Ein großer Teil des Materials moderner Dokumentarfilme über den Zweiten Weltkrieg stammt aus Produktionen, die das NS-Regime hinterlassen hat. Unsere visuelle Vorstellung des Krieges ist also bis heute von Ausschnitten aus Propagandamedien geprägt. Wie aber wirkt dasselbe Material im Original? Die Historikerin Tatjana Tönsmeyer (KWI) und der Filmpublizist Kay Hoffmann (Haus des Dokumentarfilms) zeigen am 23. Juli im Rahmen der Reihe „CineScience Film und Gewalt“ im Essener Filmstudio Glückauf Szenen aus der „Feuertaufe“ von 1940 sowie aus verschiedenen Wochenschauen aus dem Jahr 1941 und analysieren im Abgleich mit den historischen Fakten die filmischen Mittel, mit denen die Szenen ihre verklärende Wirkung erzielen. Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) und des Filmstudio Glückauf, gefördert durch den Verein zur Förderung des KWI.
In den Ausschnitten aus den Wochenschauen und der „Feuertaufe“ werden der Russland- sowie der Polenfeldzug als technisierter und eleganter Kampf gegen Sachen inszeniert. Entgegen der brutalen Realität des Krieges zeichnet die NS-Propaganda mit der Inszenierung von Panzern, Flugzeugen und Explosionen ein ästhetisiertes Bild vom Krieg, in dem keine Gewalt gegen Menschen angewandt wird: hier ergeben sich die Gegner freiwillig.
Referent:
Der freischaffende Filmpublizist Dr. Kay Hoffmann ist seit 2007 Studienleiter im Bereich Wissenschaft im „Haus des Dokumentarfilms“. Seit Mitte der 1990er Jahre betreut er regelmäßig Projekte des Hauses und war wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-geförderten Forschungsprojekt „Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1895-1945“ und Mitherausgeber des 3. Bandes der Publikation „Drittes Reich“. Hoffmann veröffentlicht regelmäßig Bücher und Beiträge in Filmfachzeitschriften, realisiert Filmprojekte und ist als Jurymitglied bei Filmfestivals tätig.
Moderation: Prof. Dr. Tatjana Tönsmeyer, KWI, Leiterin des Forschungsbereichs Europa
CineScience: Film und Gewalt
Im Alltag moderner Gesellschaften gilt Gewalt als unerwünscht, wird tabuisiert und bestraft. Gleichzeitig konfrontieren uns Filme, Dokumentationen und die täglichen Nachrichten ständig mit Gewaltdarstellungen unterschiedlicher Intensität. Gewalt im Film ist zunächst einmal nicht reale Gewalt, sondern vorgestellte, abgebildete und wahrgenommene Gewalt, sei es fiktionale, wie sie beispielsweise für die Genres Western, Krimi oder Horrorfilm stilbildend ist, oder auch faktisch kontextualisierte Gewalt wie z. B. in Dokumentarfilmen oder Wochenschauen.
In der CineScience-Reihe Film und Gewalt greift das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) an vier Abenden unterschiedliche Aspekte des Themas auf und beleuchtet diese anhand von Filmausschnitten mit Gästen aus der Wissenschaft und in der Diskussion mit dem Publikum im Filmstudio Glückauf. Die Reihe wird vom Verein zur Förderung des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) gefördert. Die Teilhabe der Bürger der Stadt und der Region ist ein Schwerpunkt der Arbeit des Vereins. Er unterstützt neue
Formen der öffentlichen Präsentation und Diskussion der Forschungsergebnisse des KWI. Er fördert die interuniversitäre Arbeit des Instituts und den wissenschaftlichen Nachwuchs in den Kulturwissenschaften.
Kartenverkauf (Eintritt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro):
Beim Filmstudio Glückauf an der Abendkasse oder mit telefonischer Kartenreservierung (täglich ab 15 Uhr unter der Rufnummer 0201- 43 93 66 33).
Autor:Magdalena Schaeffer aus Essen-Süd |
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