Schul-Sucht....
Jugendliche zieht’s magisch in ein heißes Stadt-Projekt – Büffeln statt auf dem Bauch liegen!
Huch hu – Holiday, jubelten die meisten Schüler. Es gibt aber auch andere, die süchtig sind nach Schule. Achtung: in den Ferien! Täglich „Schicht“ schieben freiwillig 90 jugendliche Geflüchtete. Aus dem Staunen kommen wir nicht raus, wie perfekt manche Deutsch sprechen. Sprache ist lebenswichtig! So bin ich sprachlos, als ich einen 18-Jährigen etwas fragte und Ariane Schams, von der Stadt, Fachbereich Schule, plötzlich persisch parlierte. Ich verstand nur „Bahnhof“...
Das A und O in einem Land ist also zuerst das Erlernen der Sprache. Das Verstehen. Da hinkt die Stadt Essen nicht hinterher, sondern bietet vom 26. März bis 6. April in der Schule Adelkampstraße 25, Frohnhausen, 90 zugewanderten Jugendlichen kostenlos ein zweiwöchiges Osterferienprogramm an "Gemeinsam durch die Ferien".
Klartext: In sechs kleinen, leistungshomogenen Unterrichtsgruppen können Jugendliche hier ihre Deutschkenntnisse täglich wesentlich verbessern. Also, auf die Stühle, fertig, los!
Adriane Schams mit Kollegen fächern auf: „Täglich ab 10 – 14.30 Uhr heißt es: Lernen! Schüler-/innen des Essener Berufskollegs nehmen teil, die eine internationale Förderklasse besuchen. In den Ferien ihre Deutschkenntnisse verbessern wollen. Herkunftsland, Aufenthaltsdauer und –Status spielen keine Rolle. Vorausgesetzt wird die Bereitschaft zur regelmäßigen Teilnahme und aktiven Mitarbeit.
Tatort Schule. Da wird ein Gewimmel, Durcheinander sein? Mit mir gehen Ariane Schams, Jonas Molitor, Maricio Marcondes, Schule/Bildungsbüro, die Stufen hoch. Neugierig schau ich in die Klasse. Bin baff! Laut? I wo. 13 Jugendliche schreiben hochkonzentriert.
Lehramtsstudierende im Tandem unterrichten in sechs Klassen. Aufgeteilt in zwei A1 Kurse – für Anfänger, heißt: Erste Wörter lernen, Grammatik, Strukturen. Ferner 2 A2 Kurse für Fortgeschrittene. Plus zwei B1 Kurse für Schüler, die bereits stark in Kommunikation und Grammatik sind.
Wir sind in Klasse B1. Justyna Wolska, vom Lehrpersonal, bilanziert: „2017 lief das Stadt-Projekt mit 120 Geflüchteten über drei Wochen: Unterricht plus viele Ausflüge.“
2018: Zwei Wochen Pauken, nur am letzten Tag wird auf die „Pauke“ gehauen!
Stuhl an Stuhl büffeln Jugendliche, helfen sich gegenseitig; kommen aus Rumänien, Irak, Syrien, Italien, Afghanistan, Somalia, Kurdistan, Bosnien. „Alle sind sehr motiviert. Wollen wirklich lernen. Wir fragen: In welchem Bereich benötigt ihr Unterstützung? Wo habt ihr Schwierigkeiten?“, verdeutlicht Wolska.
Stichwort Schwierigkeiten! Wer möchte nicht aufs Foto für die Zeitung? Alle wollen!! Schnell auf den Schulhof. Klick! Wusch, weg. Die Lern-Lust zieht. Augenblicklicher Stoff: Wie man eine Inhaltsangabe verfasst...Elias, der Älteste, zählt 22 Lenze. „Du schreibst über Schloss Valenz!“, wünscht Wolska. „Nachher die vier Fälle – Nomen.“ Ihre Augen leuchten: "Die Gruppe hat bereits ein ziemlich hohes Niveau. Alle sind sehr stark im mündlichen. Im Schriftlichen hapert es noch etwas. Daran arbeiten wir jetzt."
Schüler Jawad Ahmad stolz: „Ich bin schon 18 Jahre. In Deutschland seit zwei Jahren, sechs Monaten.“ Er kommt aus Afghanistan; flüchtete mit Eltern, drei Geschwistern. Landeten in Essen. Wie war der Start? „Mit sehr vielen Schwierigkeiten, weil wir nicht deutsch sprechen konnten. Erst lebten wir im Asylheim. Wir haben jetzt eine Wohnung.“
„Er ist sehr fleißig, integriert sich hier super!“ Der 18-Jährige lacht mich stolz an. „In der Freizeit schwimme ich, spiele Fußball, gehe ins Fitnessstudio. Ich möchte gern Kfz-Mechatroniker werden, dann mich selbständig machen. Wahrscheinlich habe ich nächstes Jahr meinen Hauptschulabschluss nach der Klasse 10."
Heftiger Einwurf von Justyna Wolska: „Du hast das Zeug, mehr zu schaffen. Mittlere Reife oder Abitur. Darüber reden wir noch – versprochen, und ich helfe dir.“
Autor:Ingrid Schattberg aus Essen-West |
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