Statt roter Teppich - Sägespäne
Bravissimo! Mit „Berthanini“ platzte die Jubel-Schule aus den Zelt-Nähten!!!
O Bertha! Du bist jetzt 50 - und kein roter Teppich für die Prominenz! Sondern Sägespäne. Es kommt noch härter: Den strömenden Gäste wurden nicht Ledersessel in der Aula unter den Po gerollt. Stattdessen saßen sie im Zelt auf harten Circus-Bänken oder Klappstühlen - auf dem Bertha-Krupp-Schulhof. Trotzdem klappte kein Besucher zusammen. Im Gegenteil: Die bravorösen „Berthanini“-Circus-Pennäler machten ihre „Bertha“ noch begehrlicher…
Eine wohl einmalig schrill-schräge Jubiläumsfeier rollte da ab. Die 5-Jahrzehnte-Bertha ist eben begehrenswert. Die Penne zieht. Allen voran flatterten früh zur Feier herein Lieselotte Schroeder, Jahrgang 1920 mit Lieselore Ohlmeyer, Jahrgang 1928. Sie waren schon vor fünfzig Jahren bei der BKS-Eröffnung, fühlten sich als Lehrerinnen immer in der Schule Pauker wohl. Wie ist das jetzt? „Laut. Doch wunderbar. Eine gepflegte Schule. Damals war sie reine Mädchenschule. In den 70-er Jahren kamen die Jungen dazu (Gott sei Dank!). „Früher gingen die Kinder in zweier Reihen in die Klasse. Erschien die Lehrerin, standen sie auf, sagten: Guten Morgen Frau… Wir: Gut, setzt euch…“. Vergangenheit.
Gegenwart: Schulleiter Guido Martin schafft seinen Circus-Auftritt mit Konrektor Marc Steinhoff locker, lecker, leicht. Auf zwei Originalexemplaren der alten Aula-Bestuhlung vor 50 Jahren nehmen sie Platz. Eine Zeitreise spult über einen Beamer ab, denn das Gebäude wird gefeiert - verbunden mit der Namengebung. Getreu dem Motto „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte haben wir ein kleines Bilderbuch zur Geschichte der BKS zusammengestellt. Grundlage unserer Rückschau sind drei schwere Chronikbände, in denen Jahr für Jahr das Geschehen an der BKS aufgezeichnet worden ist. Unsere Auswahl der Fundstücke – Zitate, Fotos, Zeitungsausschnitte – sind ganz subjektiv, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber keinesfalls wahllos.“
Gekicher bei den Worten: „Röcke gehörten damals übrigens zur Pflichtbekleidung der Schülerinnen.“ Zitat aus der ersten Mitteilung der Schulleitung an die Eltern 1961: „…wenn wir den Schülerinnen auch das Tragen von Schuhen mit spitzen Absätzen (sogenannten Pfennig- oder Bleistiftabsätzen) in der neuen Schule untersagen müssen…“
Es war einmal. Mittelpunkt des jetzigen Jubels sind absolut die Schüler. Sie handeln nach einem uralten Rezept: Selbst ist der Mann – die Frau. Motto: Wir machen Circus! Ihr Partner: Freie Pädagogische Initiative e.V. Unna. Boss Edgar Hedergott mit seinem Team brachte den Schülern in drei Tagen die hohe Circuskunst bei. Vom Feinsten. Die Moneten dafür schwitzten, häuften sich die Jugendlichen an beim Riehlpark-Sponsorenlauf. Ca. 11000 €!!!
Endlich - Manege frei, Handys aus. Spot an!
Alle sitzen sie eng an eng im Circuszelt. Gezeigt wird „Der blaue Planet“. „Es geht um den Erhalt der Natur, der Schöpfung. Die Welt ist so erhaltenswert für alle Kreaturen, die in Frieden miteinander leben sollen. Die Botschaft des Circus: Hier ist nur ein kleiner Teil dieser Welt; auf dem „Blauen Planeten“ leben Menschen aller Nationen und Tiere aller Rassen. Das Leben als Vorbild für die reale Welt…“ umreißt Ute Makedonski, Lehrerin.
Die Vorstellung beginnt mit einer beeindruckenden Schwarzlichtshow, es folgen faszinierende Fakire, Gaukler, Zauberer, Clowns. Mit Feuer und flammendem Eifer zeigen die jungen Bertha-Künstler-/innen unglaubliche Akrobatik in wunderschönen Kostümen auf dem Seil, in der Luft, auf dem Boden.
Wie schaffen die das so schnell? „Es macht den Kindern Spaß. Uns auch“, strahlt Marlene Spata. „Ich bin beeindruckt, was man aus Schülern in der kurzen Zeit herausholen kann, wenn man Dinge mit ihnen macht, die ihnen Freude bereiten.“ Etwas wehmütig räumt Wilfried Wellpoth, Ex-BKS-Lehrer, ein: „Es ist manchmal schwierig, Schüler so schnell zu begeistern für die Schule…“
Auch Pädagoge Thomas Jung, Schulleiter Realschule Essen-West, zieht’s immer wieder an seinen alten Arbeitsplatz. „Ich war 20 Jahre hier. Ehemalige Kollegen zu treffen, ist herrlich.“
Kokana (12), Asena (12), Jermeyn (11), Pascal (13) und die vielen, vielen Mitschüler schufteten für ihren Circus jedenfalls freiwillig massig Überstunden. Warum? „Weil wir echt Freude haben. Wir geben alle unser Bestes!“
Von den leuchtenden Augen der Schüler zeigte sich Bernd Droese, Unterstufenkoordinator Alfred-Krupp-Gymnasium, so angetan, dass er mit seiner Frau Lilo den Circusbesuch am nächsten Tag wiederholte.
Ein Gesamtkunstwerk prasselte da wiederholt vor zig Zuschauern ab. Eine bewegte und bewegende Schule – die fünfzig-jährige Bertha!
Fotos: Michael Gohl / West Anzeiger
Autor:Ingrid Schattberg aus Essen-West |
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