Schluss mit heißer Schulliebe
28.1.: Scheiden tut weh von Power-Pädagogin Gabriele Günther. –
Wenn die junggebliebene Gabriele Günther von „ihrer“ Cosmas und Damian-Schule spricht, springt das gewisse Feuer aus ihren Augen. Die Schulleiterin liebt sie nicht nur seit über 25 Jahren. Sondern was sie über diese Grundschule berichtet, ist unglaublich. Wetten, nicht zu toppen…
Beginnen wir mit einem kleinen Zahlenspiel: Die Schule als Institution ist bereits 325 Jahre alt; das jetzige Denkmal geschütze Schulgebäude der Cosmas und Damian-Schule ist just knapp über 100 Jahre alt. Von diesen 100 Lenzen ist Gabriele Günther nun ein Vierteljahrhundert Schulleiterin.
Jubel-Grund! Denn je mehr Jahre die Schule auf dem „Dach“ hat, umso anziehender wird sie für junge Pennäler. Während andere Pennen wegen fehlender Schülerzahl dicht machen, müssen hier jährlich Schüler an andere Schulen „umdirigiert“ werden, weil die sonst platzen würde.
Kult ist die Cosmas und Damian-Schule. Ein Stück Schul-, Heimat-, Kulturgeschichte. Die Rektorin bilanziert: „Sie ist die älteste Schule im Essener Westen, zeitlich gesehen in der damaligen Bauernschaft entstanden, damals eine Schule für das ganz normale Volk auf dem Lande.
Zwei kleine Schulgebäude (ein- bis zweiräumig) gingen dem heutigen Bauwerk voraus, bis 1909 das „prächtige Gebäude“ an der Berliner Straße mit 17 Räumen eingeweiht wurde.
Viele Namensbezeichnungen (die vorletzte: Schule an der Berliner Straße) sind dem heutigen Namen vorausgegangen. Mit der Jahrhundertwende 2000 erhielt das Gebäude den Namen unserer Essener Stadtpatrone Cosmas und Damian. Urkundlich erwähnt sind seit 1800 vor mir zwölf Schulleiter. Wie es früher selbstverständlich war, nur männliche Personen.“
Gabriele Günther ist hier also in Frohnhausen die erste Schulleiterin, die gleichzeitig von allen 12 Vorgängern die Schule am längsten leitet. Und jetzt kommt es hammerhart. „Ich selbst bin Frohnhauserin, war Schülerin dieser Schule. Auch mein Vater und seine Geschwister waren Schüler dieser Schule - und zwar damals, als sie 1910 eingeweiht wurde. In den alten Unterlagen konnte ich nachlesen, dass mein Großvater im Elternbeirat war, so nannte man damals die Schulpflegschaft. Ich selbst erlebte das Schulgebäude nach dem Krieg notdürftig instandgesetzt mit noch erheblichen Kriegsspuren. Auch mein Ehemann besuchte diese Schule. Aber damals fand man ja die Jungen „blöd“ und so kannte man sich nur von weitem… „
Logisch, ebenfalls Enkelkind Ida besuchte die Grundschule! Wow, jetzt ist auch Enkelkind Ben angemeldet. Er büffelt ab Sommer in der – richtig! - Cosmas und Damian-Schule.
