Psychiatrie-Bauten schlagen hohe Wellen
Wickenburg: Bürgerinformationsveranstaltung lässt viele Fragen offen---
Die Buddel-Baggerarbeiten sind nicht zu übersehen – neben der ehemaligen St. Augustinus – Kirche jetzt russisch-orthodoxen Kirchengemeinde: An der Wickenburg kommt die Kinder- und Jugendpsychiatrie des LVR-Klinikums Essen hin. Schon hinterließen Rodungsarbeiten eine fast platte Fläche. Dagegen schlugen Bürger-Wellen auf dem Informationstag haushoch. Viele Fragen blieben – noch – unbeantwortet…
An der Wickenburg ist demnächst einiges los - hieß es in der in der Einladung des LVR-Klinikums Essen. So sprichwörtlich meinten die Einladenden es nicht wirklich. Denn weit über 100 Gäste drängten sich ins Foyer der Tagesklinik Wickenburg, das sich als viel zu eng erwies. Man hatte mit viel weniger Publikum gerechnet, „angesichts der Tatsache, dass die Bauplanung um die Wickenburg bereits ein alter Hut ist“, so Kirsten Lieps, Assistentin des Klinikvorstands. Damals fehlten für die Ausführung Gelder.
Fakt ist, dass das ehemalige Ziegelei-Gelände längst nicht mehr unberührt ist. „Unser Haupthaus an der Wickenburg steht seit 2005 hier: Tagesklinik für Gerontopsychiatrie und Allgemeinpsychiatrie für Erwachsene (ca. 33 Betten)“, erinnert Jane Splett-Bambynek, kaufmännische Direktorin. „Die Leute kommen morgens, gehen spätnachmittags nach Hause.
Doch mehr war auf dem ca. 33 ha Gesamtgrundstück vorgesehen. Bisher scheiterten die Pläne am Finanziellen, um die dringend benötigte Kinder- und Jugendpsychiatrie (bisher Virchowstraße, 30 Plätze) zu bauen. Im Rahmen des Konjunkturpakets II stellt jetzt das Land für das Projekt ca. 20 Mio. Euro zur Verfügung.“ Eile ist geboten…
„Da eine gewisse Zeitschiene vorgesehen ist, können wir nicht konventionell bauen sondern in Modulbauweise – Fertigbau“, verdeutlicht Splett-Bambynek. „Vorteil für die Anwohner: Kürzere Bauzeit, weniger Baulärm.
Gerodet ist also, jetzt wird ausgeschachtet – dann folgt das Fundament. Danach werden die Module per Lkw angeliefert. Ende Juli werden sie wie ein Lego-Haus zusammengestellt. Bis Herbst folgen Innenarbeiten, Fassaden. Einzug Jahresbeginn 2012. Ein größerer und kleinerer Gebäudekomplex – verbunden mit komplett abgeschlossenem Innenhof.
Konkret: Das Klinikgebäude an der Wickenburgstraße wird drei Etagen haben: Erdgeschoss, 1. OG und 2. OG. Darin untergebracht werden – neben der Ambulanz die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und –psychosomatik – die Station für Kinder und Jugendliche mit insgesamt 50 Behandlungsplätzen (Tag und Nacht). Außerdem gibt es 40 Betten für Erwachsene, die einer psychotherapeutischen Behandlung bedürfen – auch diese bleiben Tag und Nacht.
Kinder und Jugendliche, 6-18-jährig, ziehen dort ein; für vier Wochen bis ca. vier Monate; wegen Depressionen, Essstörungen, Schulverweigerer, Missbrauchte, Entwicklungsgestörte .Es geht darum, sie zu stabilisieren, damit sie anschließend zunächst am Wochenende nach Hause gehen; um zu sehen, können sie schon im Alltag leben“, so Splett-Bambynek. Tja, „wie das Erwachsenenklientel mit psychischen Erkrankungen, wo irgendetwas im Leben nicht stimmt. Keine gefährlichen Menschen sondern Kranke.“
Das verlangt mehr Personal: Ca. 150-180 Mitarbeiter arbeiten dann in der Kinder- und Jugendpsychiatrie – im Schichtbetrieb.
Doch das alles interessiert nicht so gravierend die Info-Besucher. Sie kritisieren, dass vieles nur „scheibchenweise“, auf Nachdruck, bestätigt wird. So, dass eine qualifizierte
Drogenentzugsstation mit zwölf Plätzen, überwiegend für Cannabisabhängige, geplant sei; auch eine geschlossene, entsprechend gesicherte Akut-Station mit bis zu zehn Plätzen für Selbstmordgefährdete oder aggressive Jugendliche.
Viele Anwohnerfragen blieben unbeantwortet wie mangelhafte bis fehlende Demonstration des Bauvorhabens, nur dürftige Beiträge der Klinikbetreiber. Sie vermissten die Verantwortlichen der Bauplanung.
Entsetzen zeigen die Anwesenden über die Baukörperdimensionen - grenzend an die städtische Gemeinschafts-Hauptschule Adelkamp - verweisen auf starke Einschränkung von Wohnqualität, Wertminderung der Objekte, des Wohneigentums Haunerlandweg/Wiesenberg. Denn wo 60 Jahre viel Freifläche lockt, blicken sie bald vor „Klötze“…
Ferner betrachten sie es als Verstoß gegen einen richterlichen Beschluss, der vor Jahren durch Eigeninitiative und Eigenfinanzierung einiger Anwohner erwirkt wurde, nämlich hier keine Suchtkranken/Drogenabhängige zu behandeln – jetzt aber Cannabisabhängige zum zukünftigen Klientel gehören sollen.
Unverständlich finden die Anwohner die geplante „Feuerwehrzufahrt“ von hinten, der Wiesenbergstraße. Somit ein offener Zugangsweg für Angestellte, Besucher, Patienten durch das Wohngebiet. Anfangs wurde sichergestellt, dass der Zugang zur Klinik nur über die Wickenburgstraße möglich sei, da derzeit schon eine angespannte Parksituation in den kleinen Straßen herrsche. Es ist jetzt schon kein Durchkommen für Rettungsfahrzeuge!
„Die Angst der Anwesenden war weniger eine dort angesiedelte Erwachsenenpsychiatrie als vielmehr eine Erweiterung des Gebäudes insgesamt“, urteilt Kirsten Lieps. „Dies ist im Bebauungsplan, an dem wir uns orientieren müssen, aber nicht vorgesehen; letztendlich würde der Platz auf dem Grundstück meiner Schätzung nach eng. Aber ich kann nicht sagen, was in 20, 30 Jahren passiert; ich könnte somit nicht vollkommen ausschließen, dass doch noch einmal irgendwann etwas auf dieses Grundstück kommt; ich halte es aber für sehr unwahrscheinlich.“
Übrigens, ein weiteres Info-Treffen ist in Planung!
Die Bezirksvertretung III wird sich kurzfristig von der Klinikleitung über das Projekt Kinder- und Jugendpsychiatrie informieren, wobei besonders die Fragen des Baustellenverkehrs und die geplante Feuerwehrzufahrt Wiesenbergstraße im Vordergrund stehen.
Autor:Ingrid Schattberg aus Essen-West |
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