Gemeindemitglieder sind wie Kunden
Pastor Gerhard Welp feiert 20-jähriges Ortsjubiläum
Jubiläen sind immer ein Grund zum Feiern: Ob Goldene Hochzeit, das langjährig Bestehen eines Vereins oder ein runder Geburtstag. Sie sind so besonders, weil sie nicht alltäglich sind und daher einen ganz besonderen Punkt im Leben eines Menschen markieren. Diesen Punkt hat auch Pastor Gerhard Welp erreicht, der am 26. Juni sein 20-jähriges Ortsjubiläum feiert.
Am 23. Juni 1996 hat alles begonnen. An diesem Tag nämlich hat Welp das Amt des Priesters, damals noch in St. Anna in der Sälzerstraße, übernommen.
„Mit war es vergönnt, dass ich mich in St. Anna sofort wohl gefühlt habe“, erklärt der Pastor. „Es war damals eine mittelgroße Gemeinde mit etwa 3.800 Mitgliedern und darunter gab es viele engagierte Menschen, die mich vor allem in meiner Anfangszeit sehr unterstützt haben. Da man als Pastor auf diese Menschen angewiesen ist, um seine Arbeit gut machen zu können, war diese Akzeptanz umso wichtiger.“ Gerne erinnert sich Welp in diesem Zusammenhang auch an die Pastoren Gerd Belker und Norbert Rieks.
Sohn einer Bäckerdynastie
Dabei würde man, kennt man Welps Familiengeschichte, nicht unbedingt sofort darauf kommen, dass er den Beruf des Priesters ins Auge fassen würde. Im Jahr 1959 wird Gerhard Welp in Essen-Bergerhausen geboren. Seine Eltern, wie auch seine Groß- und Urgroßeltern sind Bäcker und haben ein eigenes Geschäft, das bis heute im Stadtteil bekannt ist. „Meine Eltern sind bodenständige Christen, aber mit im Herzen Bäcker. Das hat man immer wieder gesehen, wenn sie mit den Kunden Kontakt hatten und sehr glücklich mit ihrer Arbeit waren“, so der Pfarrer. Dennoch wird schnell klar, dass sich Welp für eine Sache stark interessiert: Er ist Messdiener und hat von da an seine Liebe zur Kirche entdeckt. Sehr prägend erlebt er auch die Kinder- und Jugendarbeit, die er als großartig empfindet, allen voran mehrere Kapläne, die sich sehr für die Jugendlichen einsetzen . Mit dem Wunsch, das auch an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben, steht schon vor seinem Abitur der Entschluss fest: Gerhard Welp will Pastor werden.
Nach dem bestandenen Abitur beginnt er sein Theologiestudium in Bochum und bleibt dort bis zu seinem Vordiplom. Im Anschluss verbringt er zwei Semester in Luzern in der Schweiz und ein Semester in Würzburg, um anschließend wieder ins Ruhrgebiet zu kommen, um in Werden seine Priesterausbildung zu machen. „Was meinen Entschluss angeht, bin ich meinen Eltern unglaublich dankbar“, erinnert sich Gerhard Welp. „Sie haben mich in meiner Entscheidung von Anfang an unterstützt, aber auch verstanden, wenn ich mich doch falsch entschieden hätte. Ich weiß noch, als ich mein Studium abgeschlossen habe, kam meine Mutter zu mir und fragte mich, ob ich mir in meiner Berufswahl noch immer so sicher sei, wie am Anfang. Denn Meinungen ändern sich im Laufe der Zeit. Wenn dies der Fall wäre, sollte ich mir keine Sorgen machen, sie würden mir eine weitere Ausbildung finanzieren. Da ich aber schon von klein an wusste, dass Priester zu sein mein Traumberuf ist, konnte ich das Angebot dankend ablehnen.“
Glückliche und traurige Erlebnisse begleiten den Beruf
Und daran hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. Jedoch gibt es auch im Beruf des Priesters Zeiten und Ereignisse, die einen traurig werden lassen. „Ein solches Ereignis war der Tag, an dem die Kirche St. Anna abgerissen wurde. Dort habe ich meinen Werdegang begonnen und dass es diesen Ort dann plötzlich nicht mehr gibt, hat mich sehr traurig gemacht. Sehr bedrückt mich auch der Umstand, dass die Gemeinden im Allgemeinen schrumpfen. Sei es durch Kirchenaustritte, was ich nach manchen Vorkommnissen verstehen kann, durch Umzug oder wenn Gemeindemitglieder sterben“, erklärt Welp.
Aber man dürfe auf keinen Fall auch die schönen Erlebnisse vergessen. Wie zum Beispiel die Freude über die zahlreichen ausländischen Christen, die von überall auf der Welt in den Stadtteil ziehen und der Grund dafür sind, dass eine kulturenübergreifende Zusammenarbeit entsteht. „Oder wenn ich alte Menschen sehe, die mit ihren Rollatoren und Rollstühlen zum Gottesdienst kommen, obwohl es ihnen nicht leicht fällt. Vor diesem starken Glauben habe ich einen ungeheuren Respekt. Sehr schön finde ich es auch, wenn sich Menschen an mich erinnern, sprich, wenn jemand heiraten will und auf mich zukommt, weil ihm meine Gestaltung des Gottesdienstes gefallen hat oder wenn ich das Gefühl habe, dass mir Menschen etwas anvertrauen, weil sie mir vertrauen.“
Und genau das ist auch der Grund, wieso Welp nicht auf den Gedanken kommt, seine Gemeinde zu verlassen und um eine Versetzung in eine andere Stadt gebeten hat. „Es ist absolut so, dass die Personalabteilung oder Kollegen auf mich zugekommen sind und gefragt haben, ob ich nicht einmal einen Ortswechsel in Betracht ziehen würde. Für die eigene Entwicklung mag das ohne Zweifel von Vorteil sein. Aber ich kenne hier meine Gläubigen, meine Kunden sozusagen. Ich habe mit ihnen im Laufe der Zeit ein sehr intensives Verhältnis aufgebaut, das ich pflege und so gut auf die Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche eingehen kann. Wäre ich in einer neuen Gemeinde, müsste sich dieses Band erst wieder aufbauen und was ich zurücklassen würde, wäre ein zu großes Opfer. Als ich kürzlich krankheitsbedingt für einige Tage ausgefallen bin, haben mir viele Personen im Anschluss erzählt, dass sie sehr froh sind, dass ich wieder im Einsatz bin. Und dieses Gefühl ist sehr wertvoll.“
Einfach Danke sagen
Was den Tag der Feierlichkeit angeht, ist bewusst keine große Sache geplant. Welp will sich lediglich bei den Anwesenden bedanken, ein wenig an die 20 Jahre erinnern, das ist es. Keine ausschweifende Rede oder pompöse Party.
„Ich freue mich sehr über alle, die kommen und mit mir einen schönen Nachmittag verbringen wollen. Um 11:15 Uhr werde ich die Messe in St. Mariä Himmelfahrt halten, im Anschluss und hoffentlich bei schönem Wetter kann ich mir einen kleinen Empfang vorstellen und ein gemütliches Grillen“, schließt der Pastor.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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