Die Goldkehlchen von St. Elisabeth

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Mit Schmelz, Schmackes schmettert der Jahrhundert-Kirchenchor

Was reizt Sie zuerst bei einer Frau: Gucken oder Hören? Günter Haaß benötigt nur einen Wimpernschlag. „Hören, dann Sehen! Das geht in Sekundenschnelle.“ Tja, Kirchenmusiker Haaß ist der „Dieter Bohlen“ beim Chor-Casting. „Nur die Sprüche habe ich nicht so drauf.“ Allerdings stimmlich doll drauf ist bereits seit 100 Jahren die Chorgemeinschaft St. Elisabeth. Am 27. Februar wird jubiliert---!

Wie muss eine Chorstimme klingen? „Klar, geschmeidig. Voraussetzung: anpassungsfähig. Allerdings darf die Stimme nicht zu sehr individuell ausgeprägt sein. Denn wir sprechen von einem Chor. Es geht immer um den homogenen Chorklang; Aufgabe des Chorerziehers liegt auch darin, diesen zu formen“, verdeutlicht der 59-jährige Haaß, der seit 32 Jahren das richtige Händchen für die St. Elisabeth-Stimmen beweist.
Und – die Stimmen hallen tatsächlich ein Jahrhundert zurück. Ein Blick in die Chronik beweist, dass der Kirchenchor St. Elisabeth am 7. Februar 1911 gegründet wurde. Bereits zur feierlichen Einweihung der Pfarrkiche, 2. Pfingsttag 1911, sangen 27 Sänger unter Leitung des Dirigenten Wilhelm Hasenaecker. Die Chorsänger wurden durch Handauflegen auf das Choralbuch verpflichtet. Übrigens, zwei Töchter des 1. Kirchenmusikers leben just recht fidel noch in Frohnhausen: Hildegard Hansen (98) und Agnes Wibbe (92)!
Musikalischer Schwerpunkt lag in den ersten Jahren beim Gregorianischen Choral. Darüber hinaus wurde aber auch durch Anregung und Förderung des Pfarrers Dollendorf das Kirchenlied in der Muttersprache als Gemeindegesang gepflegt.
Bereits 1912 gab der Chor im Saal Stens ein erstes Konzert. Vom 17. Juni 1913 verzeichnet die Chronik den Vorstandbeschluss, das ab sofort bei geheimer Abstimmung kein Stimmzettel benutzt wird, sondern durch das Abwerfen einer weißen oder schwarzen Bohne die Stimme abzugeben ist.
Am 6. Oktober 1918 wurde im Hochamt die Fahne des Kirchenchores geweiht.
1923 berichtet Pfarrer Dollendorf von der Diözeansynode in Köln, die mehrstimmige Gesänge, Orgelvorträge sowie das Mitwirken von Orchestern im Gotteshaus verurteilte.
Die gesellschaftliche Blütezeit der 20-er Jahre fruchtete auch im St. Elisabeth-Chor. Daran tat sogar die Wirtschaftskrise Anfang der 30-er Jahre keinen Abbruch. Der Chor erreichte 1932 eine Traumzahl: sechzig aktive Sänger – nur Herren!
1976 änderte der Kirchenchor St. Elisabeth seinen Namen um in „Chorgemeinschaft St. Elisabeth“.
Schon sind wir in der Gegenwart. Unter Leitung des Organisten Günter Haaß gibt es in St. Elisabeth einen Kinderchor, Instrumentalkreis, Jugendchor und die Chorgemeinschaft.
2011 schmettern also 24 Frauen und Männer in der jung gebliebenen Chorgemeinschaft. Auch der stimmgewaltige Pastor Bernhard Alshut. „Mal als Tenor, mal als Bass.“ Wie geht das mit zwei Stimmen? „Reines Training.“ Er ist eben ein Multitalent. So spielt er Orgel, Tuba und Flöte; singt im Kirchenchor bereits seit über 25 Jahren; seine Stimmentdeckung begann in seiner Heimatstadt Gelsenkirchen. Tja, und dann ist er auch Präses des Chors. „Ein Pastor, der selbst Kirchenmusik erlebt hat, zeigt mehr Verständnis für den Kirchenmusiker und somit auch für den Chor“, lobt ihn Haaß.
Wie sieht das St. Elisabeth Chorleben aus? Geprobt wird im Markushaus, donnerstags, ca. 90 Minuten, 20 Uhr. Das Choralter ist variabel; von 18 bis 90 Lenze. Wichtig ist, dass man musikalisch gut drauf ist. „Wir sind aufgeschlossen gegenüber sämtlicher musikalischer Musikstile; wenn sie gut sind“, weiß der Chorleiter.
Aber es darf auch gelacht werden. So wird jeden 1. Donnerstag im Monat prächtig geplaudert. Buß- und Bettag ist das Singen im Ökumenischen Gottesdienst Markuskirche sehr nachhaltig. Ferner – Singen in offenen Kirchen mit Abendliedern und Komplets. Aber auch Waffelbacken auf Pfarrfesten; Ausflüge, Adventkonzerte mit Kinderchor und Unterstützung durch den Jugendchor bei verschiedenen Aufführungen sind immer eine Bereicherung; bleiben in Erinnerung. Fakt ist: Spaß bringt gute Stimmung - und die Stimme stimmt.
So richtig in ihrem Element kann man die St. Elisabeth Chorgemeinschaft am 27. Februar an- lässlich des 100-jährigen Bestehens um 11.15 Uhr im Gottesdienst erleben. Oder vorher einfach zum Schnuppern eintrudeln. Neugierig? St. Elisabeth, Telefon 762433.

