Klavierkonzert mit Frank Wasser

9. März 2014
18:00 Uhr
ZIB, 59423 Unna
Frank Wasser spielt zum 25-jährigen Bestehen des Kulturkreises der Unnaer Wirtschaft. | Foto: privat
  • Frank Wasser spielt zum 25-jährigen Bestehen des Kulturkreises der Unnaer Wirtschaft.
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Zu seinem 25-jährigen Bestehen präsentiert der Kulturkreis der Unnaer Wirtschaft ein Klavierkonzert mit dem Pianisten Frank Wasser, der bereits zum dritten Mal im zib in Unna zu Gast ist.

Er interpretiert am Sonntag, 9. März, um 18 Uhr die berühmten Goldberg-Variationen von Bach. Karten gibt es im i-Punkt im zib. Heute ist das Opus unter seinem populären Beinamen Goldberg-Variationen bekannt, was auf einen Bericht des ersten Bach-Biographen Johann Nikolaus Forkel zurückgeht. Bach habe das Werk ? wie schon eingangs erwähnt ? für seinen Gönner Graf Hermann Carl von Keyserlingk in Dresden geschrieben, der an Schlaflosigkeit litt. Um ihm die Zeit in schlaflosen Nächten zu vertreiben, habe sich Keyserlingk ein paar Stücke gewünscht, “die so sanften und etwas muntern Charakters wären”.

Sein Hauscembalist, der damals noch jugendliche Bach-Schüler Johann Gottlieb Goldberg (1727-1756), sollte sie ihm vorspielen. Zum Dank für das vollendete Werk habe Bach einen königlichen Lohn erhalten: “Einen goldenen Becher, welcher mit hundert Louis d’or angefüllt war”, das höchste Honorar, das er jemals für eines seiner Werke entgegennehmen durfte.

Der Lohn war dem Rang der Variationen angemessen: Aus dem eher unscheinbaren Wunsch des Kurländischen Grafen nach “etwas muntern” Cembalostücken ließ Bach einen monumentalen Variationenzyklus in 30 Teilen erwachsen ? die bedeutendsten “Claviervariationen” vor Beethovens Diabelli-Variationen.

Fürs Clavier, nicht Klavier

“Clavier” muss man in diesem Falle mit C schreiben, wie es Bach im Originaltitel auch getan hat, denn zweifellos handelt es sich um Musik für ein zweimanualiges Cembalo, nicht für ein einmanualiges Klavier. Bach kannte und schätzte zwar die frühen Klaviere seiner Zeit, die Silbermannschen Hammerflügel. Doch in diesem Falle dachte er ausschließlich und ausdrücklich an das Cembalo. Viele der komplizierten Stimmkreuzungen in den Variationen lassen sich nur auf zwei Manualen problemlos ausführen, während sie den modernen Pianisten zu Kompromissen zwingen. Die Transparenz, die das Cembalo natürlicherweise an den Tag legt, sein voller, farbenreicher Klang selbst im “dünnen” zweistimmigen Satz und die charakteristischen Klangunterschiede zwischen den Lagen machen es zum idealen Medium für einen Zyklus, in dem Bach alle Möglichkeiten der Satztechnik ausnutzte ? vom galanten Cantabile bis zum strengen Kanon.

Für jede Variation legte er ausdrücklich fest, ob sie “à 1 Clav.” oder “à 2 Clav.” zu spielen sei, also auf einem oder auf zwei Manualen. Nur bei drei Variationen hat er dem Spieler die Wahl zwischen ein- oder zweimanualiger Ausführung überlassen. Stets war die Möglichkeit, das obere Manual im Vierfuß, also zarter und leiser zu registrieren, als “Instrumentierung” mit gedacht.

Seit Glenn Gould und weitaus jüngeren Pianisten wie Martin Stadtfeld sind wir freilich daran gewöhnt, die Goldbergvariationen auf dem Steinway zu hören. Kaum legen wir uns Rechenschaft darüber ab, wie der Pianist auf diesem Instrument “tricksen” muss, um Bachs Stimmführungen einigermaßen originalgetreu beizubehalten, und wie er durch Klangfarbenregie eine quasi orchestrale Instrumentierung der Partitur vornehmen muss, die auf dem Cembalo ganz überflüssig wäre ? von dynamischen Nuancierungen ganz zu schweigen.

Für alle jene Zuhörerinnen und Zuhörer, die sich die Freude an den Goldberg-Variationen nicht durch die Analyse solcher Komplikationen des Kontrapunkts verderben wollen, sei gesagt: Auch diese Dimension hat Bach in seiner monumentalen Clavier-Übung mitgedacht. Nicht umsonst widmete er sie der “Gemüths-Ergötzung” der Musikliebhaber, weniger der Belehrung der Kenner. Graf Keyserlingks Wunsch nach Stücken, “die so sanften und etwas muntern Charakters wären”, hat sich Bach zu Herzen genommen. Nur drei der 30 Variationen stehen in g-Moll, die meisten sind im Affekt heiter-gelöst, manche besinnlich, manche brillant, manche burschikos. Die Schönheiten dieser Musik könnte man nicht besser beschreiben, als es ein anonymer Autor 1788 für die Allgemeine deutsche Bibliothek formulierte, als er Bachs freie, also nicht fugierte “Clavierwerke” beschrieb:

“Was haben aber Bachs übrige Claviersachen [außer den Fugen] nicht für Vorzüge! Wie viel Leben, Neuheit und gefällige Melodie noch itzt, da alles im Gesange so verfeinert ist! Wie viel Erfindung, welche Mannigfaltigkeit in allerley Geschmack, der kunstreichen und galanten, der gebundenen und freyen Schreibart, wo Harmonie oder Melodie herrscht; dort äußerste Schwierigkeit für Meisterhände, und hier Leichtigkeit, selbst für etwas geübte Liebhaber! Wie viel brave Clavierspieler haben seine Stücke nicht hervorgebracht! War er nicht der Schöpfer einer ganz andern Behandlungsart der Clavierinstrumente? Gab er ihnen nicht vorzüglich Melodie, Ausdruck und Gesang im Vortrage? Er, der tiefste Kenner aller kontrapunktischen Künste, (und Künsteleyen sogar) wusste der Schönheit die Kunst unterthan zu machen.”

All dies (ja sogar die “Künsteley” manches allzu ausgeklügelten Kanons) findet sich in der Aria mit verschiedenen Veränderungen.

Autor:

Jörg Stengl aus Unna

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