Obdachlosen-Mord: 12 Jahre Gefängnis für Rache-Rentner
Frohnhauser Manfred Bruno G. nahm reglos das Urteil entgegen!
Landgericht Essen, 13. Februar, 9.00 Uhr. Angeklagt ist Manfred Bruno G. Er soll den Frohnhauser Obdachlosen Berthold Lehmann mit Benzin überschüttet, angezündet haben. Der Termin verschiebt sich. Manfred G. wurde am Wochenende ins Krankenhaus Fröndenberg eingeliefert. Um 9.45 Uhr öffnet sich die Gerichtssaaltür. Hereingeführt wird ein mittelgroßer Mann, der mit beiden Händen krampfhaft seine Parka-Kapuze vors Gesicht zerrt…
Fast eine Stunde Prozessverzögerung. Die Besucher kommen ins Gespräch. „Über seinen Verteidiger äußerte er beim dritten Prozesstag, dass ihm das Urteil „lebenslang“ lieber wäre statt Geschlossene Anstalt. Da saß Manfred B. ja auch schon drin“, weiß ein Besucher. „Beides zusammen wäre noch besser“, erwidert ein anderer.
Lydia G. mischt sich ein. Sie ist die zweite Ex-Frau von Manfred G. „Ihr kennt ihn doch alle nicht.“ Erzählt, dass sie 14 Jahre mit ihm verheiratet war. Seit 20 Jahren geschieden ist. „Aggressiv ist er nicht. Er ist psychisch angeschlagen. Aber Töten? Er wusste nicht, dass der Obdachlose da im Container liegt.“ Die Frau wuselt in ihrer Tasche. Erwähnt die zwei Kinder der ersten Ehefrau. Zeigt Katzenfotos. „Die waren in Manfreds Wohnung. Leben jetzt im Tierheim.“ Weshalb scheiterte die Ehe? Leise gesteht sie: „Er wurde handgreiflich.“
Jutta Motzek, langjährige Freundin von Berthold Lehmann, erregt: „Dieser Manfred G wusste genau, was er am 6. Juli 2011 tat. Erst holte er an der Tankstelle den Sprit, ging schnurstracks zum Westpark, zum Container. Übergoss Berthold mit Benzin, steckte ihn an. Das war geplant. Das ist Mord."
So sieht es auch Staatsanwältin Birgit Jürgens. „Heimtückischer Mord.“ Während Verteidiger RA Martin Wildner noch versucht, den Container-Brand und Tod von Berthold irgendwie durch eine evtl. dort befindliche Gasflasche, die explodierte, hinzudrexeln. Jürgens fordert für den Angeklagten 13 Jahre Gefängnis und Unterbringung in eine forensische Psychiatrie. Regungslos bleibt Manfred G. auf seinem Stuhl sitzen. Sackt in sich zusammen. Sein Gesicht ist fahl.
Eine Stunde Beratungs-Pause.
Ja, als zehn-Jähriger hatte Manfred G. einen schweren Auto-Unfall. Schädelhirn-Trauma. Seitdem leidet er unter einer organischen Persönlichkeitsstörung. Ab 1959 fiel Manfred G fast alle zwei Jahre polizeilich immer wieder auf. Wegen Gewalt, Drogen, Waffen. Die Polizei-Akte ist sehr dick…
12 Uhr: Der 69-Jährige erblickt seine Ex-Frau. Sein Gesicht bleibt ohne Mimik. Dann hebt er zum Winken seine Hand. Wendet seinen Kopf mit dem grauweißen spärlichen Haar wie im Trance dem beisitzenden Richter Dr. Simon Assenmacher zu, der das Urteil verkündet: 12 Jahre Gefängnis wegen schwerer Heimtücke, der einen wehrlosen, schutzlosen Schlafenden absichtlich Töten wollte. "Das ist der Täter" und zeigt auf Manfred G. Er habe unabhängig fünf Personen vorher seine Tötungsabsichten geäußert: Ich fackel gleich einen ab. Grund: Berthold soll Manfred vier Uhren gestohlen haben in der Nacht, als sie Fußball in seiner Wohnung schauten. Das Gericht rückte von „Lebenslang“ ab, weil Manfred G. begrenzt schuldfähig ist, bedingt durch schwere psychische Störung. “Zwingend notwendig ist es deshalb, Manfred G. jetzt zuerst in einer psychiatrischen Klinik zu behandeln“, so der Richter.
Übrigens, der Mordgrund vom Rache-Rentner? Waren Uhren, die Berthold aus Manfreds Wohnung gestohlen haben sollte. Eine Wahnvorstellung. Die Polizei fand sieben Uhren in seiner Wohnung, und eine an seinem Arm.
Berthold, dass wussten alle, die ihn kannten, wurde unschuldig Opfer eines grausamen Mordes.
Stimmen zum Mord-Urteil
Wolfgang Köppen, Verwaltungsbeauftrager: Mit Berthold Lehmann und Manfred G. sind zwei, jeder auf seine Art, bedauernswerte Menschen zusammengetroffen. Und so tragisch der Tod von Berthold Lehmann ist, so furchtbar ist es, dass Menschen geistig so verwirrt sein können, dass sie zu einem Todschlag fähig sind. Mit dem Urteil ist zwar unser Rechtsempfinden befriedigt, aber es ist bedauerlich, dass niemand im Umfeld des Täters frühzeitig erkannt hat, welche Gefahr von ihm ausgehen kann.
Wolfgang Dotten, Marktobmann: Ich finde es gut, dass der Täter in eine Anstalt kommt, so kann er andere Menschen nicht mehr gefährden.
Jutta Motzek: Ich bin mit dem Urteil zufrieden, was anderes habe ich nicht erwartet.
Barbara Görgen, Leiterin Schwedenheim: Ich bin immer etwas erschrocken, wie wenig Menschenleben wert ist.
Udo Marx, Musik, der für Berthold ein Benefizkonzert gab: Es ist gut, dass Manfred G. seine gerechte Strafe erhält und danach in Sicherungsverwahrung kommt.
Foto: Georg Lukas / West Anzeiger
Autor:Ingrid Schattberg aus Essen-West |
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