Keine Wildwestmanier auf Essens Straßen!
Polizei stellt Verkehrsunfallentwicklung 2015 vor: Ablenkung speziell durch Mobilfunkgeräte und Aggressivität am Steuer sind maßgebliche Themen
„Für den Straßenverkehr muss man charakterlich geeignet sein“, weiß Essens Polizeipräsident Frank Richter. Für eine „Wildwestmanier“ auf den Straßen hat er kein Verständnis. Ebenso wenig für Handy-Sünder am Steuer. Da zückt die Polizei deshalb auch gern mal die gelbe oder rote Karte.
„Manche Fahrer leben sich im Straßenverkehr regelrecht aus“, beobachtet Richter zunehmendes Fehlverhalten. Aggressives Reindrängeln oder die Lichthupe seien dafür nur zwei Beispiele. Klar, dass solche Verkehrsverstöße auch entsprechend geahndet werden. „Im Wiederholungsfall muss da eventuell auch schon mal das Führen des Fahrzeugs in Frage gestellt werden“, droht die Polizei mit harten Strafen, so die notwendige Verkehrsmoral bei den Betroffenen nicht mehr erkennbar ist. Dass diese in den Keller geht, zeige sich im Übrigen auch an den steigenden Unfallfluchten. Der „kleine Rempler“ speziell auf großen Supermarktparktplätzen werde schlicht nicht mehr gemeldet, weder dem geschädigten Fahrzeughalter noch der Polizei. Auch das Schneiden anderer Verkehsteilnehmern, welches im Weiteren zu einem Unfall führt, bleibt oft ohne Folgen für den Verursacher - weil dieser sich der Situation entzieht.
Insgesamt kam es in 2015 so zu 5.230 Unfallfluchten in Essen, von denen nur 2.141 aufgeklärt werden konnten. Die Aufklärungsquote von 40,94 Prozent liegt leicht unter Landesdurchschnitt (47,24 Prozent). Sie gilt es - natürlich vor allem im Sinne der Geschädigten - weiter zu verbessern.
Brandaktuelles Problem für die Essener Polizei ist der Bereich Ablenkung am Steuer. Dieses Thema habe beispielsweise die Vernachlässigung der Gurtpflicht längst überholt. „Speziell bei jungen Teilnehmern fällt immer wieder auf, dass auch trotz vorhandener Freisprechgeräte während des Fahrens mit dem Handy telefoniert wird, Nachrichten empfangen und versendet werden“, so Polizeidirektor Dittmar Hoga, Leiter der Direktion Verkehr.
Sogar Fußgänger lassen sich durch ihr mobiles Telefon oder auch Musik gefährlich vom Geschehen auf und neben der Straße ablenken. „88 von 362 verunfallten Essener Fußgängern in 2015 haben praktisch ihr Schicksal selbst in die Hand genommen, indem sie den Unfall selbst verursacht haben“, zitiert Hoga aus der aktuellen Statistik. Auch Radfahrer sind häufig unvorsichtig: Von 258 in einen Unfall verwickelten Essener Drahteselfahrern trugen ganze 110 die Schuld am Geschehen.
„Die Polizei schreitet in den vergangenen fünf Jahren erheblich konsequenter ein“, betont Hoga und sieht auch darin den insgesamt zu sehenden Positiv-Trend der Verkehrsunfallentwicklung begründet. Die Verünglücktenzahlen, ob Kinder, junge Erwachsene oder Senioren, seien rückläufig, und lägen allesamt unter Landesdurchschnitt. „Nach einem Knick in 2014 sind wir jetzt wieder auf Kurs“, so der Verkehrsdirektionsleiter. Wichtig sei es, flexibel zu bleiben und mit der Zeit zu gehen. So könne man Drogenmissbrauch am Steuer heute eben nicht mehr an der Fahne des Fahrers riechen, sondern müsse auch auf synthetische Drogen testen. Und natürlich sei auch das Thema Flüchtlinge zu einem wichtigen der Polizeiarbeit geworden. Verkehrstrainings für die neuen, andere Regeln gewöhnte Verkehrsteilnehmer oder auch ein Verkehrspuppenspiel sind mittlerweile fest integriert. Die Aufgaben der Polizei seien scharf in die Kritik geraten, weiß Polizeipräsident Richter. „Was muss die Polizei? Braucht es Verkehrstrainings? Muss man in Seniorenheime gehen und aufklären? Ich meine Ja!“ Er setzt weiter auf das Erfolgsmodell von „Polizei - dein Freund und Helfer“. Denn Prävention sei mindestens genauso wichtig wie Repression. Und hinter jeder Statistik stünden eben auch menschliche Schicksale.
Statistik:
- In Essen und Mülheim passiert alle 18 Minuten ein Verkehrsunfall, das waren 28.410 in 2015. 2.016 Verkehrsunfälle waren mit Personenschäden verbunden, darunter auch 10 Tote (alle in Essen) und 2.499 Verletzte. 205 Verkehrsunfälle passierten unter Alkoholeinwirkung. In 6.464 Fällen kam es zur Unfallflucht, das sind etwa 17 am Tag.
Autor:Sara Drees aus Dortmund |
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