Wenn Ehrlichkeit Entsetzen verursacht.
Leider gibt es Dinge, die kann man nun mal leider nicht ändern. Es sind Tatsachen, die kann man zwar schönreden und gesetzlich regeln kann, trotzdem sind es Realitäten, mit denen man leben muss, ob man will oder nicht.
Niemand möchte es wahrhaben, aber leider ist es oftmals so:
- Behinderte müffeln und riechen aus dem Hals
- Sie sind oftmals laut und distanzlos
- Ihr Verhalten ist häufig herausfordernd und auffällig
- häufig koten und nässen sie ein
- Sind oftmals selbst,- und fremdaggressiv, können das gesamte Mobiliar einer Einrichtung binnen kürzester Zeit kurz und klein schlagen
Warum Menschen dann den Drang haben, sich von ihnen distanzieren zu wollen, ist allzu verständlich. Wer hat schon gern Jemanden um sich, der in keinerlei Weise dem „normalen Verhalten“ entspricht.
Doch es geht noch weiter. Keine Steigerung mehr möglich?
- Da gibt es auch Behinderte, die sich derart eingekotet haben, dass man nicht weiß, wie man sie anfassen soll. Und dabei auch noch um sich schlagend und noch nicht einmal den Mund richtig öffnen wollend, um die Mundhöhle vom Kot zu reinigen.
- Und da gibt es auch Behinderte, die genüsslich das Erbrochene ihres Nebenmannes mit dem Finger vom Tisch schlecken. Es handelte sich hierbei um mit Schleim versetztes Speiseeis.
- Und da gibt es Behinderte deren aggressives Verhalten Eskaliert. Wenn Hänschen dann seine „dollen fünf Minuten“ bekam und wie ein Specht mit dem Kopf eine Glasscheibe nach der anderen durchschlug und die Räumlichkeit aussah, als hätte man dort ein Tier geschlachtet, alles massenweise voller Blut; und wenn man dann zudem noch allein im Dienst ist, dann hat man ein echtes Problem!
- Und da gibt es auch noch Behinderte mit „körperlichen Abscheulichkeiten“ (Fachbegriff nach Goffman), deren Äußeres wahrlich nicht zu knuddeln einlädt und dem Betrachter erschauern lässt (sofern er es zugibt).
Nun hoffe ich doch sehr, dass mir jetzt Niemand mangelnde Achtung gegenüber behinderten Menschen unterstellt, mir etwas unterschieben möchte, ohne den Beitrag objektiv und aufmerksam zu Ende gelesen zu haben. Das wäre unfair und entspräche nicht den Tatsachen.
Das Gegenteil ist der Fall!
Ich habe einzig ausgesprochen und erwähnt, was Keiner so recht gern hören möchte und was so Manchen erschaudern könnte.
Wir sollten froh sein, dass es in diesem Land Einrichtungen gibt, die sich auch um diese armen Menschen kümmern, die mit Sicherheit nicht gern so sind, wie sie sind. Dabei erfüllt es mich mit Zufriedenheit, in einer Einrichtung arbeiten zu dürfen, die sich auch um jene Menschen kümmert, worüber das Gros gern hinwegschaut. Hier ist die Achtung des Einzelnen wirklich gleich gegeben, egal der Schwere seiner Behinderung.
Auffallend ist, dass bei derartigen Krisensituationen gerade Jene, die sich so gern mit Wissen und Zuwendung vor Publikum präsentieren als erste weg sind. Wenn´s brennt, stehen Diese stets in der letzten Reihe, bei Präsentationen zumeist ganz vorne vor.
Natürlich sind das nicht die behinderten Menschen, die wir in den Städten und Fußgängerzonen sehen. Diese sind zumeist frisch gewaschen und gekämmt, dabei meist freundlich und aufgeschlossen. Gern gesehen sind hier Jene mit Down-Syndrom, im Volksmund unter mongoloid bekannt. Ganz Schlaue benutzen auch den Fachbegriff „Trisomie 21“ um ihr Fachwissen zu präsentieren. Das sind die klassischen Knuddel-Proppen! Immer lieb und freundlich, sehr musikalisch und vom Behinderungsgrad gerade richtig um vom Umfeld Zuwendung zu bekommen. Hier passt alles, jeder fühlt sich wohl, sowohl die eine, als auch die andere Seite. Begegnungen finden hier gern beim Kaffe trinken oder Backe-Backe-Kuchen statt.
Doch alle, die behinderte Menschen nur von der Distanz her kennen, haben sich diese schon einmal intensiv mit ihnen befasst...?
Mit intensiv meine ich, dass man täglich mit ihnen zusammen ist, mit ihnen Situationen durchlebt, die auch unangenehm sind und Traurigkeit verursachen? Situationen, in denen man mit ihnen Probleme löst, die Zukunft plant, den Urlaub verbringt? Einfach die NORMALITÄT zusammen erlebt? Mit allen schlimmen und auch schönen Momenten...?
Man wird feststellen, dass sich das Individuum behinderter Mensch im Grunde genau so präsentiert, wie man selbst ist. Einzig unter dem Aspekt einer Behinderung. Entsprechend der Schwere des Behinderungsgrades ist das Verhalten einfach nur etwas anders. Eben dem individuellen Behinderungsgrad angepasst. Der Mensch sollte nicht so vermessen sein und bei dem Begriff „Normalität“ sich selbst als Wertungsmaßstab voraussetzen.
Jeder behinderte Mensch entspricht von seinem Verhalten und seinen Fähigkeiten her seiner individuellen Normalität!!
Verhaltensweisen, Gefühlsäußerungen, einfach ALLES ist einfach nur etwas anders, als bei dem, der sich für normal hält. Gemessen für ihn selbst ist es jedoch völlig NORMAL!!
Ich habe in meiner Arbeit mit behinderten Menschen in diesem Personenkreis eigentlich die nettesten Menschen kennen gelernt. Auch wenn ihnen manchmal die Fähigkeit verwehrt ist, sich verbal zu äußern, so lassen sie einen oftmals ihre Dankbarkeit allein dadurch spüren, dass sie sich mit Vorliebe bei einem Aufhalten. Wenn man die richtige Einstellung dazu hat, dann kann man diese Momente sehr genießen.
Die vielen Jahre haben mich geprägt und zum Nachdenken gebracht. Ich bin dankbar, dass ich auf dem Stand meiner individuellen Normalität sein darf, die mir gegeben wurde. Gerade darum fühle ich mich dem Behinderten gegenüber nicht überlegen, sondern versuche, etwas davon abzugeben von dem, was sie nicht haben, mir jedoch von Gott geschenkt wurde.
Abschließend möchte ich anmerken, dass ich in meiner bisher 36jährigen Tätigkeit im Behinderten,- und Psychiatriebereich so ziemlich alles erlebt habe, was man nur erleben kann. Man mag mir glauben, ich weiß, wovon ich schreibe...
Foto: Rainer Sturm, Pixelio, zur Veröffentlichung freigegeben
Autor:Kurt Nickel aus Goch |
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