Kulturbeauftragte der Bezirksvertretung III
„Sie wissen doch, wie’s geht!“

Seit über zehn Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich für die Lokalkultur: Ute Werner.
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  • Seit über zehn Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich für die Lokalkultur: Ute Werner.
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Die Kulturbeauftragte des Bezirks III Essen-West ist ein Altendorfer Urgestein. Ute Werner betreibt das Ehrenamt mit Bodenhaftung und großem persönlichem Engagement. Lange war sie selbst als Sängerin aktiv.

2008 ging bei Ute Werner das Telefon – Anruf des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters Rolf-Dieter Liebeskind. Nach dem tragischen Tod des Kulturbeauftragten Wenzel suchte die Bezirksvertretung III händeringend eine Nachfolge für das Ehrenamt rund um die lokale Kulturszene im Essener Westen. Auf Ute Werner war man unter anderem deshalb gekommen, weil ihr verstorbener Mann der erste Programmreferent für Kultur war; daher hatte sie an vielen Sitzungen teilgenommen. Das Kultur-Ehrenamt also: „Würden Sie sich das zutrauen?“, fragte der Bürgermeister. Die damals 66-Jährige mauerte erst einmal: „Ich glaube nicht.“ Darauf er: „Sie wissen doch, wie’s geht!“ Einen Tag Bedenkzeit brauchte Ute Werner. Dann sagte sie zu.

Organisatorin hinter den Kulissen


Zehn Jahre ist die gebürtige Altendorferin jetzt schon in „ihrem“ Ehrenamt, und es hält sie auf Trab. So beliebt das seit über 40 Jahren veranstaltete „Altendorfer Konzert nach Weihnachten“ ist, so schön Stadtteilfeste sind – hinter den Kulissen machen diese Ereignisse viel Arbeit. Programme wollen geplant sein, passende Räumlichkeiten gefunden. Dabei ist die Kulturbeauftragte Sprachrohr und Ansprechpartnerin für alle Kulturschaffenden im Bezirk. Außerdem hält sie die Verbindung zu Bezirksvertretung und städtischem Kulturbüro.
„Am Anfang ging es für mich direkt in die Vollen“, erinnert sich Ute Werner. „2010 kam ja gleich die Kulturhauptstadt. Da ging das Hauen und Stechen um die Fördergelder los …“
Ums Geld für die Kunst geht es oft. Beispielsweise bei den Programmkonferenzen zur Stadtteilkultur. Üblich ist eine Konferenz im Jahr, Ute Werner organisiert gleich zwei davon. Jede Person, die bei der Stadt als „Kulturträger“ registriert ist, kann bei dieser Sitzung ein Projekt vorstellen. Egal ob Ausstellung, Konzert, Lesung, Tanz, Theater oder – immer gern – eine Kooperation: Bislang können Fördergelder in Höhe von maximal 500 Euro beantragt werden. Voraussetzung ist, dass der Veranstalter einen Eigenanteil (Hälfte der Gesamtkosten) selbst trägt. Vor jeder Konferenz sichtet Ute Werner die Anträge, hinterher stellt sie die Empfehlungen für die BV III zusammen.
Dass die Politik die Kultur-Bezuschussung schon oft pauschal bewilligt hat, hat sicher etwas mit Vertrauen in die Fähigkeiten der langjährigen Kulturbeauftragten zu tun. Die hat nämlich einen prüfenden Blick: „Ich finde schon mal was im Antrag, was rechnerisch nicht stimmt“, schmunzelt sie, „und frage nach, wenn ich was nicht lesen kann.“ Nicht umsonst war Ute Werner in den 44 Jahren, in denen sie bei der Emschergenossenschaft gearbeitet hat, im Rechnungs- und Finanzwesen tätig, später dann in der Firmenbibliothek („Europas größter Fachbibliothek für Abwassertechnik!“).

