Herzschuss oder Hilfe

Stadtteilprojekt mit 36 Gruppen sowie das Personal hängen ab 2013 in der Luft!
60000 € fehlen. Nur? Für Josef Ackermann, scheidender Deutsche Bank-Chef, ist diese Summe vielleicht ein Tagestaschengeld. 60000 € sind aber gigantisch für das Stadtteilprojekt Altendorf. Überlebenswichtig ab 2013. Warum? Die Personalkosten sind dann nicht mehr gesichert für das Mega-Modellprojekt. Geboren wurde die „Soziale Stadt“ 1998 von Bund/Land. Aus dem Nichts gestampft- jetzt für den Stadtteil unverzichtbar…

Mild belächelt wurde 1998/99 zunächst der „Treffpunkt Altendorf“, Kopernikusstraße 8. Eine Stätte zum Labern? Von wegen. Denn zack-zack, zügig kam die Sache auf den Punkt, nahm Konturen an. „Das sanierungsbedürftige Gebäude einer Kaffeerösterei wurde mit Hilfe eines Beschäftigungsprojektes umgebaut; 1999 als Stadtteilzentrum mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten eröffnet“, erinnert Brigitte Liesner, Büro Stadtentwicklung. Einmalig dufte! Selbst die Vögel zwitscherten in höchsten Tönen von der Kunstaktion am Haus. Zumal eine Außenfassade mit anziehenden Vogelnistkästen geschmückt wurde.

„Immerhin, fast 10 Mio. € haben wir für den gesamten Umbau des Stadtteils bis jetzt bekommen. Wie für Baumaßnahmen, soziale Projekte“, bilanziert Liesner. Von Bund und Land. Logisch, nicht bar in die Hand. „Immer, wenn wir ein Projekt aufgreifen wollen, müssen wir genaue Kosten aufstellen.“ Also, nach und nach.
Peu à peu modellierten sich immer mehr Gruppen in dem Haus, wie „English-Konversation-Club, Senioren-Cafe, Mittagstisch, Schülercafè der Salzmannschule, diverse Tanz-Musik-Gruppen, Arbeitskreise Wohnumfeld-Verbesserung, Mietersprechstunden, Nachbarschaftskonflikte“, erwähnt Ricarda Fischer, Stadtteilprojekt Altendorf. Kollege Mike Martinez ergänzt: „Die Gruppen befinden sich stets im Wandel. Immer neue folgen.“

Tja, wie ein Bienenschwarm wird das Kopernikushaus von Altendorfern umschwärmt. Bis zu 100 Leute kommen täglich. Mit den Jahren besuchten ca. 500000 Menschen den Altendorfer Treffpunkt, wo Ehrenamtliche Hauptrollen spielen.

Beispiel gefällig: Im Oktober Umbau der Altendorfer Straße. Flugs folgt das Büro im Kopernikushaus mit Informationen…Was passiert mit dem Stadtteil, wie geht es weiter. Ja, die Vielfalt macht’s. Kooperationen mit der Diakonie, dem Allbau, mit Schulen, dem Jugendamt, der Jugendhilfe, der Arbeitslosen-Beratung, dem Jobcenter, Mehrgenerationenhaus, Familiencenter sind alltäglich.

Wie können Stolpersteine aus dem Weg geschaffen werden…? Wichtig ist dann das Treffen aller Beteiligten. Beispiel Spielplätze: Gefragt sind Kinderbeauftragte, BV III, Grün und Gruga – und natürlich die Kinder, Eltern. „Also Verwaltung und Bürger zusammen zu bringen. Das ist unser Job“, verdeutlicht Ricarda Fischer. Logisch - Sprechen, Beratung, Treffen vor Ort. Das Hinausgehen in den Stadtteil. Oder das Zusammensetzen am runden Tisch. Um gemeinsam nach Lösungen zu suchen - nicht Lösungen einfach aufdrücken.“

10 Mio. € sind beinahe verbraucht in ca. 14 Jahren. Denn Baustellen sind mächtig gierig. So stehen jetzt drei Projekte auf dem Programm: Ehrenzeller Platz, Altendorfer Straße, Radwegeverbindung zum Bahnhof Borbeck.
Stramme Leistung. Dass Projekt Soziale Stadt hat zwei Ziele: „Dass man die Bauprojekte umsetzt. Ferner, dass die Menschen auch aktiviert werden; sich für ihren Stadtteil einsetzen. Somit erleben die Leute hier eine nachhaltige Wirkung“, betont Brigitte Liesner.

