Berlin verheißt Heißhunger

Start Essen - Ziel Berlin. Der Bahn-Silberpfeil lief in Europas größten Bahnhof mit Minutenverspätung ein. 50 Essener sausten sodann in den „Abgeordneten-Hinz-Bus“. Besonders Eilige saßen im verkehrten. Umsteigen, geschafft: Pünktliches Eintreffen im Ministerium der Finanzen. Mit 101 Toiletten! Dringend nötig, bei dem starken Druck von ca. 2 Billionen Euro Staatsschulden…

Lust auf eine Berlin-Stipp-Visite? Zuvor – die hautnahe Politik mit starken Magneten bot Petra Hinz, SPD Bundestagsabgeordnete, den Essenern – finanziert durch das Bundespresseamt. Zurück zum Bundesministerium der Finanzen im Detlev-Rohwedder-Haus, quasi der Vergrößerungsspiegel der deutschen Geschichte. Jetziger Chef: Dr. Wolfgang Schäuble mit 1700 Mitarbeitern, davon 70 % Beamte. Die Geburt des Hauses war vor 76 Jahren. 1935 feierten die braunen Machthaber auf der Paradebaustelle des „Dritten Reiches“ Richtfest. Göring‘s Monumental-Bauklotz wächst: das Reichsluftfahrtministerium. Der Koloss besitzt gigantische Gestalt; er verpackt nach Umbau 1994, Anbau 2000, noch immer 101 Toiletten auf 112000 qm Fläche, 2100 Innenräume. Die 350 Meter langen Flure summieren sich zu einem Labyrinth von 6,8 Kilometer Länge.

Zurück zur Gegenwart: Die Essener wollen just wissen, woher der Schuldenberg mit den zwölf Nullen stammt, wie das mit dem Abbau funktionieren soll und mehr. Gespannt auf den Referenten ist Stefanie Hecke. Die Essenerin kommt aus der Erwachsenenbildung, gewann die Berlin-Reise beim SPD-Herbstfest. „Ich war beeindruckt, wie souverän der Referent damit umging, als der Beamer streikte. Er wirkte sehr kompetent, leistete professionelle Arbeit, blieb sachlich bei hoch emotional besetzten Fragen wie Eurobonds, Schuldenbremse, Konsolidierung des Haushalts.“

Das Bundeskanzleramt steht auf dem Programm. Der Weg dorthin ist lang. Denn in der „Vorkammer“ werden die Besucher von acht Bundespolizisten abgeklopft. Rund 60000 Gäste werden jährlich hier durchgeschleust. Bis sie - wie die Hinz-Gruppe - in das Kanzleramt gelangen; das jährlich 2,4 Mio. Euro verschlingt – allein an Wartungskosten. Hin-Gucker auf der ersten Etage: Sieben Bundeskanzler hängen bereits: Adenauer, Erhardt, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Kohl, Schröder. „Wo wird Angela Merkel hängen?“ will Marie-Luise Speicher, Vorstand AWO, wissen. Der Referent gesteht schmunzelnd: „Wir sind mit der Frage überfordert. An der Kanzler-Wand in der Reihe ist kein Platz mehr. Vielleicht im Querformat - an der Wand gegenüber…“

Politik ist die Kunst der Kompromissfindung. Die Essener nehmen an einer Plenarsitzung im Reichstag teil, „aber nur atmen, sehen, hören. Nicht Klatschen, Buhrufen.“. Stark für sie, das persönliche Gespräch mit „ihrer“ Petra Hinz. Von 80 Millionen Menschen dürfen 620 Abgeordnete die Arbeit machen.
Bedrückend die Führung in der Stauffenberg-Gedenkstätte. „Berührend die extrem gute Führung und Lehre über die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, ehemaliges Stasi-Zuchthaus“, so Rabea Neumann (28).

Berlin zieht. Stadt der Superlative. 3,5 Mio. Einwohner; 1,2 Mio. angemeldeten Autos, 1500 Baustellen. Täglich steigen im Berliner Hauptbahnhof 250000 Menschen ein, um, aus.

Rein und raus – täglich – heißt es im Zoologischen Garten, dem arten-, tierreichsten Zoo der Welt mit 22000 Tieren.
Die Mischung der Berlin-Reise schafft Momente der Magie aus aktueller politischer Information mit Hintergrund, Besichtigungen, politischer Bildung; hervorragend organisiert, zusammen gestellt.

„Denn es ist wichtig, dass man Berlin live erlebt, wie Politik hier gestaltet wird. Kontrast pur: Der Referent im Finanzministerium war absolut spitze“, so Dieter Rheinisch. „Beginnend mit der Vorstellung des Ministeriums, bis hin zu Sachberichten über aktuelle Lagen. Dagegen fand ich den Referenten des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sehr blass mit seinen wiederholenden Worten ich glaube, könnte mir vorstellen…“ Eindruck von Petra Hinz und vom politischen Berlin? „Die Darstellung über ihre Arbeit war schon sehr ausführlich, so dass wir uns ein Bild machen können, wie schwierig und umfangreich sich ihr Alltag gestaltet. Sie steht voll hinter ihrer Arbeit mit einem enormen Aufgabengebiet. Sie hat ein sehr aktives Team.“

Stefanie Hecke gesteht: „Bei mir sind ganz neue Bewusstseinsprozesse in Gang gekommen. Ich habe das Gefühl, dass ich mich noch nie mit der deutschen Geschichte und der deutschen Politik so intensiv beschäftigt habe wie hier. Absolut beeindruckte mich die Abgeordnete Hinz. Kontrast Plenarsitzung: Langeweile, Arroganz, Unhöflichkeit- . Dagegen Petra Hinz: die Menschen mitreißen, mitnehmen kann. Es ist zu wünschen, dass viel mehr Schulklassen ein politischer Tag in Berlin geboten würde.“ Genau: Berliner Luft verheißt Heißhunger auf mehr!

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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