Die wahren Integrationshelfer
Runder Tisch Hamburger Straße setzt sich für Flüchtlinge ein
'Die müssen sich jetzt aber integrieren' oder ' Wer sich nicht integrieren lassen will, für den gibt es hier in Deutschland keinen Platz'. Das sind Aussagen, die momentan durch die Presse wabbern. Vermutlich tun die Menschen, die diese Sätze lauthals von sich geben, sicher aber nicht viel dafür, was zur Integration beiträgt. Dabei ist Unterstützung äußerst vielfältig, wie der Runde Tisch Hamburgerstraße beweist.
Im Dezember 2015 wurden die Frohnhauser BürgerInnen auf einer Bürgerversammlung durch die Stadt Essen in der Markuskirche informiert, dass ein Flüchtlingsdorf auf dem ehemaligen Fußballplatz an der Hamburger Straße errichtet werden soll. Es sollte eine Kapazität von 400 Personen haben. Am Ende der Veranstaltung bereits haben sich potenzielle Freiwillige in Listen eingetragen, um ihre Hilfe in organisatorischen und alltagsrelevanten Angelegenheiten anzubieten: Der Runde Tisch stand vor der Gründung.
Nach vielfältigen Absprachen mit Vertretern der Stadt, des European Homecare (EHC), anderen Runden Tischen, den örtlichen Kirchengemeinden sowie Jugend- und Sportverbänden, fand Mitte Februar 2016 das erste Treffen des Tisches statt. Mehr als einen Monat später, am 29. März, bezogen die ersten geflüchteten Menschen das Zeltdorf.
„Die Unterkunft beherbergt im Moment 380 Personen“, erklärt der Einrichtungsleiter Nader Soltani. „Der Großteil der Menschen sind im Familienverbund gekommen, nur etwa 80 Personen reisten alleine. Wir haben bei uns viele Kinder und Jugendliche, wo der größte Bedarf zu decken ist. Auch versorgen wir allein gereiste Frauen samt Kindern.“
Verschiedene AKs sollen den Menschen bei der Einfindung helfen
Angelehnt nun an die Nöte und Bedürfnisse, aber auch Wünsche und Hoffnungen der Bewohner haben sich beim Runden Tische Arbeitskreise gegründet, die intensiv auf die Menschen eingehen können. Einer davon ist der AK „Kleiderbedarf und Sachspenden“. Hier wird gezielt nach Baby-und Kinderbekleidung, Kinderwägen, Kinderspielzeug (keine Puzzels!) oder Buggys gesucht. „Es nützt nichts, die Menschen mit Altkleidern, die von uns auch keiner mehr anziehen würde, und Kuscheltieren zuzuschütten. Wir möchten achtsam und gezielt sinnvolle Spenden verteilen“, so Ellen Wittke. Der AK „Sport“ will erreichen, dass die Jugendlichen auf den Bolzplätzen der ansässigen Sportvereine, SC Phönix 1920 und der VfB Frohnhausen 1912, bolzen können. Andere angedachte Aktivitäten sind zum Beispiel Schwimmausflüge oder der Besuch einer Kletterhalle.
Sehr aktiv ist auch der AK „Sprache und Bildung“. Nicht nur die deutsche Sprache in Form eines klassischen Deutschkurses soll den Teilnehmern vermittelt werden. Auch das Spielmobil des KiTa-Zweckverbandes soll zur Hamburger Straße kommen. Mit ihm können die Kinder Malen, Basteln und Bewegungssachen machen. Froh über diesen Umstand wird auch der Arbeitskreis „Kinderbetreuung“ sein. Dabei geht es den Verantwortlichen der Gruppe nicht nur um die bloße Betreuung, damit die Eltern zum Beispiel den Deutschkurs besuchen können, sondern auch der Kontakt zu Kindern aus der Nachbarschaft sowie zu den ansässigen Schulen und Kindergärten soll hergestellt werden. Vor allem über Spiele und Spielaktionen soll ein kultureller Austausch angeregt werden.
Ehrenamtliche Helfer kann es nie genug geben
„Gemeinsame Aktivitäten“, wie der Besuch der Gruga, eines Fußballspiels oder zusammen kegeln plant ein weiterer AK. Der Kreis „Patenschaften“ sucht Mentoren und Mentorinnen für Einzelpersonen oder Familien. Sie sollen die Geflüchteten beim Einleben in die Stadt Essen begleiten und ihnen alltagspraktische Hilfestellung geben. Die Begleitung zu einem Arzttermin oder das Erläutern von Dokumenten und Schriftverkehr wären weitere Aufgaben eines Paten.
Praktisch geht es in der Gruppe „Kommunikation und Netzwerk“ zu. Diese basteln an einer Lösung, wie man Internet ins Zeltdorf bringen kann, damit die Menschen mit ihren zurück gebliebenen Familien in Kontakt treten können. Bereit erklärt für dieses Vorhaben hat sich die Freifunk EV. Dabei braucht man einen bereits vorhandenen Internetzugang, etwa ein Privathaushalt, mit einer Mindestgeschwindigkeit von VDSL 50. Benötigt werden davon nur etwa 20 Megabite. Voraussetzung für einen Internetzugang im Dorf ist eine Sichtverbindung von der Wohnung zum Dorf. Das kann auch eine Entfernung von fünf Kilometern sein. Dem „Spender“ entstehen dafür keine Extrakosten, keine Störerhaftung und auch die Geschwindigkeit verlangsamt sich nicht.
Auch die Arbeitskreise „Frauentreff“, „Alltagsbegleitung“, „Musik“ und „Kreativ“ wurden gegründet, um so bald wie möglich den Menschen unter die Arme greifen zu können.
Wer Interesse hat, selbst aktiv zu werden und Integrationshilfe zu leisten, der kann sich unter http://runder-tisch-hamburgerstrasse.de/ die einzelnen Arbeitskreise anschauen und zudem Kontakt aufnehmen. Auch ein Spendenkonto wurde eingerichtet.
Autor:Kathrin Hinterschwepfinger aus Essen-West |
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