Knackpunkt: Das „Nistplatz“-Haus ist städtisch. Sachkosten und andere Ausgaben sind gesichert. Nicht die Personalkosten. 60000 € fehlen für zwei Stellen…
Als engagierte Stütze erweist sich Bürgerin Petra Koch, die das Altendorfer Mammut-Projekt weiter mit Helfern stärken will. Flugs gründete sie einen Förderverein. Mitstreiter, Mithelfer, Mitglieder sind willkommen. „Aber man muss eine Grundsatzlösung finden von der Politik“, bestätigt Liesner.
Wie kann man das Haus, die Leute, die komplexe Arbeit retten? Willkommen sind Spender, Sponsoren, Stiftungen. Denn ohne gesicherte Euro folgt garantiert der Herzschuss. Sicherer Tod für den „Treffpunkt Altendorf“.

Treffpunkt Altendorf
Stützpunkt des Stadtteilprojektes mit den Kooperationspartnern Stadt Essen, Büro Stadtentwicklung und Jugendamt sowie ISSAB Uni Duisburg/Essen und Diakoniewerk. Die Soziale Stadt Essen-Altendorf wird Ende 2013 beendet. Aktuell stehen noch bis Ende 2012 die Personalkosten zur Verfügung. Gleichzeitg geht es um Neuaufstellung des Treffpunktes und des Stadtteilprojektes für die Zukunft.
Kontakt: Stadt Essen Büro Stadtentwicklung, Brigitte Liesner, Telefon: 88-88715, e-mail: brigitte.liesner@stadtentwicklung.de

Kleine (Teil)-Chronologie der Erneuerung:

1998 Einrichtung des „Arbeitskreises WUV“ (Wohnumfeldverbesserung) durch Altendorfer Bewohner.
1999 Beginn der gestalterischen und ökologischen Aufwertung von Schulhöfen und Erneuerung öffentlicher Spielflächen.
2000 Altendorf wird Modellstadtteil für den Agenda-Prozess in Essen
2001 Bemalung des Anna-Bunkers im Rahmen der lokalen Agenda 21 – Intern. Wettbewerb
2002 Start des mehrjährigen Programmes Fassadengestaltung und Innenhofbegrünung;
Planungsverfahren mit Bürgerbeteiligung für den Schulhof der Gesamtschule Bockmühle.
2003 Umbau Jahnplatz
2004 Baubeginn auf dem Platz rund um die Christuskirche
2005 Beginn des Umbaus Grüngürtel Ehrenzeller Park
2006 Künstlerische Gestaltung der Unterführung Holtener Straße. Einrichtung eines Färbergartens in der Unterdorfstraße.
2007 Platz an der Christuskirche: Fertigstellung mit Kultur- und Einweihungsfest. Fertigstellung Wohnumfeldmaßnahmen zur Aufwertung der Sportanlage Haedenkampstraße.
2008 2. Bauabschnitt zum Ehrenzeller Grüngürtel. Baumpflanzaktion im Krupp-Park.
2009 Neues Förderprogramm „Stärken vor Ort. Jubiläums-Veranstaltungsreihe „Altendorf erLeben – 10 Jahre Stadtteilentwicklung Altendorf“. Schüler planen und bauen den Waldspielplatz im Krupp-Park. Eröffnung des Krupp-Parks mit Beteiligung vieler Altendorfer Akteure. RadLaden am Ehrenzeller Platz: Eröffnung.
2010 Eröffnung des Rad-Wanderweges Rheinische Bahn und Fahrrad-Erlebnisroute West.
„Next Generation“ Zukunftshaus Altendorf am Bunker rechts: In der Körnerstraße steht eines der 10 Zukunftshäuser der Kulturhauptsstadt Europas

Foto: Michael Gohl

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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