Ein Biker-Priester in Afrika
Sam Childers engagiert sich für Kinder und Jugendliche in Uganda, Äthiopien und dem Sudan
Was haben ein Priester, ein Motorrad und Afrika gemeinsam? Auch nach längerem Überlegen wird man vielleicht nicht auf die Antwort kommen. Dafür muss man sich Sam Childers genauer anschauen und seinen Geschichten zuhören, die von seiner Arbeit in Uganda, dem Sudan und Äthiopien handeln, seinem Glauben zu Gott und seiner Liebe zu Harleys.
Zu Gast war dieser nämlich, im Rahmen einer Biker-Evangelisation, im Gemeindezentrum Essen-Altendorf der Evangelischen Freikirche in der Haedenkampstraße 30, um dem interessierten Publikum von seiner wohltätigen Arbeit in verschiedenen Ländern Afrikas zu berichten. Eingeladen wurde er von der Biker-Gruppe Flying Angels. Der Eintritt war frei, alle Spenden gingen an die gebauten Waisenhäuser, Schulen und kommerziellen Einrichtungen in Afrika.
„Ich bin heute nach Essen gekommen, um zu erzählen, was gerade in Ländern wie Äthiopien, dem Sudan oder Uganda passiert“, beginnt Childers mit seinem Vortrag. „Meine Arbeit und die meines Teams bezieht sich vor allem auf Kinder und Jugendliche, die keine Perspektiven, keine Zukunft haben. Wir wollen ihnen aufgrund von Bildung und einer Ausbildung eine Chance geben, dass sie einmal ein besseres Schicksal haben, als auf der Straße zu landen.“
Nur Bildung kann etwas verändern
Sieht man Childers zum ersten Mal, mit seinem mächtigen Schnauzer, seinen Tattoos und seiner festen tiefen Stimme mag so mancher zunächst an einen Verrückten mit einem Maschinengewehr denken. Niemals aber an einen gottesfürchtigen Menschen, der seine Kraft und Mühe in die Verbesserung der Lebensumstände von Menschen in Afrika steckt mit der Überzeugung, dass Veränderung nur durch Bildung zu erreichen ist. Doch genau dem hat sich Sam Childers verschrieben: Sechs Waisenhäuser und fünf Schulen gehen auf sein Konto, weitere sind in Planung. Das nächste Projekt ist das Errichten von Brunnen in Gegenden, wo es noch keine gibt und wo die Menschen aufgrund von schlechter Wasserqualität, weil sie abgestandenes Wasser aus Pfützen oder Teichen trinken müssen, durch Parasiten und Krankheiten sterben. Für sein „Feeding-Program“ in Schulen, das Kindern einmal am Tag eine warme Mahlzeit sichert, hat er 2013 als erster Amerikaner den Mutter-Theresa-Preis in Mumbai erhalten.
„Das ist aber noch nicht alles, was wir leisten können und wollen“, erklärt Childers weiter. „Momentan arbeiten wir an zwei weiteren großen Projekten für Jugendliche. Das Problem ist, dass Kinder mit 15 Jahren die Waisenhäuser verlassen müssen und dann auf sich allein gestellt sind. Da fast keiner eine Ausbildung genossen hat oder andere Fähigkeiten besitzt, mit denen sie Geld verdienen können, enden knapp 70% in der Prostitution.“ Entgegenwirken soll dem nun zum einen eine 400 Hektar große Farm im Sudan, auf der die jungen Männer alles über die Landwirtschaft und die Tierhaltung lernen sollen. Junge Frauen sollen in der Hauswirtschaft unterrichtet werden, um später einen Job in den Städten in Hotels oder in der Gastronomie zu finden. Auch ehemalige Kindersoldaten und Kriegsopfer, sexuell missbrauchte Frauen und Ausgestoßene sind hier tätig. Das zweite große Projekt läuft in Äthiopien. Hier wurde ein sechsstöckiges Gebäude innerhalb von drei Jahren aufgezogen, das auf Kommerz ausgelegt ist, um sich und seine Bewohner zu tragen: Eine Bäckerei, ein Restaurant, kleine Geschäftsräume und ein Hotel befinden sich darin. Auch hier soll den jungen Menschen, vor allem auch den Bewohnern des benachbarten Aids-Hauses, eine Ausbildung gegeben werden. Zudem fließt erwirtschaftetes Geld in zum Beispiel die Studiengebühren einiger Schüler.
Vom Drogenabhängigen zum Biker-Priester
„Das alles dient dazu, die jungen Menschen von der Straße zu holen, wo sie Misshandlungen und Missbrauch ausgesetzt sind“, so Childers.
Aufgewachsen ist der „Machine Gun Preacher“, der ein Buch über seine Erfahrungen und Erlebnisse geschrieben hat, das übrigens auch verfilmt wurde, in North Dakota, USA. Schon sein Elternhaus war geprägt von der Präsenz Gottes, seine Eltern waren nach eigenen Angaben wiedergeborene Christen. Als er mit elf Jahren gefragt wurde, was er später mal werden will, antwortete der kleine Sam: Prediger. Zunächst kam alles aber anders. Er kam auf die schiefe Bahn, fing mit elf Jahren an zu rauchen, schmiss sich mit 13 Jahren Pillen, schnüffelte mit 14 Kokain und war schon im zarten Alter von 15 ein waschechter Drogenabhängiger. Dem nicht genug trat er auch einer Gang bei und führte ein filmreifes Leben: Alkohol, Schlägereien und Schießereien. „Irgendwann merkte ich, dass ich nicht alt werden würde, sollte ich mein Leben nicht ändern. Und mit Gottes Hilfe tat ich das dann auch.“
Seitdem setzt sich das ehemalige Outlaw-Motorcycle-Gangmitglied lieber für Kinder und Jugendliche in Afrika ein, indem er Schulen und Waisenhäuser baut.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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