Schwerbehinderter Mike Schmitz möchte anderen Mut machen

Mit Prothese fährt Schmitz sogar Cross Bike. Fotos: Debus-Gohl
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Mike Schmitz ist ein fröhlicher Mann. Er lacht, ist selbstbewusst, genießt sein Leben, macht sogar aktiv Sport- und das, obwohl der 45-jährige seit 26 Jahren nur noch ein Bein hat.

Vor 26 Jahren ereilte Mike Schmitz, der gelernter Metzger ist und sich gerade beruflich weiterentwickeln wollte, ein schwerer Schicksalsschlag. Sein rechtes Bein musste im Krankenhaus abgenommen werden. Bis übers Knie! „Am Anfang war ich geschockt“, gibt Mike Schmitz zu. „Ich habe nur noch geweint.“ Erfreulicherweise heilte der Stumpf gut ab. Schmitz bekam eine Beinprothese. Und weil er sich selbst als Stehaufmännchen tituliert und schon vorher immer positiv durchs Leben gegangen war, kam er an einen wichtigen Punkt: „Vom ein auf den anderen Tag war ich schwerbehindert. Auf die Hilfe anderer angewiesen. Irgendwann habe ich mir einen Ruck gegeben und erkannt, dass das Leben auch mit nur einem Bein weitergeht.“ Genau deswegen erzählt Mike Schmitz auch seine Geschichte: Um anderen Menschen, denen ähnliches widerfahren ist, Mut zu machen.

Erstes Ziel: Laufen lernen!

Das erste Ziel hieß fortan: Wieder laufen zu lernen. Mit der Prothese war das ein ganz anderes Gefühl. Flüssige Bewegungen waren unmöglich, Treppensteigen ging nur noch Stufe für Stufe. Große Distanzen zu laufen waren gar undenkbar.
Zuerst war da zudem eine gewisse Scheu. Beobachtet zu werden, die stillen mitleidigen Blicke, die ihn und die Prothese musterten, machten ihm am Anfang sehr zu schaffen. „Ich traute mich im Urlaub kaum, eine kurze Hose anzuziehen“, erinnert sich der Bredeneyer.
Doch dann kam die Wende. „Irgendwann ist es mir egal gewesen, was die Leute denken. Denn ich selber muss mit diesem Leben klarkommen.“ Fortan versteckte Schmitz seine Prothese nicht mehr.
„Meinen alten Beruf als Metzger konnte ich nicht mehr ausüben. Die langen Standzeiten, der rutschige Boden in den Metzgereien, das hätte niemals geklappt.“ Schmitz machte eine Umschulung und ist nun im Einkauf für ein Unternehmen tätig. 24 Jahre schlägt er sich mit dem mechanischen Bein durchs Leben. Lässt sein Auto umbauen und erfährt durch Zufall, dass er den Führerschein erneut machen muss. „Das Straßenverkehrsamt muss urkundlich bezeugen, dass ich fähig bin, im Straßenverkehr zu fahren- auch als Schwerbehinderter.“ Sollte das nämlich bei einem Unfall (auch wenn der Gegner Schuld ist) nicht nachweisbar sein, träfe Schmitz eine Teilschuld. Davor möchte er auch andere Schwerbehinderte warnen.

Wendepunkt im Leben

Dann kommt ein großer Wendepunkt in Schmitzes Leben! Nach 24 Jahren mehr schlecht als recht zu Fuß, bekommt er von der Krankenkasse die Genehmigung für eine ganz neue Beinprothese. Mit dem sogenannten C-LEG ändert sich Mikes Leben drastisch. „Seit diesem Zeitpunkt fing eine neue Lebensqualität bei mir an“, verdeutlicht er. Durch Mikroprozessoren gesteuert lässt sich die Prothese viel besser einsetzen. Spielerisch lernt der Kaufmann, wie er mit dem C-LEG umgehen muss. Verzögerungen gehören bei dem neuen C-LEG der Vergangenheit an. Der Schwerbehinderte schmunzelt: „Jetzt gehe ich Treppen ohne Geländer herunter, auch Gefälle machen mir keine Probleme.“
Doch Schmitz macht noch mehr möglich. Durch die errungene Erleichterung findet er wieder Spaß am Sport. Täglich fährt er mit seinem C-LEG (der Fuß der Prothese wird am Rad mit einer Schlaufe befestigt) mit dem Cross Bike 60 bis 70 Kilometer. Die Strecke von Essen zum Kemnader See (64 Kilometer hin und zurück) schafft Schmitz mit einer Bestzeit von 3 Stunden 9 Minuten.
Die letzten Wochen trainierte der Sportler für den Nordic Walking Cup in Überruhr am heutigen Samstag. „Da hoffe ich, im oberen Drittel ins Ziel zu kommen!“ Schnell unterwegs ist Schmitz auch beim Nordic Walking. Er läuft zehn Kilometer in einer Stunde und 33 Minuten, das kann sich durchaus mit den Zeiten eines normalen Walkers messen.

Seine sportlichen Erfolge motivieren Mike Schmitz

Motivieren tut sich Schmitz immer wieder selbst. „Wenn ich jemanden sehe, der auf der Trasse vor mir mit dem Rad fährt, möchte ich ihn gerne einholen.“ Das schafft der Sportler meist mühelos und freut sich dann besonders über seinen Erfolg.
Sehr erfreut ist Schmitz über die positive Resonanz der anderen Mitmenschen. „Viele Leute, die mich mit Segway sehen, machen den Daumen hoch“, erzählt er. „Selbst eine Oma hat mich mal vom Rad gewinkt, da sie meine Prothese einmal anfassen wollte.“ Leute die verstohlen weggucken, oder ihren Kindern sagen: ‚Lass den, der Mann hat Aua‘, erklärt Schmitz direkt: „Nein ich habe kein Aua, ich habe eine Beinprothese.“ Denn der Schwerbehinderte ist für mehr Offenheit und Verständnis für Schwerbehinderte. Das sollten auch Kinder früh von ihren Eltern lernen, sonst ist eine Akzeptanz in der Gesellschaft nie richtig möglich.

"Es geht mir darum, behinderten Menschen Mut zu machen."

„Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich nicht im Vordergrund stehen möchten. Es geht mir einfach darum, behinderten Menschen Mut zu machen. Man sollte nicht den Kopf in den Sand stecken und sich immer neu motivieren.“ Viel Unterstützung erhält Schmitz auch von seiner Frau Carmen, die er über alles liebt. „Sie hilft mir in allen Lebenslagen.“ Die richtige Liebe gefunden hat Schmitz, denn Carmen kennengelernt hat er trotz Prothese. Ihr war klar: Sie liebt das Wesen des Menschen, nicht ob er zwei oder nur ein Bein hat.

Großes Geschenk von Freund Andreas Weitersagen

Ein großes Geschenk gab es für Schmitz von seinem Freund und bekannten Musiker Andreas Graumnitz alias Andreas Weitersagen. Denn Weitersagen produzierte für Schmitz einen eigenen Song, der fortan wie ein positives Mantra über dem Leben von Schmitz hängt und ihn immer wieder neu motiviert. Der Song heißt „Du schaffst das“ und davon ist Schmitz auch überzeugt! „Ich sage es Ihnen: Beim Wettkampftag am 25. April werde ich sicher nicht als letzter die Ziellinie überqueren!“

In diesem Video kann man sich ein Bild davon machen, wie Mike Schmitz mit Beinprothese lebt:

Autor:

Silvia Decker aus Emmerich am Rhein

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