Über die Bundeswehr und die Wehrpflicht

18. August 2010
NRW, Goch

Eine Armee, die den Anschluss an die Neuzeit verpasste.

Längst ist eine überfällige Reform von Nöten, die derart elementar ist, dass sich niemand so richtig herantraut.

Als ich seinerzeit im Januar 1974 meinen Wehrdienst antrat gab es noch klare Orientierungsmaßstäbe, was das Feindbild anbetraf: Richtung Osten war die Mauer, die die unterschiedlichen Systeme trennte. Die Gegner hatten ihre Waffen auf uns gerichtet und wir die Unseren auf sie.

Und um damals die Verteidigung unseres Landes und den Verpflichtungen gegenüber den Bündnispartnern wahrnehmen zu können brauchte man eine gewisse Anzahl an Waffensystemen, die der Bedrohung angemessen waren. Jeder wusste, woran man war und es gab keinerlei Diskussionen über Sinn und Unsinn von Notwendigkeiten.

Nachdem jedoch den sozialistischen Systemen der Atem ausging und sie sich gen Westen mehr oder weniger öffnen mussten, wurde alles komplizierter. Ehemalige Feinde waren plötzlich unsere Freunde geworden und teilweise sogar Bündnispartner.

Im Laufe der Jahre änderte sich zudem die gesamte weltpolitische Lage mit neuen Brennpunkten. Ob nun als Handlanger oder Partner (das mag man werten, wie man möchte) der allmächtigen Amerikaner, tummelten sich unsere Soldaten plötzlich rund um den Erdball. Aus einer Armee, deren Zweck einst die Sicherung der Grenzen unseres Vaterlandes und die der Verbündeten war, wurde unverhofft ein Heer mit völlig neuen Zielen und Anschauungen.

Irgendwie drängt sich nun die Frage auf, ob Struktur, Waffensysteme und Ausrüstung der heutigen Armee überhaupt noch zeitgemäß sind.

Zur Verteidigung unserer Grenzen wurden damals sicherlich eine große Zahl an Kampfflugzeugen, Panzern, Luftabwehrsystemen mit aller dazugehörigen Logistik benötigt, die einer Verteidigungsarmee angepasst waren. Doch wie ist es jetzt...?

Ist der komplette Aufbau unserer Bundeswehr eigentlich noch zeitgemäß...?

Brauchen wir überhaupt noch die riesige Armada von Flugzeugen, Panzern und sonstigem Gerät, das zudem noch fortlaufend gewartet und auf den neusten Stand gehalten werden muss...?

Ist eine Wehrpflicht in dem Sinne, wie wir sie kennen denn noch angebracht? Wäre eine Berufsarmee nicht effektiver und preiswerter...?
Der allergrößte Teil unserer Bündnispartner hat diesen Schritt bereits vollzogen oder erst gar keine Wehrpflicht, wie die Unsere, eingeführt.

Wenn hunderte von Kampfjets täglich ihre Übungsflüge absolvieren, die Piloten ausgebildet und bezahlt werden müssen und es ist weit und breit niemand da, wogegen diese Geräte jemals eingesetzt werden könnten, dann fragt man sich einfach: wozu...?
Und wenn man bedenkt, dass jene Übungsspiele, Wartung und Bereithaltung auch für weitere Waffengattungen gelten, könnte man zu dem Schluss kommen, dass hier Milliarden von Kosten effektiver kanalisiert und eingespart werden könnten.

Gemessen an den Nachrichten über die schlechte Ausrüstung unserer Soldaten in Afghanistan stellt sich die Frage, ob die gesamte Struktur und Ausrüstung der Bundeswehr nicht neu geordnet und dem Bedarf angepasst werden müsste. Wenn man schon weiß, dass die zukünftige Aufgabe der Bundeswehr darin liegt, schwerpunktmäßig in aller Welt tätig zu sein, dann sollte es jenen Soldaten, die ihren Kopf hinhalten müssen, auch an Nichts mangeln.

Natürlich sollte an dieser Stelle auch die Notwendigkeit erwähnt werden, wie wichtig die Zivildienstleistenden für gewisse Einrichtungen unserer Gesellschaft geworden sind, insbesondere soziale Institutionen, die ihre Organisationsstruktur hierauf ausgerichtet haben. Was spräche eigentlich dagegen, wenn jeder junge Mensch ein Jahr seines Lebens der Gesellschaft zur Verfügung stellte? Es wäre der Gegenwert dafür, dass man in einem System der Freiheit und sozialen Sicherheit leben darf, wie es auf der Welt nicht selbstverständlich ist.

Abschließend sei angemerkt, dass dieser Beitrag einzig der Struktur und dem Aufbau unserer Armee betrifft. Über die Sinnhaftigkeit diverser Auslandseinsätze lässt sich streiten, das wäre ein eigenständiges Thema.

Autor:

Kurt Nickel aus Goch

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