Sie blickt zurück: „Als ich Lehrerin wurde, war für mich klar, dass ich im Umfeld dieses Wohngebietes arbeiten möchte. So gelang es mir, 14 Jahre lang in Altendorf an der Heinrich-Strunk-Schule tätig zu sein. Dort arbeitete ich sehr gerne. Mehrere Jahre unterrichtete ich, nachdem die ersten türkischen Mitbürger kamen, türkische Vorbereitungsklassen. Ich lernte damals die Gastfreundschaft türkischer Familien kennen, begann Türkisch zu lernen, was mir allerdings sehr schwer fiel. Daher verstehe ich, dass man viel Geduld haben muss, wenn ein Kind unsere Sprache erlernen soll.“
Als die Schulleiterstelle an der Berliner Straße ausgeschrieben wurde, meldete sich Günther, erhielt den Zuschlag. „In den Jahren meiner Schulleitertätigkeit gab es etliche Reformen und schulische Neuerungen. Mit dem Lehrerteam haben wir jeweils abgewogen, was umsetzbar ist. Mit gewissen Traditionen haben wir jedoch nicht gebrochen. Wir setzten sinnvolle Neuerungen ein, experimentierten jedoch nie auf dem Rücken der Kinder.“
Hätte die Pädagogin noch mal die Wahl, sie würde sich immer wieder für den Lehrerberuf entscheiden, „wegen des Unterrichts mit Kindern. Ich würde auch wieder Schulleitung machen, weil man viele Möglichkeiten hat, das Schulleben zu gestalten. Aber man muss - das habe ich zu spät gemacht, sich ein dickeres Fell anschaffen…“
Sie kämpft immer noch wie eine Löwin für Kinder und Schule. Aber mehr piano, heißt – packt gelassener Probleme an, lässt sie nicht an den Magen ran. Das schafft sie durch Sport wie Tennis in der Lehrersportgemeinschaft, sie steigt auf’s Rad, macht Walking. In ihrer Freizeit widmet sie sich leidenschaftlich der Bildhauerei. Wiederum so glanzvoll, dass u. a.. ihre Skulptur „Zeitzeugen“ bereits in der Gruga ausgestellt war und im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 in der Neuen Mitte, Haarzopf, zu besichtigen ist.
Außerdem, gesunde Ernährung ist sehr wichtig, viel Obst, Gemüse, wenig Fleisch. Damit die Kids auch fit bleiben und werden, gibt es das Projekt „Gesundes Frühstück“. Ferner den Elternkurs „Starke Eltern – starke Kinder“, unterstützt vom Kinderschutzbund; die „Bewegte Schule“; integriert mit einer Bewegungs- und Tanztherapeutin. Bewegung, Meditation, Konzentration lautet das Motto.
Die Chefin von 230 Schülern, zwölf Lehrer(n)-innen bleibt bescheiden. Freut sich, „dass sogar zwei pensionierte Lehrerinnen kommen, die uns weiterhin wöchentlich im Unterricht unterstützen. Sie gesteht: „Hier ist mein Platz, hier bleibe ich bis zu meiner Pension…“
Leider ist es jetzt soweit. Am 28. Januar, 11 Uhr, wird Gabriele Günther offiziell verabschiedet. Nicht nur eben mit ‚nem Handschlag und „Tschüss“ sondern mit einem aufwendigen Musical in der Turnhalle. Aufgeführt von „ihren“ Schulkindern. Ehemalige Schüler und Eltern sind herzlich eingeladen.
Abschied schmerzt immer. Rektorin Günther gesteht: „Ich verlasse die Schule ungern, gehe aber mit einem guten Gefühl – weil ich weiß, dass meine Nachfolgerin, Konrektorin Sabine Sieg-Windeler, die Schule übernimmt. Wir arbeiten bereits seit mehreren Jahren bestens zusammen; so dass die Schule in meinem Sinne weitergeführt wird.“
Cosmas und Damian-Schule
Spitze auch für Berufstätige
Ganztagsschule seit ca. fünf Jahren. Täglich: 7 Uhr bis 17 Uhr. Andere Schulzeiten auch wählbar. Vor Unterrichtsbeginn können Schüler in kleinen Gruppen spielen. Nach dem Schulunterricht Mittagessen, danach werden Hausgaben in kleinen Gruppen gemacht. Anschließend gehen die Schüler in gewählte Arbeitsgemeinschaften, ihren Neigungen entsprechend - wie Sport, Einradfahren, Akkordeon, Gitarre, Flöten, Tanz, Kochen, Englisch AG, Steppen, Aerobic, Gärtnerei, Nähen…Nach dem Prinzip: Schüler werden nicht nur betreut sondern auch gefördert.
Fotos: Michael Gohl / West Anzeiger
Autor:Ingrid Schattberg aus Essen-West |
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