Eine Wunderschöne auf drei Beinen

Osterzeit – Kaninchenzeit! Wir meinen aber nicht brutzelnde Vierbeiner in der Bratröhre. Auch locken uns nicht supersüße Schokoladenverführer. Sondern wir besuchen das Essener Tierheim, Grillostraße. Dort sind u. a. 65 Kaninchen einquartiert. Bärbel Thomassen, Leiterin, zählt auf: „Normale, kranke, teilweise unterernährte; auch übel vernachlässigte mit aufgeplatzten Ekzemen, Tiere mit Temperaturen unter 35 Grad…“ Mit Szenenwechsel zum kleinen Wunder „Caprice“. Eine bildschöne dreibeinige Katze…

Die Tierheim-Realität ist leider nicht schokoladensüß. Die bittere Wahrheit blättert Bärbel Thomassen, Leiterin, auf. „Tiere werden von Bürgern gebracht, die sie sich häufig über das Internet, die Zoohandlung oder über Freunde besorgt haben. Plötzlich kein Interesse mehr daran zeigen. Oder Tiere landen im Heim, wenn das Herrchen in Geldnot gerät, erkrankt, stirbt. Ihr Appell: „Bevor man sich ein Tier anschafft, auch wenn es im Schaufenster noch so liebe Augen macht – muss man sich der Verantwortung bewusst sein. Dazu gehört artgerecht Haltung, bei Bedarf auch medizinische Versorgung. Wichtig ist, dass Tiere nicht ausgesetzt oder entsorgt werden, sondern dass man sich rechtzeitig auch um eine Urlaubsvertretung kümmern muss. Übrigens, das Aussetzen von Tieren ist strafbar!“

Im Schnitt bellen, miauen, zwitschern 350 Tiere im Albert-Schweitzer-Tierheim, wobei im Frühjahr, Sommer die Tier-Statistik drastisch ansteigen kann. „Die Katzenpopulation ist eines der größten Probleme, die wir hier haben. Wir suchen für Katzenbabys, werdende Katzenmütter, immer gute Pflegestellen.“

Was hat sich in den letzten Jahren geändert? „Die Tiere kommen immer kränker hier an. Sie müssen fast alle tierärztlich betreut werden. Dadurch steigen natürlich die Kosten des Tierheims“, bestätigt die Leiterin. „Viele alte Tiere landen hier. Die wiederum werden nicht so gerne von Suchenden genommen. Aber auch alte Tiere möchten noch einen eigenen „Dosenöffner“ haben. Deshalb wäre es ganz toll, wenn die Leute ihr Herz für kranke und alte Tiere öffnen könnten, um ihnen ein neues Zuhause zu geben. Sie bekommen garantiert viel Liebe von ihnen geschenkt.“

Achtung! Tiere sollten unbedingt gechipt, registriert sein. Werden sie beispielsweise nach einem Unfall in der Grillostraße 24 abgegeben, kann nach dem Chip ablesen sofort der Besitzer informiert werden. Miau - Freigänger-Katzen sollten wirklich nur kastriert rausgehen – zur Sicherheit der Katze.

Weitere Probleme? „Im Moment bekommen wir wieder mehr Hunde rein, weil die Besitzer sich überfordert fühlen. Da sieht man, wie wichtig es ist, sich vor Tier-Anschaffung Gedanken zu machen. Es lebt 12 bis 15 Jahre. Das bedeutet, für die ganze Zeit volle Verantwortung zu übernehmen. Denn die Tiere, die abrupt hier hin wechseln, für die stürzt zunächst einmal die Welt ein. Sie können apathisch, krank, aggressiv, unruhig werden; sogar zusammenbrechen oder gar nichts machen – sich verkriechen…“

Wichtige Neuerung? „Seit einem halben Jahre haben wir einen Tierpsychologen im Ehrenamt, stundenweise, der die Tiere zusammenführt, Beschäftigungen für sie ausarbeitet. Ebenfalls ist er Ansprechpartner für Menschen, die mit einem Tier leben möchten.“
Erfahrungen mit einem besonderen Tier? „Für uns sind immer alles besondere Tiere.“ Pause. „Doch. Warten Sie.“ Bärbel Thomassen huscht in den Nebenraum. Kurz danach darf ich kommen. Mitarbeiterin Tilly Küsters wuselt vorsichtig mit einem Federwedel in einem Körbchen. Pfeilschnell lugt ein Köpfchen mit riesigen Augen mich an. Dann schnellt das
Etwas heraus. Ein Fellknäuel, grau getigert, verschlägt mir den Atem. Das Kätzchen ist sooo zart, sooo süß! Doch am hinteren Körperteil fehlt rasierklingenscharf das seidige Fell. Und – ein, zwei drei? Ein Bein! Was ist passiert? „Vor Wochen erhielten wir einen Bürgeranruf. „Da läuft ein verletztes Tier. Wir fuhren hin. Ein Bein flatterte nur noch an der Katze herum! Ab mit ihr in die Tierklinik. Der Arzt stellte mehrere alte Brüche fest; das „schlabbernde“ Bein war nicht mehr zu retten. Amputieren?“

„Caprice“ wird das Wuschelknäuel wegen ihrer Lebendigkeit, ihres starken Lebenswillen, liebevoll gerufen, wurde am 18. März operiert. Tilly Küsters ist schwer verliebt in die gut ein-Jährige. Sie nimmt sie seither täglich mit ins Büro, auch nach Hause. „Aber für immer kann sie leider nicht bei mir bleiben. Ich besitze schon mehrere Katzen.“
Wer schenkt dem kleinen Fellbündel mit großer Lebensfreude auf drei Beinen sein Herz? „Es muss ein besonderer Besitzer sein, denn es ist eine besondere Katze“, bestätigen alle. Und ehrlich, beim Blick von Caprice werden auch Sie schwach. Rufen Sie bitte an: Telefon 0201/321106. Eine Wunderschöne mit nur drei Beinen polt dann mächtige Energie in Ihr Leben. Wetten…

Mai-Familien-Fest
22. Mai, 10-16 Uhr

Buntes Programm mit Tierheimclown und Ballonmodellage, Livemusik von Heyko Solo, Bauchtanz, Kinderspiele und Hundevorstellungen.
Tierheim-Besichtigung. Trödelmarkt. Kulinarisches. Große Tombola zu Gunsten der Tiere.
Tierheim Grillostraße 24, Telefon 0201-326262., mail: th-info@tierheim-essen.org – Web: www.tierheim-essen.org