Geschliffener "Brillantring" umspannt Merkez-Moschee

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Europas größter Gebetsraum wird nutzbar Anfang 2012 - -

Bilderbuch-Winterwetter. Es glitzert im Merkez-Moschee-Rohbau, In der Hagenbeck 41. Raureif liegt auf dem Labyrinth von Gerüststangen, Holzbrettern. Funkeln in den Augen von Architekt Oylar Saguner, sobald er von der Moschee-Kuppel spricht: „Wie ein geschliffener Brillantring wird sie Europas größten Gebetsraum umspannen.“ Geduld ist aber angesagt…

„Der Rohbau ist noch nicht fertig. Danach erfolgt die Rohbauabnahme“, verdeutlicht Dipl.-Ing. Detlef Robrecht, Abteilungsleiter Bauaufsicht/Bauberatung/Baustatik, Stadt Essen. Jedoch, er bestätigt auch: „Der Bau führte bislang zu keinerlei Beschwerden wegen Baulärm, Verkehrsbeeinträchtigungen. Jetzt haben alle Frieden mit der Moschee gemacht. Einstige Vorbehalte bewahrheiteten sich nicht.“
Dank gilt besonders dem jetzigen Architekten Oylar Saguner. „Ein Problem der Gemeinde war damals die fehlende Information an die Öffentlichkeit.“ Doch nach dem deutschen Architekten wurde Saguner angeheuert; seitdem liegt alles im Lot. Er begann massiv mit der PR-Arbeit. Vergisst nicht zu erwähnen, dass damals keiner Interesse zeigte am insolventen Böhmer Schuhlager. „Wir kauften dann das Grundstück für 450000 Euro.“
Seitdem wächst der Ordner im Stadt-Amt mächtig. Ein langer Vorgang – seit Oktober 2008. Da wurde die Baugenehmigung erteilt auf dem ca. 6300 qm Grundstück. Mit zwei Einfahrten; 110 Stellplätzen auf dem eigenen Grundstück; Schallschutzwand zur angrenzenden Wohnungsbaugesellschaft Wohnbau Nord.
„Die türkische Gemeinde spart bereits seit 1976“, lobt der Architekt. Denn wenn das Gebäude mit einer Nutzfläche von 3650 qm tipp topp fertig ist, hat es ca. 1,5 Mio. Euro verschlungen.
„Eigentlich waren wir mit der Planung fertig. Doch dann bekamen wir Impulse von den Bauphysikern, die uns empfahlen, anderes zu konstruieren. Durch bauphysikalische Zwänge mussten wir den Aufbau der Kuppel also neu planen.“
Die Lösung? „In dem wir die innen liegenden Aluminiumplatten mit Hartschalen-Wärmedämmplatten zusammengebundenen wasserbeständigen Platten ersetzt haben“, so Saguner. Problem also futsch - Bestätigung erfolgte von Statiker Rüdiger Schiffmann.
Die Kuppel besteht aus dreieckig geschnittenen Aluminiumplatten. Sie wird auf einem Stahlbeton-Unterbau auf einer Flachpyramide mit herausragender Krone ruhen; zusammenmontiert durch die Firma Vacono in Rheinfelden; geprüft: Ingenieur-Firma Pühl & Becker, Essen. „Die Kuppel wird wie ein geschliffener Diamant leuchten, bläulich schimmernd, wenn die Sonne drauf scheint. Mit 32 m Durchmesser ist sie größer als die Kuppel der Kölner Moschee mit nur ca. 25 m Durchmesser. Somit besitzt die Essener Moschee Europas größten Kuppelraum“, frohlockt Kenner Saguner.
Richtig ins Schwärmen gerät er, wenn er weitere Besonderheiten aufführt. Wie das 23,15 m hohe Minarett, das unbedingt dazu gehört wie ein Turm zur Kirche. „Die Wendeltreppe, Nöggerath-Straßenseite, wird mit Edelstahl spiralförmig umwickelt, darauf kommen wiederum aus Nirosta geschnittene Buchstaben aus allen Sprachen der Welt - die den Babylonischen Turm symbolisieren – als Mahnmal der Verständigung. Denn wir müssen wirklich eine gemeinsame Sprache finden, damit Christen, Juden, Moslems und alle anderen Religionen sich verstehen.“
Wie geht’s jetzt weiter? „Baustahl und 28 Perlenfenster, sieben Dreieckfenster für Rauchentweichung, symbolisieren die sieben Sterne vom Himmel - sind bestellt. Sobald das Wetter besser wird – in ca. vier Wochen – laufen wieder die Bauarbeiten. Voraussichtlich ist der Rohbau im Herbst fertig. Also Richtfest Oktober 2011.“

Immer auf Achse ist Architekt Saguner für „seine“ Moschee. Letzte Woche zog es ihn in die Türkei, Möbelbesichtigung für: Minrab – Gebetsnische; Minber – Treppen symbolisieren die Himmelfahrt von Mohamed; Kursu – Kanzel. Mit Holzschnitzarbeiten, in hellem Holz.
Längst fertig ist die Moschee – vor Saguners innerem Auge. Im Eingangsbereich sieht er bereits die kleine Kuppel, 12 m Durchmesser, freischwebend, Alu-Konstruktion, auf sieben Stützen ruhend. Der Brunnen plätschert, daneben Sitzgelegenheiten. Ein Rosengarten, 6 m x 8 m, lädt zum Entspannen ein. Entlang der Straße In der Hagenbeck werden Platanen gepflanzt. Die Bauzäune fallen natürlich weg, das offene Gelände lockt zum Besuch.
Tja, die Gebäude-Funktionen sind unterschiedlich: Erstens - die Öffentlichen wie Sozialräume, Cafeteria, Vortragssaal für 179 Personen, Sporthalle, Sprachinstitut, Jugendcafe, Seniorencafe, Frauencafe. Der zweite Teil: Die Moschee - maximal 400 Personen dürfen sich dort zeitnah aufhalten. Drittel Teil: Verwaltung + Wohnung Hausmeister, Iman und eine Gemeindewohnung (evtl. für Besucher etc.).
Der Eingang für die Sozialräume befindet sich in der Nöggerathstraße; Moschee-Eingang In der Hagenbeck.
Gekauft ist die Kuppel, sie wird mit dem Kran gehoben, dann wird die Diamantkrone auf das Gebäude gesetzt. Vorher fließt noch jedoch dafür viel Beton – auch in einer besonderen Art, verrät der Architekt. „Der Beton wird stufenweise in Ringen aufgebaut.“
Woher die 1,5 Mio. Euro kommen? „Mehr als die Hälfte durch eigene Arbeit der Gemeinde, Rest gesparte Gelder. Außerdem verkauften wir unser Gebäude an der Helenenstraße“, zählt Oyla Saguner auf. Er sieht meinen fragenden Blick. „Auch dieses Geld, 400000 Euro haben wir schon.“ Tja, fehlt also jetzt nur noch viel Sonne…

Fotos: Michael Gohl / West Anzeiger

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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