Von Datteln und Feigen kann man nicht leben
Deutschland fährt gerne in Urlaub. Aber nicht nur mehr nach Italien, Spanien oder in andere Nachbarländer, sondern auch Ziele wie Ägypten, Marokko oder Tunesien sind sehr gefragt. Und weil das nicht nur die Deutschen tun, haben sich viele Orte zum Großteil auf den Tourismussektor spezialisiert. So auch Tunesien und seine Insel Djerba.
„Im Moment besuche ich meine Tochter und meine Enkelkinder hier in Velbert“, erklärt Abdeslam Dhoub. „Viel unterwegs bin ich auch in Altendorf, weil hier Bekannte sind, die ich schon vor langer Zeit bei ihrem Urlaub auf Djerba kennen gelernt habe. Es ist schön zu sehen, wie es dort ist, wo sie herkommen.“
Dhoub selbst kommt aus Zarzis, einer Küstenstadt im Osten des Landes, welche sich nahe der Insel Djerba befindet. Bei seinem Aufenthalt in Essen Altendorf sind ihm vor allem die vielen Grünflächen und Parks, die Sauberkeit und Strukturiertheit im alltäglichen Leben aufgefallen. Auch die Präsenz der Polizei hat Dhoub bemerkt.
„In Tunesien gibt es jetzt auch verstärkt Polizei auf den Straßen. Es wurde nämlich eine sogenannte Tourismus-Polizei eingerichtet, die sich ausschließlich um die Sicherheit der Urlauberinnen und Urlauber kümmert. So hoffen wir, dass wieder verstärkt Touristen vor allem auch aus Deutschland in unser Land kommen“, so Dhoub.
Und das wäre dem Land zu wünschen. Ab 1883 stand Tunesien unter französischem Protektorat und wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts, in der Epoche der Entkolonialisierung, in die Unabhängigkeit entlassen. Gerade als ein Land mit trockener und leichter Luft, schönen Stränden und sehenswerten Wüstentouren hat sich Tunesien schnell zu einem beliebten Reiseziel entwickelt. Hinzu kommt, dass man von Deutschland und anderen europäischen Ländern aus ohne Visum hinreisen kann, was auch viele vor allem über die Weihnachtstage machen.
„Der große Einbruch kam dann ab dem Jahr 2010. Zuerst durch die Revolution 2010/11 und dann durch den Anschlag auf Urlauber in der tunesischen Stadt Sousse Mitte 2015“, erzählt Dhoub. „Auch ich persönlich hatte eine schwere Zeit: Ich musste mein Restaurant und mein Teppichgeschäft schließen.“
Vor allem die Revolution war ein umwälzendes politisches Ereignis, deren Auswirkungen auch in den benachbarten Ländern noch zu vernehmen waren. Die Menschen in Tunesien setzten sich so gegen schlechte wirtschaftliche Lage, die schlechten Zukunftsperspektiven der Jugend und das autokratische und korrupte Regime zur Wehr.
Auslöser war die Selbstverbrennung des 26-jährigen Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi im Dezember 2010. Dieser musste nach dem frühen Tod des Vaters die Familie mit einem fahrbaren Gemüsestand ernähren. Aufgrund von mehrfachen Schließungen seines Standes, der Beschlagnahmung seiner Produkte und Arbeitsmittel und der erfolglosen Beschwerde bei der Stadtverwaltung, sah der junge Mann nur noch diesen einen Ausweg, um ein politisches Zeichen zu setzen.
„Diese Ereignisse haben dann zu dem gefürchteten Tourismus-Einbruch geführt. Zwei Jahre lang hat sich nichts abgespielt und als dann auch noch die Anschläge in Sousse stattgefunden haben, hatten die Menschen verständlicherweise noch mehr Angst und wollten in Tunesien keinen Urlaub mehr machen“, so Dhoub. „Basare und Geschäfte haben schließen müssen, in den zahlreichen Hotels war die Anzahl des Personals höher als das der Gäste. Ohne den Tourismus geht es hier einfach nicht, von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Datteln und Feigen kann Tunesien nicht leben.“
Um den Menschen langsam die Angst zu nehmen und wieder vermehrt Touristen in das Land zu holen hat sich die neue tunesische Regierung unter Beji Caid Essebsi verstärkt für Schutzmaßnahmen ausgesprochen und die oben schon erwähnte Tourismus-Polizei eingeführt.
Sehr stolz kann das Land auf den Nobelpreis sein, den das tunesische Quartett (Gewerkschaft UGTT, Verband von Industrie, Handel und Handwerk (UTICA), die Liga für Menschenrechte (LTDH) und der Nationale Anwaltsverein ), der sich für den nationalen Dialog und für Bemühungen um eine pluralistische Demokratie in dem nordafrikanischen eingesetzt hat, in diesem Jahr erhalten hat. Auch Spitzenpolitiker der deutschen Regierung haben in Tunesien gratuliert.
Bis Dhoub wieder in seine Heimat zurück fliegt, will er sich Altendorf aber noch weiter anschauen und Zeit mit seiner Familie verbringen. „Ich habe schon viel gesehen hier, sogar in ein paar Kirchen bin ich schon gewesen und war beim Gottesdienst dabei. Auch der Niederfeldsee und der Krupp Boulevard wurden mir gezeigt und mit einer Bekannten bin ich bis nach Mülheim gelaufen. Ich mag die Umgebung hier sehr und auch die Menschen gefallen mir hier“, erklärt der Tunesier weiter.
Und auch weil seine Enkel Momo (16), der das Gymnasium besucht, Jaja (6) und Kalil (5) hier aufwachsen, wird er noch länger mit der Region verbunden bleiben.
„Ich würde mir für mein Land aber sehr wünschen, dass der Tourismus wieder erstarkt. Das bedeutet Arbeitsplätze für die Menschen und eine Perspektive für die Jugend. Wie sind ein sehr gastfreundliches Land unsere Türen stehen allen Nationen offen. Ein Friedensland von Nord bis Süd, so soll Tunesien wahrgenommen werden“, schließt Dhoub.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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