Ute Jonetat hat eine ganz besondere Masche
Ute Jonetat ist eine Graffiti Künstlerin. Nein, nicht dass was jetzt viele denken. Sie sprayt nicht mit Farbe in der Gegend umher. Sie hält sich ans Stricken und will damit den Stadtteil verschönern.
„Ich habe zum allerersten Mal vom sogenannten Strick-Graffiti aus dem Fernsehen erfahren. In den USA ist es schon Gang und Gäbe“, so Jonetat enthusiastisch.
In Deutschland hingegen ist es eher unbekannt. „Besonders schön finde ich die Idee, dass man mit dem Strick-Graffiti bestehende hässliche Ecken verschönern kann- ohne- und das findet Jonetat besonders wichtig- sie zu verschandeln oder besprühen zu müssen.“ Ihr Graffiti ist abnehmbar. Wem es nicht gefällt, der kann es also ganz leicht entfernen. Komischer Weise ist das jedoch bisher nur einmal passiert.
Und wie genau kann man sich jetzt so ein Strick-Graffiti vorstellen? Da lacht die Wollkönigin und nippt an ihrem Tee- ihr Lieblingsgetränk. In zumindest einem Zimmer der Wohnung herrscht eines vor: Wolle. In allen Farben, mit Glitzer, zottelige Wolle oder ganz züchtige in weiß... Hier gibt es alles, was Strickherzen höher schlagen lässt. Scherzend meint Jonetat: „Welche Farbe solls denn sein?“ Immer schön bunt. Das ist auch Jonetats Meinung. „Viele Masten im Stadtteil sind grau und trist genug, da muss ja etwas Farbe her.“
Ganz besonders unschön findet die Meister-Strickerin die vielen beklebten Masten, Stromkästen und Mülleimer. „Das sieht einfach nicht schön aus so grau. Mit ein bisschen Strick-Graffiti drum herum werden die Menschen wieder aufmerksamer und benutzen vielleicht sogar eher einen Mülleimer, anstatt ihren Abfall auf die Straße zu werfen.“
Und für jeden, der noch keinem Werk von Ute Jonetat begegnet ist, erklärt sie: „Eigentlich mache ich immer dieselbe Größe von Graffitis.“ Inspiriert wird Jonetat dabei von ihren alltäglichen Spaziergängen durch den Stadtteil.
„Wenn ich dann so einen unschönen Pfahl sehe, dann gibt es kein Halten mehr für mich und im Geiste stelle ich schon die Wolle zusammen, mit der ich mein nächstes Graffiti mache.“ Ab nach Hause geht es danach umgehend. Hat Jonetat genügend Zeit, dann legt sie sofort mit dem Stricken los. Heraus kommt dann ein bunt gestricktes rechteckiges Stück. An den Ende wird es jeweils oben und unten mit einem rutschfesten Faden versehen und ab geht die aufregende Fahrt.
„Schon wenn ich das fertige Stück mit ins Auto nehme, klopft mein Herz wie wild“, gibt Jonetat zu. Denn aufregend ist es immer wieder für sie, ihre Arbeit an den Pfahl zu bringen. Heute hat die Gesamtschule Bockmühle ein Graffiti verdient. Gewappnet mit Nadel und Faden und einer Leiter macht sich Jonetat an den Pfahl. Und blickt sich verstohlen um. „Ich tue zwar nichts Unrechtes, dennoch hat man so ein aufregendes Gefühl, ein bisschen wie einen Adrenalinkick“, so Jonetat. Noch sind Passanten kopfschüttelnd oder begeistert stehen geblieben. Klar, hier scheiden sich die Geister. „Ich stehe jedem, der Fragen an mich hat, gerne zur Verfügung und erkläre meine Aktion“, betont die Strick Meisterin.
Dafür gibt es aber auch die sogenannten Buttons, welche immer aufs Neue an die Werke „angehängt“ werden. „Auf diesen Buttons steht die Nummer des Graffitis und mein Name. Es soll ja alles seine Ordnung haben.“
Zurück aber nun zum Bockmühlen Pfahl. Nachdem die Leiter aufgestellt ist, wird Maß genommen und dann wird das besagte Stück um den Pfahl geschlungen und hinten zusammengenäht. „Möglichst feste, damit es nicht herunter rutscht“, ist es Jonetat wichtig. Und was passiert bei Regen. „Regen ist für mein Graffiti ein Segen“, lacht Jonetat. Denn dann wird es sauber. „Zu Beginn sind die Grafftiti teilweise noch heruntergerutscht. Das habe ich mit dem Gummifaden unterbunden“, betont Ute Jonetat stolz.
Überhaupt blickt aus ihrem Antlitz die Abenteuerlust heraus. Wie Freunde und Familie es finden? „Zuerst hat mein Sohn schon etwas komsich geguckt. Jetzt ist er genauso begeistert wie ich“, erzählt die Königin der Pfähle.
Einen Traum hat sie sich erst kürzlich erfüllt. Beim Stillleben die Leitplanke bei der Auffahrt Frohnhausen mit selbstgestrickten Graffitis zu glänzen. „So sahen die Leitplanken gleich viel freundlicher aus“, schmuzelt Jonetat.
Hilfe hatte die Hobbystrickerin, die bereits mit 18 Jahren ihr erstes Kleid selbst gestrickt hat, von der Näh- und Strickgruppe ihrer Mutter. „Die rüstigen Damen haben mir geholfen, viele Meter des Grafftitis für die A40 Leitplanken zu erstellen. Mein Dank gebührt auch ihnen.“ Und dem Odrnungsamt. Das hat bisher ihre Graffitis geduldet. Eins lässt sich Jonetat in jedem Fall nicht nehmen: „Von Zeit zu Zeit besuche ich meine Werke, um sie zu begutachten und zu schauen, ob noch alles am vorbestimmten Platz ist.“
Ihr ganz neues Projekt: „An der Kulturlinie 107 möchte ich die Haltestellen bzw. bestehende Pfosten und Pfähle verschönern, damit auch Durchreisende das Strick-Graffiti sehen.“
Mitstreiter sind auch noch gesucht. Wer also Lust hat, ein Strick-Graffiti zu erstellen, meldet sich einfach bei Ute Jonetat. „Und über Wollspenden freue ich mich natürlich auch, denn sonst ist es schon ein sehr kostspieliges Hobby“, so Jonetat. Dann muss sie auch schon wieder los in den Stadtteil, ihre neuesten Werke begutachten.
Und natürlich werden diese alle auch fotografiert. „Das muss ich festhalten, damit ich es mir immer ansehen kann. Das motiviert. Und macht Lust auf weitere Graffiti.“ Na dann allzeit frohes Stricken! Auf dass der Stadtteil so noch schöner wird!
Autor:Silvia Decker aus Emmerich am Rhein |
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