Singen als „Zweitberuf“


Zum Realitätssinn kommt Ute Werners persönliches Interesse für die Kultur. Besonders für Musik. Mit dem Kinderchor und der Kantorei der Christuskirche ist sie großgeworden. Als sie 19 Jahre alt war, schlug der Chorleiter ihr Gesangsstunden vor. Eine Riesen-Herausforderung! Sie sei nämlich ein Mensch gewesen, „der nur nicht auffallen wollte“, erklärt Ute Werner. Singen war ihr aber wichtig. Also traute sie sich, zur Gesangslehrerin Magdalene Liebenthal zu gehen. Und die eröffnete ihr gleich zu Beginn: „Wenn ich jemanden ausbilde, dann solistisch.“
Dann nahmen die Dinge ihren Lauf: Mit 20 Jahren trat die Gesangsschülerin zum ersten Mal als Solistin auf. Für das Singen opferte sie Urlaubstage, Konzertreisen und solistische Auftritte ergaben sich, kurz: Das Singen wurde zum „Zweitberuf“. Ein Studium an der Folkwangschule kam für sie dagegen nie wirklich infrage, obwohl sie das Angebot von Folkwangprofessoren hatte. Ute Werner: „Ich hatte von Mitsängern gehört, wie schwierig es finanziell war, vom Singen zu leben. So, wie ich es machte, konnte ich mir immer aussuchen, was ich singen wollte. Insofern war ich frei.“

Reisefreudig und engagiert


1978 heiratete Ute Werner ihren Arbeitskollegen Helmut. Sie war 36 und er 45 Jahre alt. Was heute gesellschaftlich kein Thema mehr ist, wurde damals noch misstrauisch beäugt: Das Paar galt als „alt“. Und musste sich einige überhebliche Bemerkungen anhören …
Die Werners waren reisefreudig. Venezuela, die Karibik, China, Myanmar, Australien und Usbekistan gehörten zu den Zielen, die sie zusammen besuchten. Die beiden hatten zehn glückliche Jahre. Bis Helmut Werner lungenkrank wurde und fünf Jahre lang sehr leiden musste. 1994 starb er – Ute Werner war wieder allein. Ein Schock, von dem sie sich nicht unterkriegen ließ. Sie engagierte sich nicht nur im Presbyterium der Kirchengemeinde, sondern auch im Vorstand des Kirchenkreises und sang bis zu ihrem 70. Geburtstag – auch mal unentgeltlich im Altendorfer Weihnachtskonzert. Und für andere Kulturen interessiert sie sich weiterhin: „Dieses Jahr geht es nach Grönland“, strahlt sie.

„So schlecht wie Altendorf gemacht wird, ist es nicht“


Bei ihrer Energie glaubt man Ute Werner ihre 76 Jahre kaum. Ihrer Meinung nach ist es an der Zeit, nach der oder dem nächsten Kulturbeauftragten Ausschau zu halten. Was diese Wahlperiode angeht, klingt sie aber entschlossen: „Gewählt bin ich bis 2020, so lange muss ich noch durchhalten!“
Zurzeit liegt der Kulturbeauftragten vor allem das Miteinander im Bezirk am Herzen. „So schlecht wie Altendorf gemacht wird, ist es nicht“, ist sie überzeugt – auch wenn die Politik den Fehler gemacht habe, dem Norden und Westen der Stadt zu viele Zuwanderer auf einmal zuzumuten. Natürlich wünscht sie sich, dass die Kultureinrichtungen weiter bespielt werden. Und dass die Menschen sich dafür zusammentun. Ein guter Ansatz sind für sie die sieben „Miteinander-Lebens-Regeln“ (Initiative der Arche Noah Essen), die im vergangenen Herbst für den Stadtteil erarbeitet wurden. Dazu beigetragen hätten nicht nur die Lokalpolitik, der Bürgerverein und andere Alteingesessene, sondern auch Vertretungen der verschiedenen Religionsgemeinschaften. „Zum Glück sind alle gekommen!“, freut sich Ute Werner.
Eine Baustelle ist für die rührige Ehrenamtlerin der Fördertopf für Kultur. Um den bangt sie, weil 2018 überraschend zu wenig Förderanträge eingegangen sind. Und schon denkt sie weiter: Man könne vielleicht die Zuschüsse erhöhen, um die Förderung attraktiver zu machen – oder neue Formate einführen, z. B. einen Chorwettbewerb im Essener Westen … Fazit Ute Werner: „Es ist nicht damit getan, viele Leute zu kennen. Man braucht auch ein paar Ideen!“

Autor:

Mareike Ahlborn aus Essen-Süd

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