zu wandern. „Hans im Glück“ ist das einzige Märchen, in dem die Hauptfigur nach 7 Jahren zur Mutter zurück nach Hause geht. Symbolisch könnte die Zahl 7 ein Leben bedeuten, die Heimkehr ein Zurück zur Mutter Erde am Ende des Lebens. In diesem Zusammenhang lässt sich der offensichtlich ungleiche Tausch, den Hans eingeht (vom Klumpen Gold zu Pferd, Kuh, Schwein, Gans) als Ballast abwerfen deuten, eine Übung des Loslassens, die glücklich macht.
Autor:Anni Grüne aus Menden (Sauerland) |
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