Programm
100 Jahre Chorgemeinschaft St. Elisabeth

Sonntag, 27. Februar, gestaltet die Chorgemeinschaft der Gemeinde St. Elisabeth anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens um 11.15 Uhr den Gottesdienst. Erklingen wird die Gospelmass des US-amerikanischen Komponisten Robert Ray. Diese Messe-Vertonung ist die Jazz-Rock-Fassung einer traditionellen Messe, bestehend – ganz nach klassischem Vorbild – aus Kyrie, Gloria, einem ergänzten Halleluja („Acclamation“), Credo, Sanctus und Agnus Dei.
Die Chorgemeinschaft, sonst eher dem klassischen Genre verpflichtet, wird begleitet von Stefan Goralski, Keyboard; Andreas Kemmer, Bass und Ludger Lastring, Schlagzeug. Die Festpredigt hält der Präses des Chores und Pastor der Gemeinde – Bernhard Alshut. Nach dem Gottesdienst ist die ganze Gemeinde zu einem musikalischen Frühschoppen ins Pfarrzentrum eingeladen.

100 Jahre - St. Elisabeth-Chorleiter:

Wilhelm Hasenaecker war der Stimm-Zünder, als er am 7. Februar 1911 den Kirchenchor St. Elisabeth gründete. 1951 feierte der Chor sein 40-jähriges Jubiläum, verbunden mit dem 45-jährigen Dirigentenjubiläum von Hasenaecker. Verständlich, dass sein Ausscheiden im Chor nicht ohne Folgen blieb. Die Nachfolge des beliebten Dirigenten trat
Karl Linke an, der 1959 zum Domkapellmeister an das Essener Münster berufen wurde.
Danach folgte Kantor Theo Schäfer. In dieser Zeit fällt die Anschaffung der Orgel in St. Elisabeth an, noch heute eine der schönsten Essener Kirchenorgeln. Schäfer wechselte 1969 nach Bad Ems. Nachfolger war Friedhelm Hohmann; er ist der Gemeinde noch heute als hervorragender Organist in Erinnerung. 1979 tritt die Nachfolge Kantor Günter Haaß an. Mit Können, Übersicht und Fleiß leitet er heute mehrere Chorgruppen innerhalb der Chorgemeinschaft.

Fotos: Michael Gohl / West Anzeiger

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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