„Unser kleiner Beitrag“

Engagierter Ordensmann: Pater Ludger Hillebrand SJ.
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Pater Ludger Hillebrand SJ gründet zusammen mit einem Ordensbruder eine Wohngemeinschaft mit Flüchtlingen in Frohnhausen.


Was ist ein Jesuit: Mönch oder Priester? „Von beidem etwas,“ sagt Pater Hillebrand. Er muss es wissen, denn er ist einer: ein Ordensbruder der Ordensgemeinschaft Gesellschaft Jesu (Societas Jesu, Kürzel: SJ). Wie Ludger Hillebrand sind viele Jesuiten studierte Priester, die aber nicht an ein bestimmtes Bistum oder Kloster gebunden sind; sie tragen kein Ordensgewand und haben im Alltag keine festen Gebetszeiten.
Auch bei den jährlichen 8-tägigen Exerzitien und den zweimal im Leben stattfindenden Schweigeexerzitien gibt es eine individuelle Begleitung. Oder, in Hillebrands Worten: „Der Orden geht auf die individuellen Bedürfnisse ein.“ Schon Ignatius von Loyola, der den Orden im 16. Jahrhundert gründete, dachte ziemlich modern an den Einzelnen und war davon überzeugt, dass jeder Mensch seinen eigenen Zugang zu Gott hat.
Seit 1999 ist Ludger Hillebrand Mitglied im größten Männerorden der katholischen Kirche. Eingetreten ist er, weil ihm die Spiritualität gefiel, das Leben in Gemeinschaft und das praktische Engagement des Ordens für Notleidende. Die Jesuiten werden unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Stärken in die Welt geschickt. Das bedeute für ihn, schmunzelt der Pater, dass er zum Glück wohl nie als Lateinlehrer arbeiten müsse („mein persönliches No-Go!“).
Vor dem Ordenseintritt war Pater Hillebrand SJ Priester in Warburg und Schwerte. Durch sein Elternhaus in Büren bei Paderborn wurde er von Anfang an katholisch geprägt. Zum Theologiestudium hat er dann über eine Band in der kirchlichen Jugendarbeit gefunden. Musik liebt er heute noch: Er spielt klassische Gitarre, E-Gitarre, Mandoline, neuerdings auch Ukulele.

St. Ludgerus und St. Lucius

Dass der gebürtige Westfale seit ein paar Monaten in Essen lebt, beruht auf einer Entscheidung der Ordensspitze. Seit polnische Jesuiten die Kirche St. Ignatius in Holsterhausen 2012 verlassen hatten, waren die Jesuiten im Ruhrgebiet nicht mehr präsent – erstmals seit fast vierhundert Jahren. Das wollte der Leiter der deutschen Jesuiten ändern und besann sich auf seine guten Beziehungen zum Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Tatsächlich sah das Bistum Essen neue Einsatzmöglichkeiten für Jesuiten. Besonders in einem Bereich: der Flüchtlingsarbeit.
So kam es zu dem Vorhaben, das ehemalige Pfarrhaus von St. Elisabeth (Frohnhauser Straße 400) zu einer Wohngemeinschaft für Geflüchtete umzubauen. Pater Hillebrand meldete sich als Mitarbeiter und zukünftiger Mitbewohner. Mit denkbar guten Voraussetzungen. Er war bereits acht Jahre Flüchtlingsseelsorger in einem Berliner Gefängnis und hat unter anderem Erfahrung in der Rechtsberatung von Asylsuchenden. In Frohnhausen steht ihm Pater Lutz Müller SJ zur Seite, der eine psychologische Zusatzausbildung hat. Vorher gekannt haben sich die Ordensbrüder nicht. Das Team in Essen müsse aber vom Schicksal gewollt sein, meint Ludger Hillebrand augenzwinkernd – wenn man an ihre Vornamen und die Abteikirchen in Werden denke. Bei der Frage, ob St. Ludgerus schöner ist als St. Lucius, eröffnen sich da ganz neue Deutungsmöglichkeiten …

Toleranz und Arbeitsethos

Der Start der Wohngemeinschaft an der Frohnhauser Straße ist für April 2017 geplant. Nach dem 2014 in Syrien ermordeten Pater Frans van der Lugt SJ soll die Einrichtung „Abuna-Frans-Haus“ (arab.: Abuna = Pater) heißen. Hier werden die beiden Geistlichen mit acht Männern unterschiedlichen Alters und möglichst verschiedener Konfessionen zusammenwohnen – Muslimen, Christen und Jesiden. Bei der Auswahl der Mitbewohner hilft die Caritas. Grundvoraussetzung für die Aufnahme in die „Willkommenskommunität“ ist, dass der Kandidat etwas Deutsch oder Englisch spricht. Und dass er Toleranz für andere Religionen mitbringt. Was ihn selbst betrifft, hält Pater Hillebrand es mit einem Wort des (ebenfalls jesuitischen) Papstes Franziskus: „Gott ist nicht katholisch.“
Im Abuna-Frans-Haus soll jeder Mitbewohner ein eigenes Zimmer bekommen, geteilt werden die Bäder, die Küche, der Wohnbereich und die häuslichen Pflichten. Mit jeweils einer Zweidrittelstelle arbeiten die Patres im Bistum und der Pfarrei mit. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit wird in der Flüchtlingsgemeinschaft sein. Keine leichte Aufgabe. Davon macht Pater Hillebrand SJ kein Aufhebens: „Wir sind nicht die Ersten, die sich um Flüchtlinge kümmern. Das ist unser kleiner Beitrag.“

Erfreuliches im Essener Westen

Lieber spricht der Pater darüber, wie viel andere in Essen leisteten – Caritas, Diakonie, Pro Asyl und die Ehrenamtlichen bei den runden Tischen –, das sei schon erstaunlich. Ansonsten schätzt er im Ruhrgebiet den offenen, direkten Gesprächston. Er freut sich auf die Vielfalt der Gemeinde von Altendorf („das Kreuzberg von Essen“) bis zur Margarethenhöhe („ein schönes katholisches Biotop“).
Wenn die WG an der Frohnhauser Straße einmal etabliert ist, hat Pater Hillebrand SJ vielleicht auch wieder mehr Zeit, die Gegend mit dem Rad zu erkunden. Radtouren im In- oder Ausland macht er nämlich gern. Bis dahin bleibt er optimistisch. Die üblichen langen Medienberichte über Kriminalität gäben ein schiefes Bild, findet er, normalerweise klappe das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen doch gut. So habe beim Gemeindefest in Altendorf, das als Oktoberfest gefeiert wurde, ein Afrikaner Leberkäs ausgegeben und ein Afghane am Bierstand gestanden. Geht doch! Wir müssten, erklärt der Pater, nur „das Selbstverständliche mehr würdigen“.

Autor:

Mareike Ahlborn aus Essen-Süd

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