Fußball und Bergbau
Die "Kurze Fuffzehn" und die "Kleine Gruga"
Besser kann man die enge Verflechtung der traditionellen Fußballclubs im Ruhrgebiet mit dem Bergbau nicht veranschaulichen: Der Zeitstrahl, der die Historie des Traditionsclubs Rot-Weiß-Essen in Deutschlands einzigem Fußballfrelichtmuseum auf 120 Metern zusammenfasst, beginnt mit einem Förderwagen aus der letzten Schicht der Zeche Emil-Fritz und mit einer Bronzestatue mit dem Namen "Kurze Fuffzehn".
Wer die Besonderheiten, die die großen Ruhrgebietsvereine und deren Fans bis heute geprägt haben, verstehen möchte, kommt an der Rolle des Bergbaus bei ihrer Entstehung nicht vorbei.
Denn seit der Gründung des Vereins durch Georg Melches im Jahre 1907 waren die meisten Mitglieder,Zuschauer und Spieler des Vereins im Pütt beschäftigt. Auch als RWE 1953 gegen Alemannis Aachen den DFB- Pokalsieg holte und 1955 gegen Kaiserslautern das Meisterschaftsentspiel gewann, arbeiteten viele Spieler noch unter Tage.An diese Meilensteine der Vereinshistorie wird in dem kleinen Fußballmuseum ebenfalls mit lebensgroßen Fotos erinnert.
Deshalb ist es folgerichtig, dass die Statue "Kurze Fuffzehn" von Fritz Petsch in der Ausstellung "Mythos und Moderne" auf Zollverein gezeigt wurde und erst vor kurzem wieder an die Hafenstraße zurückkehrte.
In einer der ersten Ausgaben der Vereinzeitschrift des Clubs von der Hafenstraße, die ebenfalls den Namen "Kurze Fuffzehn" trägt, heißt es :
"Der Bergmann ist gerade aus dem Schwarz des Schachtes in die Helle des Tages gestiegen. Müde stützt er sich auf seine Hacke. Die Rechte, – die Grubenlampe in der Hosentasche eingehängt – stemmt er in die Hüfte. „Kurze fuffzehn!“ sagt er in der Sprache der Kumpels – Feierabend!“
In einer anderen Deutung bezieht sich die Bezeichnung auf die kurze Pause von 15 Minuten, die die Bergleute unter Tage bei ihrer Maloche einlegten. 15 Minuten dauert auch die Hablzeitpause beim Fußball. Die Kameradschaft und Hilfsbereitschaft, die die Kumpel in der Zeche verband, sollte auch auf dem Palatz gelten.
Die Statue der "Kurzen Fuffzehn", die heute wieder die Zuschauer auf dem Weg ins Stadion begrüßt und an die Tradition des Vereins erinnert, stand ursprünglich in der "Kleinen Gruga", die Georg Melches 1957 im Schatten der Haupttribüne errichten ließ. In dieser kleinen Gartenanlage sollten Zuschauer und Anwohner während der harten Arbeitswoche eine Naherholungsstätte finden.
Die Initiative Georg-Melches-Stadion, die Ultras Essen und die Fan-und Förderabteilung des Vereins retteten etliche aussagekräftige Fundstücke beim Abriss des alten Georg-Melches-Stadions im Jahre 2012 und stellten sie in der neuen "Kleine Gruga" - eben dem besagten Freilichtfußballmuseum- aus. Dort sieht man eine nachgebaute alte Pergola der "Kleinen Gruga", Flutlichtscheinwerfer aus dem alten Stadion , Gartenbänke aus der "guten, alten Zeit" und andere Requisiten des alten Stadions. Sie sollen den Geist von Helmut Rahn, Fritz Herkenrath, Ente Lippens und anderen Spielergrößen des Vereins lebendig zu erhalten.
Ein paar Meter hinter der Freilichtausstellung leuchtet das neue Stadion, dem das Georg Melches Stadion weichen musste . Und auch dort findet man auf Schritt und Tritt Erinnerungen an den "Malocherfußball", den die Zuschauer noch heute sehen wollen.
Und bei jedem Heimspiel ist die Bude nahezu voll, egal, ob in der ersten Bundesliga oder - wie zur Zeit- in der dritten Liga.
Auf dem Gelände der neuen "Kleinen Gruga" ist noch Platz für ein paar Stationen, um die Geschichte des Vereins weiter zu schreiben.
Überrascht war ich, als ich bei meinem Abstecher in die alte Heimat nach Bergeborbeck eine Schulklasse traf, die eine Führung durch das "Freilichtmuseum" bekam.
Im besten Fall haben die Jugendlichen dort gelernt, dass der Fußball und die Bergbautradition
immer noch die Klammern sind, die die Region zusammenhalten und einen Großteil ihrer Identität ausmachen.
Autor:Bernd Dröse aus Essen-West |
5 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.