Die große RWE-Enthüllung

Viel Zündstoff vom Energieversorger - "Eingriff" genügt!

Von außen sieht er zierlich aus. Seine Maße entsprechen nicht der Norm. 2.15 Meter hoch, 0,60 Meter breit, ohne Taille. Hart und zäh ist er. Aus Cor-Ten-Stahl. Er freut sich über alle Wetter. Richtig glücklich ist er, wenn Rost ihn befällt. Nix für Sprayer! Weil abwaschbar. Seine Scheiben-„Augen“ aus Acrylglas sind schlagfest. Himmelblau leuchtet er bei jedem Eingriff auf dem Ehrenzeller Platz. Da strahlt bunt BOKX 01 samt Inhalt. RWE sei Dank!

Nicht 007 sondern BOKX O1 ist die neue Bücherschrank-Attraktion in Altendorf. Entworfen von Hans-Jürgen Greve, Architekt. Kostenpunkt: 6000 Euro – mit Fundament! Am 12. November war Taufe. Nicht mit Sekt sondern mit Buchstabensuppe.

Zuvor die heiße Frage: Was steckte in dem festlich verpackten großen Paket, verschnürt mit einer blauen Schleife? Dipl-Ing. Rainer Hegmann, RWE-Prokurist, frohlockte: „Hier steht der zweite öffentliche RWE-Bücherschrank von Essen. Der erste an der Huyssenalle (Freiheit). Als regionalen Energieversorger engagieren, unterstützen wir uns gerne im sozialen, kulturellen Bereich. Das 60. Geschenk, 60 Bücherschränke deutschlandweit, steht vor uns. Jetzt machen wir es nackelig!“
Im Nu zerrten die Ungeduldigen an der Schleife. BOKKX 01 erblickte Altendorfer Licht!

Und – leer! Doch er packt etwa 250 Bücher. Auch mit Kinderbüchern – klar - unten. Schrankinhalt mit leichter, schwerer Kost. „Jedermann kann Bücher für andere hineinstellen oder entnehmen. Mitmenschen auf einfache Art und Weise zum Lesen anregen. Das ist die Idee, die hinter der Installation von öffentlichen RWE-Bücherschränken steckt“, so Gerd Starkmann. Ein langer Schrank-Weg fand endlich Erfüllung und nun Füllung.

Bis zur Geburt dauerte es jedoch unendlich. Klaus Persch zum Hintergrund. „Ich bin beim RWE im Kommunalbeirat. Dort sind alle Bezirksbürgermeister aus Essen und Mülheim vertreten. Da erfuhr ich zum ersten Mal vor eineinhalb Jahren von diesem Bücherschrank.“ Spitzhörig wurde er: Wie kommt man da dran? Wenn – wo ist der beste Standort? „Schnell stand fest: Ehrenzeller Platz. Dass es so lange dauern würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Dafür hätte ich für das 61. RWE-Geschenk schon einen Platz: Essen-Frohnhausen, an der Apostelkirche…“

Gemach. Feiern war angesagt. Brigitte Liesner, Büro Stadtentwicklung, ganz in ihrem Element: „Wir lassen heute nicht nur Bücher enthüllen, sondern es gibt noch einiges drum herum.“ Pralle Bücher-Tische von Neue Arbeit der Diakonie und Mädchentreff „Die Perle“ zogen Neugierige, Wissbegierige an. Ebenso das blaue Lese-Zelt für Kinder wie Erwachsene mit Kurzgeschichten von Sabine Brandi.
Der leere Bücherschrank erhielt schnellstens Füllung. RWE-Herren schleppten Taschen voller Bücher ran, stellten die in Reih und Glied stramm auf.

„Hier kommt kein Ramsch rein sondern schöne Lyrik, Prosa, Sachbücher, Krimis. Ohne Leseausweis - für Jedermann. Ich finde, das macht süchtig – Lust auf Bücher“, gestand Dezernent Andreas Bomheuer. Sein Vorschlag: „Demnächst noch Bücher in französischer, türkischer, arabischer Sprache .“ Kaum gesagte, schnappte sich Else Schulz das Buch „Die fünfte Frau von Henning Mankell. O, suchte die Altendorferin den sechsten Mann? Sie lachte. „Nein, dazu bin ich zu alt. 88 Jahre. Ich bin froh, dass ich jetzt hier Bücher holen kann. Sonst fuhr ich zum Grillo-Theater (Bücherschrank Mercator-Stiftung). Der Platz in Altendorf ist schöner, näher.“ Schwupps – steckte sie ihre gelesenen Bücher in den jungfräulichen Frischluft-Buchschrank. „Der ist viel praktischer. Am Grillo muss man die Scheibe mit der einen Hand aufhalten, mit der anderen das Buch greifen…“

Tja, einfacher geht’s nimmer: Buch rausnehmen, danach entweder dasselbe oder ein anderes wieder reinstellen. Ohne Formalitäten, ohne Kosten.

News zum Bücherschrank
Unterhalten wird er in den ersten vier Jahren von der RWE AG, anschließend vom Essener Kulturbüro. Gefüllt hat ihn die NEU ARBEIT der Diakonie, die ihn auch weiterhin betreut. An der Kooperation zur Förderung des Lesens sind außerdem das Büro Stadtentwicklung sowie die Bezirksvertretung beteiligt.

Stimmen:
Sabine Howaldt, Kita-Leiterin Ohmstraße: „Der Bücherschrank ist sehr schön. Wir haben lange darauf gewartet. Jetzt sind wir gespannt, wie er sich füllt, wie getauscht wird.
Arndt Sauer, Leiterin Mehrgenerationenhaus St. Anna: „Seit Jahren steht bei uns ein Bücherschrank von der Suchthilfe „Direkt“. Er läuft super gut. Die Idee des Bücherschranks ist toll. Ältere Leute wissen oft nicht, wohin mit dem vielen Lesestoff. Bücher sind teuer, viele Menschen scheuen die Kosten. Bücher sind keine Wegwerfware. Sie machen jetzt eine Reise durch Stadtteile…“
Peter Gerold, NEUE Arbeit der Diakonie: „Der Betrieb des Bücherschranks auf dem Ehrenzeller Platz ist für uns in mehrfacher Hinsicht wichtig. Er bereichert das Angebot des Bistros; schafft ein weiteres Feld für die Beschäftigung langzeitarbeitsloser Menschen bei der NEUE ARBEIT; bietet als Ergänzung zur Jugendbibliothek Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen einen unkomplizierten und kostenfreien Zugang zum Buch. Der Bücherschrank ist keine Sackgasse. Hier heißt es Nehmen und Geben.“
Andreas Bomheuer, Dezernent: Ein Bücherschrank ist ein wichtiger Beitrag zur Bildung. Ich fänd es toll, wenn wir ein Bücherschrank-Netz bekämen – in allen Stadtteilen; möglichst verkehrsgünstig gelegen – Zugriff für junge Menschen. Damit die sich mehr mit dem Buch und nicht nur mit dem IPod beschäftigen.“
Michael Fölster, Verwaltungsbeauftragter: „Ein tolles Zeichen, dass in Altendorf der erste Bücherschrank außerhalb der Innenstadt steht.“
Angelika Leuert, NEUE ARBEIT und Bücherschrank-Patin: „Wir haben das Projekt „Lore“ mit 13 Menschen. Die beschäftigen sich u. a. mit gespendeten Büchern, sortieren, bestücken Schränke in unterschiedlichen Stadtteilen.“